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Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Titel: Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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»Wenn man mir sagt', was für eine Person ich präsentieren und was für Lieder ich in meine Lauten singen sollte, so könnte ich ja beides die Melodeien und Lieder auswendig lernen und solche in meine Laute singen, wenn sie schon in französischer Sprach wären, es möchte ja leicht mein Verstand so gut sein als eines Schülerknaben, die man hierzu auch zu gebrauchen pflege, unangesehen sie erst beides Wort und Gebärden lernen müßten.« Als mich der Zeremonienmeister so willig sah, mußte ich ihm versprechen, den andern Tag ins Louvre zu kommen, um zu probiern, ob ich mich dazu schickte; also stellte ich mich auf die bestimmte Zeit ein, die Melodeien der unterschiedlichen Lieder, so ich zu singen hatte, schlug ich gleich perfekt auf dem Instrument, weil ich das Tabulaturbuch vor mir hatte, empfing demnach die französischen Lieder, solche auswendig und die Aussprach recht zu lernen, welche mir zugleich verteutscht wurden, damit ich mich mit den Gebärden danach richten könnte; solches kam mich gar nicht schwer an, also daß ichs eher konnte, als sichs jemand versah, und zwar dergestalt, wenn man mich singen hörte (maßen mir Monsig. Canard das Lob gab), daß der Tausendste geschworen hätte, ich wäre ein geborner Franzos. Und da wir die Comoedia zu probieren das erstemal zusammenkamen, wußte ich mich so kläglich mit meinen Liedern, Melodeien und Gebärden zu stellen, daß sie alle glaubten, ich hätte des Orphei Person mehr agiert, als den ich damals präsentieren und mich um meine Eurydike so übel gehaben mußte. Ich hab die Tag meines Lebens keinen so angenehmen Tag gehabt, als mir derjenige war, an welchem diese Comoedia gespielt wurde: Mons. Canard gab mir etwas ein, meine Stimm desto klarer zu machen, und da er meine Schönheit mit Oleo Talci erhöhern und meine halbkrausen Haar, die von Schwärze glitzerten, verpudern wollte, fand er, daß er mich nur damit verstellte, ich wurde mit einem Lorbeerkranz bekrönet und in ein antikisch meergrün Kleid angetan, in welchem man mir den ganzen Hals, das Oberteil der Brust, die Arm bis hinter die Ellenbogen und die Knie von den halben Schenkeln an bis auf die halben Waden nackend und bloß sehen konnte, um solches schlug ich einen leibfarbenen taffeten Mantel, der sich mehr einem Feldzeichen verglich: in solchem Kleid löffelt ich um meine Eurydike, rief die Venus mit einem schönen Liedlein um Beistand an und brachte endlich meine Liebste davon, in welchem Actu ich mich trefflich zu stellen und meine Liebste mit Seufzern und spielenden Augen anzublicken wußte. Nachdem ich aber meine Eurydiken verloren, zog ich ein ganz schwarzes Habit an auf die vorige Mode gemacht, aus welchem meine weiße Haut hervorschien wie der Schnee; in solchem beklagte ich meine verlorne Gemahlin und bildete mir die Sach so erbärmlich ein, daß mir mitten in meinen traurigen Liedern und Melodeien die Tränen herausrücken und das Weinen dem Singen den Paß verlegen wollte; doch langte ich mit einer schönen Manier hinaus bis ich vor Plutonem und Proserpinam in die Hölle kam, denselben stellte ich in einem sehr beweglichen Lied ihre Lieb, die sie beide zusammen trügen, vor Augen, und bat sie, dabei abzunehmen mit was großem Schmerzen ich und Eurydike voneinander geschieden worden wären, bat demnach mit den allerandächtigsten Gebärden, und zwar alles in meine Harfe singend, sie wollten mir solche wieder zukommen lassen, und nachdem ich das Jawort erhalten, bedankte ich mich mit einem fröhlichen Lied gegen sie und wußte das Angesicht samt Gebärden und Stimme so fröhlich zu verkehren, daß sich alle anwesenden Zuseher darüber verwunderten. Da ich aber meine Eurydike wieder ohnversehens verlor, bildet ich mir die größte Gefahr ein, darein je ein Mensch geraten könnte, und wurde davon so bleich, als ob mir ohnmächtig werden wollen, denn weil ich damals allein auf der Schaubühne war und alle Spectatores auf mich sahen, befliß ich mich meiner Sachen desto eiferiger, und bekam die Ehr davon, daß ich am besten agiert hätte. Nachgehends setzte ich mich auf einen Felsen und fing an, den Verlust meiner Liebsten mit erbärmlichen Worten und einer traurigen Melodei zu beklagen und alle Kreaturen um Mitleiden anzurufen, darauf stellten sich allerhand zahme und wilde Tier, Berg, Bäum und dergleichen bei mir ein, also daß es in Wahrheit ein Ansehen hatte, als ob alles mit Zauberei übernatürlicher Weis wäre zugericht worden. Keinen andern Fehler beging ich, als zuletzt, da ich

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