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Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Titel: Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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erwarten und sollte es auch Hellebarden regnen!« »Ja«, antwortet' mein Knan, »Ihr machts wie alle verwegenen Buben, die sich nichts drum geheien, wenn gleich die ganze Welt untergingen«
    Indem ich nun diesem seinem Schmälen so zuhörete, verwandte ich die Augen nicht von der Tiefe des Sees, der Meinung, etwa etliche Blattern oder Blasen vom Grund desselbigen aufsteigen zu sehen, wie zu geschehen pflegt, wenn man in andere tiefe, so stillstehende als fließende Wasser Steine wirft; aber ich wurde nichts dergleichen gewahr, sondern sah sehr weit gegen den abyssum etliche Kreaturen im Wasser herumflattern, die mich der Gestalt nach an Frösch ermahnten, und gleichsam wie Schwärmerlein aus einer aufgestiegenen Raket, die in der Luft ihr Wirkung der Gebühr nach vollbringt, herumvagierten; und gleichwie sich dieselbigen mir je länger je mehr näherten, also schienen sie auch in meinen Augen je länger je größer, und an ihrer Gestalt den Menschen desto ähnlicher; weswegen mich denn erstlich eine große Verwunderung und endlich, weil ich sie so nahe bei mir hatte, ein Grausen und Entsetzen ankam: »Ach!« sagte ich damal vor Schrecken und Verwunderung zu mir selber, und doch so laut, daß es mein Knan, der jenseit des Sees stund, wohl hören konnte (wie wohl es schrecklich donnerte) »wie sind die Wunderwerk des Schöpfers auch sogar im Bauch der Erden und in der Tiefe des Wassers so groß!« Kaum hatte ich diese Wort recht ausgesprochen, da war schon eins von diesen Sylphis oben auf dem Wasser, das antwortet': »Siehe: das bekennest du, ehe du etwas davon gesehen hast; was würdest du wohl sagen, wenn du erst selbsten im centro terrae wärest und unsere Wohnung, die dein Vorwitz beunruhiget, beschautest?« Unterdessen kamen noch mehr dergleichen Wassermännlein hier und dort, gleichsam wie die Tauchentlein hervor, die mich alle ansahen und die Stein wieder heraufbrachten, die ich hineingeworfen, worüber ich ganz erstaunte; der erste und vornehmste aber unter ihnen, dessen Kleidung wie lauter Gold und Silber glänzte, warf mir einen leuchtenden Stein zu, so groß als ein Taubenei und so grün und durchsichtig als ein Smaragd, mit diesen Worten: »Nimm hin dies Kleinod, damit du etwas von uns und diesem See zu sagen wissest!« Ich hatte ihn aber kaum aufgehoben und zu mir gesteckt, da wurde mir nit anderst, als ob mich die Luft hätte ersticken oder ersäufen wollen, derhalben ich mich denn nit länger aufrecht behalten konnte, sondern herumtaumelte wie eine Garnwinde und endlich gar in See hinunterfiel: Sobald ich aber ins Wasser kam, erholte ich mich wieder, und brauchte aus Kraft des Steins den ich bei mir hatte, im Atmen das Wasser anstatt der Luft; ich konnte auch gleich so wohl als die Wassermännlein mit geringer Mühe in dem See herumwebern, maßen ich mich mit denselben in Abgrund hinabtat, so mich an nichts anders ermahnte, als wenn sich ein Schar Vögel mit Umschweifen aus dem obersten Teil der temperierten Luft gegen die Erde niederläßt.
    Da mein Knan dies Wunder zum Teil (nämlich soviel oberhalb des Wassers geschehen) samt meiner jählingen Verzückung gesehen, trollte er sich vom See hinweg und heim zu, als ob ihm der Kopf brennte; daselbst erzählte er allen Verlauf, vornehmlich aber, daß die Wassermännlein diejenigen Stein, so ich in See geworfen, wieder in vollem Donnerwetter heraufgetragen und an ihre vorige Statt gelegt, hingegen aber mich mit sich hinuntergenommen hätten: Etliche glaubten ihm, die meisten aber hielten es für eine Fabel, andere bildeten sich ein, ich hätte mich wie ein anderer Empedocles Agrigentinus (welcher sich in den Berg Aetnam gestürzt, damit jedermann gedenken sollte, wenn man ihn nirgend finde, er wäre gen Himmel gefahren) selbst im See ertränkt, und meinem Vater befohlen, solche Fabeln von mir auszugeben, um mir einen unsterblichen Namen zu machen; man hätte eine Zeitlang an meinem melancholischen Humor wohl gesehen, daß ich halber desperat gewesen wäre, etc. Andere hätten gern geglaubt, wenn sie meine Leibskräfte nicht gewußt, mein angenommener Vater hätte mich selbst ermordet, damit er als ein geiziger alter Mann meiner los würde und allein Herr auf meinem Hof sein möchte; also daß man um diese Zeit von sonsten nichts, als von dem Mummelsee, von mir und meiner Hinfahrt und von meinem Petter, beides im Sauerbrunnen und auf dem Land zu sagen und zu raten wußte.

Das 13. Kapitel
    Der Prinz über den Mummelsee erzählet die Art und das Herkommen der

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