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Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Titel: Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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und Honig vorschlug, als mein Weib hiebevor aus Rindvieh, Schweinen und anderm eroberte, konnte ich mir leicht einbilden, daß sie im übrigen nichts verschlafen würde.
    Einsmals spazierte ich in Sauerbrunnen, mehr ein Trunk frisch Wasser zu tun, als mich meiner vorigen Gewohnheit nach mit den Stutzern bekannt zu machen, denn ich fing an meiner Alten Kargheit nachzuahmen, welche mir nicht rieten, daß ich mit den Leuten viel umgehen sollte, die ihre und ihrer Eltern Hab so unnützlich verschwendeten: Gleichwohl aber geriet ich zu einer Gesellschaft mittelmäßigen Stands, weil sie von einer seltenen Sach, nämlich von dem Mummelsee diskurrierten, welcher unergründlich und in der Nachbarschaft auf einem von den höchsten Bergen gelegen sei; sie hatten auch unterschiedliche alte Bauersleut beschickt, die erzählen mußten, was einer oder der ander von diesem wunderbarlichen See gehöret hätte, deren Relation ich denn mit großer Lust zuhörte, wiewohl ichs für eitel Fabeln hielt, denn es lautete also lügenhaftig als etliche Schwänk des Plinii.
    Einer sagte, wenn man ungerad, es seien gleich Erbsen, Steinlein oder etwas anders, in ein Nastüchlein binde und hineinhänge, so verändere es sich in gerad; also auch, wenn man gerad hineinhänge, so finde man ungerad. Ein anderer und zwar die meisten gaben vor und bestätigten es auch mit Exempeln, wenn man einen oder mehr Stein hineinwürfe, so erhebe sich gleich, Gott geb wie schön auch der Himmel zuvor gewesen, ein grausam Ungewitter, mit schrecklichem Regen, Schlossen und Sturmwinden. Von diesem kamen sie auch auf allerhand seltsame Historien, so sich dabei zugetragen, und was sich für wunderbarliche Spectra von Erd- und Wassermännlein dabei hätten sehen lassen und was sie mit den Leuten geredet. Einer erzählte, daß auf ein Zeit, da etliche Hirten ihr Vieh bei dem See gehütet, ein brauner Stier herausgestiegen, welcher sich zu dem andern Rindvieh gesellet, dem aber gleich ein kleines Männlein nachgefolget, ihn wieder zurück in See zu treiben, er hätte aber nicht parieren wollen, bis ihm das Männlein gewünscht hätte, es sollte ihn aller Menschen Leiden ankommen, wenn er nicht wieder zurückkehre! Auf welche Wort er und das Männlein sich wieder in den See begeben hätten. Ein anderer sagte, es sei auf ein Zeit, als der See überfroren gewesen, ein Baursmann mit seinen Ochsen und etlichen Blöcken, daraus man Dieln schneidet, über den See gefahren ohn einzigen Schaden; als ihm aber sein Hund nachkommen, sei das Eis mit ihm gebrochen und der arme Hund allein hinuntergefallen und nicht mehr gesehen worden. Noch ein anderer behauptete bei großer Wahrheit, es sei ein Schütz auf der Spur des Wilds bei dem See vorübergangen, der hätte auf demselben ein Wassermännlein sitzen sehen, das einen ganzen Schoß voll gemünzter Goldsorten gehabt und gleichsam damit gespielt hätte; und als er nach demselbigen Feur geben wollen, hätte sich das Männlein geduckt, und diese Stimme hören lassen: »Wenn du mich gebeten, deiner Armut zu Hilf zu kommen, so wollte ich dich und die Deinigen reich genug gemacht haben.«
    Solche und dergleichen mehr Historien, die mir alle als Märlein vorkamen, damit man die Kinder aufhält, hörte ich an, verlachte sie und glaubte nit einmal, daß ein solcher unergründlicher See auf einem hohen Berg sein könnte; aber es fanden sich noch andere Baursleut, und zwar alte glaubwürdige Männer, die erzählten, daß noch bei ihrem und ihrer Väter Gedenken hohe fürstliche Personen den besagten See zu beschauen sich erhoben, wie denn ein regierender Herzog zu Württemberg etc. ein Floß machen und mit demselbigen darauf hineinfahren lassen, seine Tiefe abzumessen; nachdem die Messer aber bereits neun Zwirnnetz (ist ein Maß, das die Schwarzwälder Baurnweiber besser als ich oder ein anderer Geometra verstehen) mit einem Senkel hinuntergelassen und gleichwohl noch keinen Boden gefunden, hätte das Floß, wider die Natur des Holzes, anfangen zu sinken, also daß die so sich darauf befunden, von ihrem Vornehmen abstehen und sich ans Land salvieren müssen, maßen man noch heutzutag die Stücke des Floßes am Ufer des Sees und zum Gedächtnis dieser Geschicht das fürstlich Württembergische Wappen und andere Sachen mehr in Stein gehauen vor Augen sehe. Andere bewiesen mit vielen Zeugen, daß ein Erzherzog von Österreich etc. den See gar hätte abgraben lassen wollen, es sei ihm aber von vielen Leuten widerraten und durch Bitt der Landleute

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