Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch
dazu hergeben wollte, und ich glaube, sie hätten mich überredt, wenn ihnen Herzbruder nicht abgedankt hätte, denn er sagte: Wer solche Kunst könnte, würde nicht so bettelhaftig dahergehen, noch andere um Geld ansprechen.
Gleichwie nun Herzbruder von hochermeldtem Grafen ein angenehme Wiederantwort und treffliche Promessen von Wien aus erhielt, also bekam ich von L. kein einzigen Buchstaben, unangesehen ich unterschiedliche Posttag in duplo hinschrieb: Das machte mich unwillig und verursachte, daß ich denselben Frühling meinen Weg nit nach Westfalen antrat, sondern von Herzbrudern erhielt, daß er mich mit sich nach Wien nahm, mich seines verhoffenden Glücks genießen zu lassen; also montierten wir uns aus meinem Geld wie zwei Kavalier, beides mit Kleidungen, Pferden, Dienern und Gewehr, gingen durch Konstanz auf Ulm, allda wir uns auf die Donau setzten und von dort aus in acht Tagen zu Wien glücklich anlangten. Auf demselben Weg observierte ich sonst nichts, als daß die Weibsbilder, so an dem Strand wohnen, den Vorüberfahrenden, so ihnen zuschrien, nicht mündlich, sondern schlechthin mit dem Beweistum selbst antworten, davon ein Kerl manch feines Einsehen haben kann.
Das 4. Kapitel
Wasmaßen Herzbruder und Simplicius abermal in Krieg und wieder daraus kommen
Es gehet wohl seltsam in der veränderlichen Welt her! Man pflegt zu sagen: Wer alles wüßte, der würde bald reich. Ich aber sage: Wer sich allweg in die Zeit schicken könnte, der würde bald groß und mächtig. Mancher Schindhund oder Schabhals (denn diese beiden Ehrentitel werden den Geizigen gegeben) wird wohl bald reich, weil er einen und andern Vorteil weiß und gebraucht, er ist aber darum nit groß, sondern ist und verbleibt vielmals von geringerer Aestimation, als er zuvor in seiner Armut war; wer sich aber weiß groß und mächtig zu machen, dem folget der Reichtum auf dem Fuß nach. Das Glück, so Macht und Reichtum zu geben pflegt, blickte mich trefflich holdselig an und gab mir, nachdem ich ein Tag oder acht zu Wien gewesen, Gelegenheit genug an die Hand, ohn einzige Verhinderungen auf die Staffeln der Hoheit zu steigen, ich tats aber nicht, warum? Ich halte, weil mein fatum ein anders beschlossen, nämlich dasjenige, dahin mich meine fatuitas leitete.
Der Graf von der Wahl, unter dessen Kommando ich mich hiebevor in Westfalen bekannt gemacht, war eben auch zu Wien, als ich mit Herzbrudern hinkam; dieser wurde bei einem Bankett, da sich verschiedene Kaiserl. Kriegsräte neben dem Grafen von Götz und andern mehr befanden, als man von allerhand seltsamen Köpfen, unterschiedlichen Soldaten und berühmten Parteigängern redete, auch des Jägers von Soest eingedenk, und erzählte etliche Stücklein von ihm so rühmlich, daß sich teils über einen so jungen Kerl verwunderten und bedaurten, daß der listige hessische Obriste S. A. ihm ein Wehbengel angehängt, damit er entweder den Degen beiseits legen oder doch schwedische Waffen tragen sollte; denn wohlbesagter Graf von der Wahl hatte alles erkundigt, wie derselbige Obrist zu L. mit mir gespielt; Herzbruder, der eben dort stund und mir meine Wohlfahrt gern befördert hätte, bat um Verzeihung und Erlaubnis zu reden und sagte, daß er den Jäger von Soest besser kenne als sonst einen Menschen in der Welt, er sei nit allein ein guter Soldat, der Pulver riechen könnte, sondern auch ein ziemlicher Reuter, ein perfekter Fechter, ein trefflicher Büchsenmeister und Feurwerker, und über dies alles einer der einem Ingenieur nichts nachgeben würde; er hätte nit nur sein Weib, weil er mit ihr so schimpflich hintergangen worden, sondern auch alles was er gehabt zu L. hinterlassen und wiederum Kaiserl. Dienst gesucht, maßen er in verwichener Kampagne sich unter dem Grafen von Götz befunden, und als er von den Weimarischen gefangen worden und von denselben sich wieder zu den Kaiserlichen begeben wollen, neben seinem Kameraden einen Korporal samt sechs Musketierern, die ihnen nachgesetzt und sie wieder zurückführen sollen, niedergemacht und ansehenliche Beuten davongebracht, maßen er mit ihm selbsten nach Wien kommen, des Willens, sich abermal wider der Röm. Kaiserl. Majestät Feinde gebrauchen zu lassen, doch sofern er solche Conditiones haben könnte, die ihm anständig seien, denn keinen gemeinen Knecht begehre er mehr zu agieren.
Damals war diese ansehnliche Kompagnie mit dem lieben Trunk schon dergestalt begeistert, daß sie ihre Kuriosität den Jäger zu sehen contentiert
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