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Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Titel: Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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war, übern Kopf, trug meinen Hut unterm Arm und führet' mich durch seltsame Weg an der Hand: Ich spürte wohl, daß ich durch viel Türen und auch über einen gepflasterten Weg passierte, endlich mußte ich etwa nach einer halben Viertelstund eine kleine steinerne Stiegen steigen, da tat sich ein klein Türlein auf, von dannen kam ich über einen besetzten Gang und mußte eine Windelstiegen hinauf, folgends etliche Staffeln wieder hinab, allda sich etwa sechs Schritt weiters eine Tür öffnet', als ich endlich durch solche kam, zog mir die Alte die Kappe wieder herunter, da befand ich mich in einem Saal, der da überaus zierlich aufgeputzet war, die Wände waren mit schönen Gemälden, das Tresor mit Silbergeschirr und das Bett so darinnen stund, mit Umhängen von güldenen Stücken geziert; in der Mitten stand der Tisch prächtig gedeckt, und bei dem Feur befand sich eine Badwanne, die wohl hübsch war, aber meinem Bedünken nach schändet' sie den ganzen Saal; die Alte sagte zu mir: »Nun willkomm Herr Landsmann, kann Er noch sagen, daß man Ihn mit Verräterei hintergehe? Er lege nur allen Unmut ab und erzeige sich wie neulich auf dem Theatro, da Er seine Eurydiken wieder vom Plutone erhielt, ich versichere Ihn, Er wird hier eine schönere antreffen, als Er dort eine verloren.«

Das 5. Kapitel
    Wie es ihm darinnen erging, und wie er wieder herauskam
    Ich hörte schon an diesen Worten, daß ich mich nicht nur an diesem Ort beschauen lassen, sondern noch gar was anders tun sollte; sagte derowegen zu meiner alten Landsmännin: Es wäre einem Durstigen wenig damit geholfen, wenn er bei einem verbotenen Brunnen säße; sie aber sagte, man sei in Frankreich nit so mißgünstig, daß man einem das Wasser verbiete, sonderlich wo dessen ein Überfluß sei. »Ja«, sagte ich, »Madame, Sie sagt mir wohl davon, wenn ich nicht schon verheiratet wäre!« »Das sind Possen« (antwortet' das gottlose Weib), »man wird Euch solches heut nacht nit glauben, denn die verehelichten Kavalier ziehen selten nach Frankreich, und ob gleich dem so wäre, kann ich doch nit glauben, daß der Herr so albern sei, eher Durst zu sterben, als aus einem fremden Brunnen zu trinken, sonderlich wenn er vielleicht lustiger ist und besser Wasser hat als sein eigener.« Dies war unser Diskurs, dieweil mir eine adelige Jungfer, so dem Feuer pflegte, Schuh und Strümpf auszog, die ich überall im Finstern besudelt hatte, wie denn Paris ohnedas eine sehr kotige Stadt ist. Gleich hierauf kam Befehl, daß man mich noch vor dem Essen baden sollte, denn bemeldtes Jungfräulein gang ab und zu und brachte das Badgezeug, so alles nach Bisam und wohlriechender Seifen roch, das Leinengerät war vom reinesten Cammertuch und mit teuren holländischen Spitzen besetzt; ich wollte mich schämen und vor der Alten nicht nackend sehen lassen, aber es half nichts, ich mußte dran und mich von ihr ausreiben lassen, das Jungferchen aber mußte ein Weil abtreten; nach dem Bad wurde mir ein zartes Hemd gegeben und ein köstlicher Schlafpelz von veielblauem Taffet angelegt, samt einem Paar seidener Strümpfe von gleicher Farb, so war die Schlafhaub samt den Pantoffeln mit Gold und Perlen gestickt, also daß ich nach dem Bad dort saß zu protzen wie der Herz-König. Indessen mir nun meine Alte das Haar trocknet' und kämpelt', denn sie pflegte meiner wie einem Fürsten oder kleinen Kinde, trug mehrgemeldtes Jungfräulein die Speisen auf, und nachdem der Tisch überstellt war, traten drei heroische junge Damen in den Saal, welche ihre alabasterweißen Brüste zwar ziemlich weit entblößt trugen, vor den Angesichtern aber ganz vermaskiert; sie dünkten mich alle drei vortrefflich schön zu sein, aber doch war eine viel schöner als die anderen; ich machte ihnen ganz stillschweigend einen tiefen Bückling, und sie bedankten sich gegen mich mit gleichen Zeremonien, welches natürlich sah, als ob etliche Stummen beieinander gewesen, so die Redenden agiert hätten, sie setzten sich alle drei zugleich nieder, daß ich also nit erraten konnte, welche die vornehmste unter ihnen gewesen, viel weniger welcher ich zu dienen da war; Die erste Red war, ob ich nit Französisch könnte? Meine Landsmännin sagte: »Nein.« Hierauf versetzte die ander, sie sollte mir sagen, ich wollte belieben niederzusitzen, als solches geschehen, befahl die dritte meiner Dolmetscherin, sie sollte sich auch setzen: Woraus ich abermal nicht abnehmen mögen, welche die vornehmste unter ihnen war. Ich saß neben

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