Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch
anders glauben konnten, als ich wäre mit andern Kleidern auch ein ganz anderer Mensch worden. Und demnach der Obrist auch wissen wollte, woher mir der Nam Doktor zukommen wäre? erzählt ich ihm meine ganze Reis von Paris aus bis nach Philippsburg, und wieviel Bauern ich betrogen, mein Maulfutter zu gewinnen, darüber sie ziemlich lachten. Endlich gestund ich unverhohlen, daß ich willens gewesen, ihn Obristen mit allerhand Bosheiten dergestalt zu perturbiern und abzumatten, daß er mich endlich aus der Garnison hätte schaffen müssen, dafern er anders wegen der vielen Klagen in Ruhe vor mir leben wollen.
Darauf erzählte der Obrist viel Bubenstücklein, die ich begangen, solang ich in der Garnison gewesen, wie ich nämlich Erbsen gesotten, oben mit Schmalz übergossen, und solche für eitel Schmalz verkauft; item ganze Säck voll Sand für Salz, indem ich die Säck unten mit Sand und oben mit Salz gefüllt, sodann, wie ich einem hie, dem andern dort einen Bärn angebunden und die Leut mit Pasquillen vexiert. Also daß man die ganze Mahlzeit nur von mir zu reden hatte; hätte ich aber keinen so ansehenlichen Freund gehabt, so wären alle meine Taten strafwürdig gewesen. Dabei nahm ich ein Exempel, wie es bei Hof hergehen müsse, wenn ein böser Bub des Fürsten Gunst hat.
Nach geendigtem Imbiß hatte der Jud kein Pferd, so meinem Herzbruder für mich gefallen wollte, weil er aber in solcher Ästimation war, daß der Obrist seine Gunst schwerlich entbehren konnte, also verehrte er ihm eins mit Sattel und Zeug aus seinem Stall, auf welches sich Herr Simplicius setzte und mit seinem Herzbruder freudenvoll zur Festung hinausritt, teils seiner Kameraden riefen ihm nach: »Glück zu Bruder, Glück zu!« teils aber aus Neid: »Je größer Schalk, je größer Glück.«
Das 13. Kapitel
Handelt von dem Orden der Merode-Brüder
Unterwegs redete Herzbruder mit mir ab, daß ich mich für seinen Vetter ausgeben sollte, damit ich desto mehr geehrt würde, hingegen wollte er mir noch ein Pferd samt einem Knecht verschaffen und mich zum Neuneckischen Regiment tun, bei dem ich mich als ein Freireuter aufhalten könnte, bis ein Offizierstelle bei der Armee ledig würde, zu der er mir helfen könnte.
Also wurde ich in Eil wieder ein Kerl, der einem braven Soldaten gleichsah, ich tat aber denselben Sommer wenig Taten, als daß ich am Schwarzwald hin und wieder etliche Kühe stehlen half und mir das Breisgau und Elsaß ziemlich bekannt machte. Im übrigen hatte ich abermal wenig Stern, denn nachdem mir mein Knecht samt dem Pferd bei Kenzingen von den Weimarischen gefangen wurde, mußte ich das ander desto härter strapaziern und endlich gar hinreiten, daß ich mich also in den Orden der Merode-Brüder begeben mußte. Mein Herzbruder hatte mich zwar gern wieder montiert, weil ich aber so bald mit den ersten zweien Pferden fertig worden, hielt er zurück und gedachte mich zappeln zu lassen, bis ich mich besser vorzusehen lernte; so begehrte ich solches auch nit, denn ich fand an meinen Mitkonsorten eine so angenehme Gesellschaft, daß ich mir bis an die Winterquartier keinen bessern Handel wünschte.
Ich muß nur ein wenig erzählen, was die Merode-Brüder für Leut sind, weilen sich ohn Zweifel etliche finden, sonderlich die Kriegsunerfahrnen, so nichts davon wissen: so hab ich bisher noch keinen Skribenten angetroffen, der etwas von ihren Gebräuchen, Gewohnheiten, Rechten und Privilegien seinen Schriften einverleibt hätte, ohnangesehen es wohl wert ist, daß nit allein die jetzigen Feldherrn, sondern auch der Baursmann wisse, was es für ein Zunft sei. Betreffend nun erstlich ihren Namen, will ich nit hoffen, daß es demjenigen tapfern Kavalier, unter dem sie solchen bekommen, ein Schimpf sei, sonst wollte ichs nit einem jeden so öffentlich auf die Nas binden: Ich hab eine Art Schuh gesehen, die hatten anstatt Löcher krumme Näht, damit sie desto besser durch den Kot stampfen sollten; sollte nur einer deswegen den Mansfelder selbst für einen Pechfarzer schelten, den wollte ich für einen Phantasten halten. Ebenso muß man diesen Namen auch verstehen, der nicht abgehen wird, solang die Teutschen kriegen, es hat aber ein solche Beschaffenheit damit: Als dieser Kavalier einsmals ein neugeworben Regiment zur Armee brachte, waren die Kerl so schwacher baufälliger Natur, wie die französischen Britannier, daß sie also das Marschiern und ander Ungemach, das ein Soldat im Feld ausstehen muß, nit erleiden konnten, derowegen denn
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