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Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Titel: Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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allen Weibern abgesagt, von den Bacchis erwürgt und ins Wasser geworfen war (welches zugericht gewesen, daß man nur meinen Kopf sah, denn mein übriger Leib stand unter der Schaubühne in guter Sicherheit), da mich der Drach benagen sollte, der Kerl aber, so im Drachen stak denselben zu regieren, meinen Kopf nicht sehen konnte und dahero des Drachen Kopf neben dem meinigen grasen ließ, das kam mir so lächerlich vor, daß ich mir nit abbrechen konnte darüber zu schmollen, welches die Dames, so mich gar wohl betrachteten, in acht nahmen.
    Von dieser Comoedia bekam ich neben dem Lob, das mir männiglich gab, nicht allein eine treffliche Verehrung, sondern ich kriegte auch einen andern Namen, indem mich forthin die Franzosen nicht anders als Beau Alman nenneten. Es wurden noch mehr dergleichen Spiel und Ballett gehalten, dieweil man die Fasnacht zelebrierte, in welchen ich mich gleichfalls gebrauchen ließ, befand aber zuletzt, daß ich von andern geneidet wurde, weil ich die Spectatores und sonderlich die Weiber gewaltig zog, ihre Augen auf mich zu wenden, tat michs derowegen ab, sonderlich als ich einsmals ziemlich Stöß kriegte, da ich als ein Herkules, gleichsam nackend in einer Löwenhaut, mit Acheloo um die Dejaniram kämpfte, da man mirs gröber machte, als in einem Spiel der Gebrauch ist.

Das 4. Kapitel
    Beau Alman wird wider seinen Willen in den Venusberg geführt
    Hierdurch wurde ich bei hohen Personen bekannt, und es schien, als ob mir das Glück wieder auf ein neues hätte leuchten wollen, denn mir wurden gar des Königs Dienste angeboten, welches manchem großen Hansen nicht widerfährt. Einsmals kam ein Lakai, der sprach meinen Monsig. Canard an und bracht ihm meinetwegen ein Brieflein, eben als ich bei ihm in seinem Laboratorio saß und reverberierte (denn ich hatte aus Lust bei meinem Doktor schon perlutiern, resolviern, sublimiern, coaguliern, digeriern, calciniern, filtriern und dergleichen unzählig viel alkühmistisehe Arbeit gelernet, dadurch er seine Arzneien zuzurichten pflegte). »Monsieur Beau Alman«, sagte er zu mir, »dies Schreiben betrifft Euch: Es schicket ein vornehmer Herr nach Euch, der begehrt, Ihr wollet gleich zu ihm kommen, er wolle Euch ansprechen und vernehmen, ob Euch nicht belieben seinen Sohn auf der Lauten zu informieren? Er bitt mich, Euch zuzusprechen, daß Ihr ihm diesen Gang nit abschlagen wollet, mit sehr courtoisem Versprechen, Euch diese Mühe mit freundlicher Dankbarkeit zu belohnen.« Ich antwortet, wenn ich seinet (verstehe Mons. Canards) wegen jemand dienen könne, so würde ich meinen Fleiß nit sparen. Darauf sagte er, ich sollte mich nur anders anziehen, mit diesem Lakaien zu gehen, indessen bis ich fertig, wollte er mir etwas zu essen fertig machen lassen, denn ich hätte ein ziemlich weiten Weg zu gehen, daß ich kaum vor Abend an den bestimmten Ort kommen würde: Also putzte ich mich ziemlich und verschluckte in Eil etwas von der Kollation, sonderlich aber ein paar kleiner delikater Würstlein, welche, als mich deuchte, ziemlich stark apothekerten; ging demnach mit gedachtem Lakaien durch seltsame Umweg einer Stund lang, bis wir gegen Abend vor eine Gartentür kamen, die nur zugelehnt war, dieselbe stieß der Lakai vollends auf, und demnach ich hinter ihm hineingetreten, schlug er selbige wieder zu, führte mich nachgehends in das Lusthaus, so in einem Eck des Gartens stund, und demnach wir einen ziemlich langen Gang passierten, klopfte er vor einer Tür, so von einer alten adeligen Dame stracks aufgemacht wurde; diese hieß mich in teutscher Sprach sehr höflich willkomm sein und zu ihr vollends hineintreten, der Lakai aber, so kein Teutsch konnte, nahm mit tiefer Reverenz seinen Abschied. Die Alte nahm mich bei der Hand und führte mich vollend ins Zimmer, das rund umher mit den köstlichsten Tapeten behängt, zumal sonsten auch schön geziert war; sie hieß mich niedersitzen, damit ich verschnauben und zugleich vernehmen könnte, aus was Ursachen ich an diesen Ort geholet; ich folgte gern und setzte mich auf einen Sessel, den sie mir zu einem Feuer stellte, so in demselben Saal wegen ziemlicher Kält brannte; sie aber setzte sich neben mich auf einen andern, und sagte: »Monsieur, wenn Er etwas von den Kräften der Liebe weiß, daß nämlich solche die allertapfersten, stärksten und klügsten Männer überwältige und zu beherrschen pflege, so wird Er sich um so viel desto weniger verwundern, wenn dieselbe auch ein schwaches Weibsbild meistert; Er

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