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Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Titel: Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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allein deswegen, weil mich der letztere Patient mit seiner Danksagung, daß ihm Gott nit mehr Geld bescheret, dergestalt tröstete, daß ich alle Anfechtungen und schweren Gedanken, die ich damals des Gelds halber hatte, aus dem Sinn schlug. Ich resolvierte mich, weder mehr nach Ehren noch Geld, noch nach etwas anderm das die Welt liebt, zu trachten; ja ich nahm mir vor zu philosophieren und mich eines gottseligen Lebens zu befleißen, zumalen meine Unbußfertigkeit zu bereuen und mich zu erkühnen, gleich meinem Vater sel. auf die höchsten Staffeln der Tugenden zu steigen.

Das 12. Kapitel
    Wie Simplicius mit den Sylphis in das Centrum terrae fährt
    Die Begierde den Mummelsee zu beschauen vermehrte sich bei mir, als ich von meinem Petter verstund, daß er auch dabei gewesen und den Weg dazu wüßte; da er aber hörete, daß ich überein auch dazu wollte, sagte er: »Und was werdet Ihr dann davontragen, wenn Ihr gleich hinkommt? der Herr Sohn und Petter wird nichts anders sehen als ein Ebenbild eines Weihers, der mitten in einem großen Wald liegt, und wenn Er seine jetzige Lust mit beschwerlicher Unlust gebüßt, so wird Er nichts anders als Reu, müde Füß (denn man kann schwerlich hin reiten) und den Hergang für den Hingang davon haben; es sollte mich kein Mensch hingebracht haben, wenn ich nicht hätt hinfliehen müssen, als der Doktor Daniel (er wollte Duc d'Anguin sagen) mit seinen Kriegern das Land hinunter vor Philippsburg zog.« Hingegen kehrte sich mein Vorwitz nicht an seine Abmahnung, sondern ich bestellte einen Kerl, der mich hinführen sollte; da er nun meinen Ernst sah, sagte er, weil die Habersaat vorüber und auf dem Hof weder zu hauen noch zu ernten, wollte er selbst mit mir gehen und den Weg weisen; denn er hatte mich so lieb, daß er mich ungern aus dem Gesicht ließ, und weil die Leut im Land glaubten, daß ich sein leiblicher Sohn sei, prangte er mit mir und tat gegen mich und jedermann, wie etwa ein gemeiner armer Mann gegen seinen Sohn tun möchte, den das Glück ohne sein Zutun und Beförderung zu einem großen Herrn gemacht hätte.
    Also wanderten wir miteinander über Berg und Tal und kamen zu dem Mummelsee, ehe wir sechs Stund gegangen hatten, denn mein Petter war noch so käfermäßig und so wohl zu Fuß als ein Junger; wir verzehrten daselbst was wir von Speis und Trank mit uns genommen, denn der weite Weg und die Höhe des Bergs, auf welchem der See liegt, hätte uns hungrig und hellig gemacht; nachdem wir uns aber erquickt, beschaute ich den See und fand gleich etliche gezimmerte Hölzer darin liegen, die ich und mein Knan für rudera des württembergischen Floßes hielten; ich nahm oder maß die Länge und Breite des Wassers vermittelst der Geometriae, weil gar beschwerlich war, um den See zu gehen und denselben mit Schritten oder Schuhen zu messen, und brachte seine Beschaffenheit vermittelst des verjüngten Maßstabs in mein Schreibtäfelein, und als ich damit fertig, zumaln der Himmel durchaus hell und die Luft ganz windstill und wohl temperiert war, wollte ich auch probieren was Wahrheit an der Sagmär wäre, daß ein Ungewitter entstehe, wenn man einen Stein in den See werfe; sintemal ich allbereit die Hörsag, daß der See keine Forellen leide, am mineralischen Geschmack des Wassers wahr zu sein befunden.
    Solche Prob nun ins Werk zu setzen, ging ich gegen die linke Hand am See hin, an denjenigen Ort, da das Wasser (welches sonst so hell ist als ein Kristall) wegen der abscheulichen Tiefe des Sees gleichsam kohlschwarz zu sein scheinet und deswegen so fürchterlich aussiehet, daß man sich auch nur vorm Anblick entsetzt, daselbst fing ich an so große Stein hineinzuwerfen, als ich sie immermehr ertragen konnte; mein Petter oder Knan wollte mir nicht allein nicht helfen, sondern warnete und bat mich davon abzustehen soviel ihm immer möglich, ich aber kontinuieret meine Arbeit emsig fort, und was ich von Steinen ihrer Größe und Schwere halben nicht ertragen mochte, das walgert ich herbei, bis ich deren über dreißig in See brachte; da fing die Luft an den Himmel mit schwarzen Wolken zu bedecken, in welchen ein grausames Donnern gehöret wurde; also daß mein Petter, welcher jenseits des Sees bei dem Auslauf stand und über mein Arbeit lamentierte, mir zuschrie, ich sollte mich doch salvieren, damit uns der Regen und das schreckliche Wetter nicht ergreife oder noch wohl ein größer Unglück betreffe; ich aber antwortete ihm hingegen: »Vater ich will bleiben und des Ends

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