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Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Titel: Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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zu Nas und Mund herauslief, spie ich meinem Feind ins Gesicht, weil ers so hitzig begehrte, das war mir gut, denn es hinderte ihn am Sehen. Also zogen wir einander bei anderthalb Stund im Schnee herum, davon wurden wir so matt, daß allem Ansehen nach des einen Unkräften des andern Müdigkeit allein mit den Fäusten nicht völlig überwinden, noch einer den andern aus eigenen Kräften und ohne Waffen vollends zum Tod hätte bringen mögen.
    Die Ringkunst, darin ich mich zu L. oft übte, kam mir damals wohl zustatten, sonst hätte ich ohne Zweifel eingebüßt, denn mein Feind war viel stärker als ich und überdas eisenfest. Als wir einander fast tödlich abgemattet, sagte er endlich: »Bruder, hör auf, ich ergeb mich dir zu eigen!« Ich sagte: »Du solltest mich anfänglich haben passieren lassen.« »Was hast du mehr«, antwortet' jener, »wenn ich gleich sterbe?« »Und was hättest du gehabt«, sagte ich, »wenn du mich hättest niedergeschossen, sintemal ich kein Heller Geld bei mir hab!« Darauf bat er um Verzeihung, und ich mich erweichen und ihn aufstehen ließ, nachdem er mir zuvor teur geschworen, daß er nit allein Frieden halten, sondern auch mein treuer Freund und Diener sein wollte. Ich hätte ihm aber weder geglaubt noch getraut, wenn mir seine verübten leichtfertigen Handlungen bekannt gewesen wären.
    Da wir nun beide auf waren, gaben wir einander die Händ, daß alles was geschehen, vergessen sein sollte, und verwunderte sich einer über den andern, daß er seinen Meister gefunden, denn jener meinte, ich sei auch mit einer solchen Schelmenhaut wie er überzogen gewesen; ich ließ ihn auch dabei bleiben, damit, wenn er sein Gewehr bekäme, sich nicht noch einmal an mich reiben dürfte. Er hatte von meinem Schuß ein große Beul an der Stirn, und ich hatte mich sehr verblutet, doch klagte keiner mehr als den Hals, welche so zugerichtet, daß keiner den Kopf aufrecht tragen konnte.
    Weil es denn gegen Abend war und mir mein Gegenteil erzählen tat, daß ich bis an die Kinzig weder Hund noch Katz, viel weniger einen Menschen antreffen würde, er aber hingegen ohnweit von der Straß in einem abgelegenen Häuslein ein gut Fleisch und einen Trunk zum besten hätte. Also ließ ich mich überreden, und ging mit ihm, da er denn unterwegs oft mit Seufzern bezeugte, wie leid ihm sei, daß er mich beleidigt habe.

Das 15. Kapitel
    Wie Olivier seine buschklöpferischen Übeltaten noch wohl zu entschuldigen vermeinte
    Ein resoluter Soldat, der sich darein ergeben, sein Leben zu wagen und gering zu achten, ist wohl ein dummes Vieh! Man hätte tausend Kerl gefunden, darunter kein einziger das Herz gehabt hätte, mit einem solchen, der ihn erst als ein Mörder angegriffen, an ein unbekannt Ort zu Gast zu gehen: Ich fragt ihn auf dem Weg, was Volks er sei? da sagte er, er hätte für diesmal keinen Herrn, sondern kriege für sich selbst, und fragte zugleich, was Volks denn ich sei? Ich sagte, daß ich weimarisch gewesen, nunmehr aber mein Abschied hätte und gesinnet wäre, mich nach Haus zu begeben; darauf fragte er, wie ich hieße? und da ich antwortet: »Simplicius«, kehrt' er sich um (denn ich ließ ihn vorangehen, weil ich ihm nit traute) und sah mir steif ins Gesicht: »Heißt du nicht auch Simplicissimus?« »Ja«, antwortet ich, »der ist ein Schelm der seinen Namen verleugnet, wie heißt aber du?« »Ach Bruder«, antwortet' er, »so bin ich Olivier, den du wohl vor Magdeburg wirst gekannt haben«; warf damit sein Rohr von sich und fiel auf die Knie nieder, mich um Verzeihung zu bitten, daß er mich so übel gemeint hätte, sagend, er könnte sich wohl einbilden, daß er keinen bessern Freund in der Welt bekomme, als er an mir einen haben würde, weil ich nach des alten Herzbruders Prophezei seinen Tod so tapfer rächen sollte: Ich hingegen wollte mich über ein so seltsame Zusammenkunft verwundern, er aber sagte: »Das ist nichts Neues, Berg und Tal kommt nit zusammen, das ist mir aber seltsam, daß wir beide uns so verändert haben, sintemal ich aus einem Secretario ein Waldfischer, du aber aus einem Narrn zu einem so tapfern Soldaten worden! Sei versichert Bruder, wenn unserer zehentausend wären, daß wir morgenden Tags Breisach entsetzen und uns endlich zu Herren der ganzen Welt machen wollten.«
    In solchem Diskurs passierten wir, da es eben Nacht worden, in ein klein abgelegen Taglöhnerhäuslein; und ob mir zwar solche Prahlerei nit gefiel, so gab ich ihm doch recht, vornehmlich weil mir sein

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