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Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Titel: Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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keine Wollust empfänden, also seien sie hingegen auch in ihren Geburten keinen Schmerzen unterworfen, welches ich etlichermaßen am Exempel der Katzen abnehmen und glauben könnte, die zwar mit Schmerzen empfangen, aber mit Wollust gebären; so stürben sie auch nicht mit Schmerzen oder aus hohem gebrechlichem Alter, weniger aus Krankheit, sondern gleichsam als ein Licht verlösche, wenn es seine Zeit geleuchtet habe, also verschwinden auch ihre Leiber samt den Seelen; gegen die Freiheit, deren er sich gerühmt, sei die Freiheit des allergrößten Monarchen unter uns irdischen Menschen gar nichts, ja nit so viel als ein Schatten zu rechnen, denn sie könnten weder von uns noch andern Kreaturen getötet, noch zu etwas Unbeliebigem genötiget, viel weniger befängnist werden, weil sie Feuer, Wasser, Luft und Erde ohn einzige Mühe und Müdigkeit (von der sie gar nichts wüßten) durchgehen könnten. Darauf sagte ich: »Wenn es mit euch so beschaffen, so ist euer Geschlecht von unserm Schöpfer weit höher geadelt und beseligt als das unserige.« »Ach nein«, antwort der Fürst, »ihr sündigt wenn ihr dies glaubt, indem ihr die Güte Gottes einer Sach beschuldiget, die nicht so ist, denn ihr seid weit mehrers beseligt als wir, indem ihr zu der seligen Ewigkeit und das Angesicht Gottes unaufhörlich anzuschauen erschaffen, in welchem seligen Leben eurer einer, der selig wird, in einem einzigen Augenblick mehr Freud und Wonne als unser ganzes Geschlecht von Anfang der Erschaffung bis an den jüngsten Tag genießt.« Ich sagte: »Was haben drum die Verdammten davon?« Er antwortet' mir mit einer Widerfrag, und sagte: »Was kann die Güte Gottes dafür, wenn euer einer sein selbst vergisset, sich der Kreaturen der Welt und deren schändlichen Wollüsten ergibt, seinen viehischen Begierden den Zügel schießen läßt, sich dadurch dem unvernünftigen Vieh, ja durch solchen Ungehorsam gegen Gott mehr den höllischen als seligen Geistern gleichmacht? Solcher Verdammten ewiger Jammer, worein sie sich selbst gestürzt haben, benimmt drum der Hoheit und dem Adel ihres Geschlechts nichts, sintemal sie so wohl als andere in ihrem zeitlichen Leben die ewige Seligkeit hätten erlangen mögen, da sie nur auf dem dazu verordneten Weg hätten wandten wollen.«

Das 14. Kapitel
    Was Simplicius ferner mit diesem Fürsten unterwegs diskurriert, und was er für verwunderliche und abenteurliche Sachen vernommen
    Ich sagte zu dem Fürstlein, weil ich auf dem Erdboden ohnedas mehr Gelegenheit hätte, von dieser Materia zu hören, als ich mir zunutz machte, so wollte ich ihn gebeten haben, er wollte mir doch dafür die Ursach erzählen, warum zuzeiten ein so groß Ungewitter entstehe, wenn man Stein in solche Seen werfe? denn ich erinnerte mich von dem Pilatussee im Schweizerland ebendergleichen gehört, und vom See Camarina in Sicilia ein solches gelesen zu haben, von welchem die Phrasis entstanden ›Camarinam movere‹; Er antwortet': »Weil alles, das schwer ist, nicht ehe gegen das centrum terrae zu fallen aufhöret, wenn es in ein Wasser geworfen wird, es treffe denn einen Boden an, darauf es unterwegs liegen verbleibe, hingegen diese Seen alle miteinander bis auf das centrum ganz bodenlos und offen sind, also daß die Stein so hineingeworfen werden, notwendig und natürlicher Weis in unsere Wohnung fallen und liegen bleiben müßten, wenn wir sie nicht wieder zu ebendem Ort, da sie herkommen, von uns hinausschafften, also tun wir solches mit einem Ungestüme, damit der Mutwill derjenigen, so sie hineinzuwerfen pflegen, abgeschreckt und im Zaum gehalten werden möge, so denn eines von den vornehmsten Stücken unsers Geschäfts ist, dazu wir erschaffen. Sollten wir aber gestatten, daß ohne dergleichen Ungewitter die Stein eingeschmissen und wieder ausgeschafft würden, so käme es endlich dazu, daß wir nur mit den mutwilligen Leuten zu tun hätten, die uns täglich von allen Orten der Welt her aus Kurzweil Stein zusendeten. Und an dieser einzigen Verrichtung die wir zu tun haben, kannst du die Notwendigkeit unsers Geschlechts abnehmen, sintemal da obigergestalt die Stein von uns nicht ausgetragen, und doch täglich durch so viel dergleichen unterschiedliche Seen, die sich hin und wieder in der Welt befinden, dem centro terrae, darinnen wir wohnen, soviel zugeschickt würden, so müßten endlich zugleich die Gebäude, damit das Meer an die Erde geheftet und befestiget, zerstöret und die Gänge, dadurch die Quellen aus dem Abgrund des

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