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Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Titel: Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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Villingen, so bleibt dir Oliviers Geld allein, wirst du mirs aber weisen, so will ichs mit dir teilen, tust du aber deren keines, so schieß ich dich tot und gehe gleichwohl meines Wegs.« Der Baur wäre gern entlaufen, aber er fürchte die Muskete, fiel derhalben auf die Knie nieder und erbot sich, mich über Wald zu führen: Also wanderten wir eilend fort, gingen denselben Tag und folgende ganze Nacht, weil es zu allem Glück trefflich hell war, ohne Essen, Trinken und einzige Ruhe immer hin, bis wir gegen Tag die Stadt Villingen vor uns liegen sahen, allwo ich meinen Baurn wieder von mir ließ. Auf diesem Weg trieb den Baurn die Todesfurcht, mich aber die Begierde, mich selbst und mein Geld davonzubringen, und muß fast glauben, daß einem Menschen das Gold große Kräfte mitteilst, denn ob ich zwar schwer genug daran trug, so empfand ich jedoch keine sonderbare Müdigkeit.
    Ich hielt es für ein glücklich Omen, daß man die Pfort eben öffnete, als ich vor Villingen kam; der Offizier von der Wacht examinierte mich, und als er vernahm, daß ich mich für einen Freireuter ausgab, von demjenigen Regiment, wobei mich Herzbruder getan, als er mich zu Philippsburg von der Muskete erlöste, wie auch, daß ich aus dem Lager vor Breisach von den Weimarischen herkäme, unter welche ich vor Wittenweir gefangen und untergestoßen worden, und nunmehr wieder zu meinem Regiment unter die Bayrischen begehrte, gab er mir einen Musketierer zu, der mich zum Kommandanten führte. Derselbe lag noch in seiner Ruhe, weil er wegen seiner Geschäfte mehr als die halbe Nacht wachend zugebracht hatte, also daß ich wohl anderthalbe Stund vor seinem Quartier aufwarten mußte, und weil eben die Leut aus der Frühmeß gingen, einen großen Umstand von Bürgern und Soldaten bekam, die alle wissen wollten, wie es vor Breisach stünde? von welchem Geschrei der Kommandant erwachte und mich vor sich kommen ließ.
    Er fing an, mich zu examinieren, und meine Aussag war wie unterm Tor; hernach fragte er mich sonderliche Partikularitäten von der Belagerung und sonsten, und damit bekennete ich alles, wie daß ich nämlich ein Tag oder vierzehen mich bei einem Kerl aufgehalten, der auch durchgangen, und mit demselben eine Kutsche angegriffen und geplündert hätte, der Meinung, von den Weimarischen so viel Beuten zu holen, daß wir uns daraus beritten machen und rechtschaffen montiert wieder zu unsern Regimentern kommen möchten, wir seien aber erst gestern von einem Korporal mit noch sechs andern Kerlen, die uns aufheben sollen, überfallen worden, dadurch mein Kamerad mit noch sechsen vom Gegenteil auf dem Platz geblieben, der siebent aber sowohl als ich, und zwar jeder zu seiner Partei, entlaufen sei; von dem aber, daß ich nach L. in Westfalen zu meinem Weib gewollt und daß ich zwei so wohlgefütterte Hinter- und Vorderstück anhatte, schwieg ich stockstill, und zwar so machte ich mir auch kein Gewissen darum, daß ichs verhehlete, denn was gings ihn an? Er fragte mich auch nit einmal darum, sondern verwunderte sich vielmehr und wollts fast nit glauben, daß ich und Olivier sollten sechs Mann niedergemacht und den siebenten verjagt haben, obzwar mein Kamerad mit eingebüßt. Mt solchem Gespräch gabs Gelegenheit von Oliviers Schwert zu reden, so ich lobte und an der Seiten hatte; das gefiel ihm so wohl, daß ichs ihm, wollte ich anders mit guter Manier von ihm kommen und Paß erlangen, gegen einen andern Degen, den er mir gab, überlassen mußte; in Wahrheit aber, so war dasselbe trefflich schön und gut, es war ein ganzer ewigwährender Kalender darauf geätzet, und lasse ich mir nicht ausreden, daß es nicht in Hora Martis von Vulcano selbst geschmiedet und allerdings zugerichtet worden sei, wie im ›Heldenschatz‹ eins beschrieben wird, wovon alle anderen Klingen entzweispringen und die beherztesten Feinde und Löwengemüter wie furchtsam Hasen entlaufen müssen. Nachdem er mich nun entließ und befohlen, einen Paß für mich zu schreiben, ging ich den nächsten Weg ins Wirtshaus und wußte nicht, ob ich am ersten schlafen oder essen sollte? denn es war mir beides nötig; doch wollt ich zuvor meinen Magen stillen, ließ mir derhalben etwas zu essen und einen Trunk langen, und machte Gedanken, wie ich meine Sachen anstellen möchte, daß ich mit meinem Geld sicher nach L. zu meinem Weib kommen möchte, denn ich hatte so wenig im Sinn zu meinem Regiment zu gehen, als den Hals abzufallen.
    Indem ich nun so spekulierte, hinkte ein Kerl in die

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