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Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Titel: Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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auszusprechen vermag, doch will ich dir, soviel unsere Art anbelangt, simpliciter erzählen, daß du daraus fassen kannst, wieweit wir von den andern Kreaturen Gottes zu unterscheiden seien: Die heiligen Engel sind Geister, zum Ebenbild Gottes gerecht, verständig, frei, keusch, hell, schön, klar, geschwind und unsterblich zu dem Ende erschaffen, daß sie in ewiger Freude Gott loben, rühmen, ehren und preisen, in dieser Zeitlichkeit aber der Kirche Gottes hier auf Erden auf den Dienst warten, und die allerheiligsten göttlichen Befehl verrichten sollen, deswegen sie denn auch zuzeiten Nuntii genannt werden, und ihrer sind auf einmal so viel hunderttausend mal tausend Millionen erschaffen worden, als der göttlichen Weisheit wohlgefällig gewesen; nachdem aber aus ihrer großen Anzahl unaussprechlich viel, die sich ihres hohen Adels überhoben, aus Hoffart gefallen, sind erst eure ersten Eltern von Gott mit einer vernünftigen und unsterblichen Seel zu seinem Ebenbild erschaffen und deswegen mit Leibern begabt worden, daß sie sich aus sich selbsten vermehren sollten, bis ihr Geschlecht die Zahl der gefallenen Engel wiederum erfüllte; zu solchem End nun wurde die Welt erschaffen, mit allen andern Kreaturen, daß der irdische Mensch, bis sich sein Geschlecht so weit vermehret, daß die angeregte Zahl der gefallenen Engel damit ersetzt werden könnte, darauf wohnen, Gott loben und sich aller anderer erschaffenen Dinge auf der ganzen Erdkugel (als worüber ihn Gott zum Herrn gemacht) zu Gottes Ehren und zu seines nahrungbedürftigen Leibs Aufenthaltung bedienen sollte; damals hatte der Mensch diesen Unterscheid zwischen sich und den hl. Engeln, daß er mit der irdischen Bürde seines Leibs beladen und nicht wußte, was gut und bös war, und dahero auch nit so stark und geschwind als ein Engel sein konnte; hatte hingegen aber auch nichts Gemeines mit den unvernünftigen Tieren, demnach er aber durch den Sündenfall im Paradeis seinen Leib dem Tod unterwarf, schätzten wir ihn das Mittel zu sein zwischen den heiligen Engeln und den unvernünftigen Tieren, denn gleichwie eine heilige entleibte Seel eines zwar irdischen doch himmlisch-gesinnten Menschen alle gute Eigenschaft eines heiligen Engels an sich hat, also ist der entseelte Leib eines irdischen Menschen (der Verwesung nach) gleich einem andern Aas eines unvernünftigen Tiers, uns selbsten aber schätzten wir für das Mittel zwischen euch und allen andern lebendigen Kreaturen der Welt, sintemal, ob wir gleich wie ihr vernünftige Seelen haben, so sterben jedoch dieselbigen mit unsern Leibern gleich hinweg, gleichsam als wie die lebhaften Geister der unvernünftigen Tiere in ihrem Tod verschwinden. Zwar ist uns kundbar, daß ihr durch den ewigen Sohn Gottes, durch welchen wir denn auch erschaffen, aufs allerhöchste geadelt worden, indem er euer Geschlecht angenommen, der göttlichen Gerechtigkeit genug getan, den Zorn Gottes gestillt und euch die ewige Seligkeit wiederum erworben, welches alles euer Geschlecht dem unserigen weit vorziehet; aber ich rede und verstehe hier nichts von der Ewigkeit, weil wir deren zu genießen nicht fähig sind, sondern allein von dieser Zeitlichkeit, in welcher der allergütigste Schöpfer uns genugsam beseligt, als mit einer guten gesunden Vernunft, mit Erkenntnis des allerheiligsten Willens Gottes, so viel uns vonnöten, mit gesunden Leibern, mit langem Leben, mit der edlen Freiheit, mit genugsamer Wissenschaft, Kunst und Verstand aller natürlichen Dinge, und endlich, so das allermeiste ist, sind wir keiner Sünd und dannenhero auch keiner Straf, noch dem Zorn Gottes, ja nicht einmal der geringsten Krankheit unterworfen: Welches alles ich dir darum so weitläufig erzählt und auch deswegen der hl. Engel, irdischen Menschen und unvernünftigen Tier gedacht, damit du mich desto besser verstehen könnest.« Ich antwortet, es wollte mir dennoch nicht in Kopf; da sie keiner Missetat und also auch keiner Straf unterworfen, wozu sie dann eines Königs bedürftig? item, wie sie sich der Freiheit rühmen könnten, wenn sie einem König unterworfen wären? item, wie sie geboren werden und wieder sterben könnten, wenn sie gar keine Schmerzen oder Krankheit zu leiden geartet wären? Darauf antwortet' mir das Prinzlein, sie hätten ihren König nicht, daß er justitiam administrieren, noch daß sie ihm dienen sollten, sondern daß er wie der König oder Weisel in einem Immenstock ihre Geschäfte dirigiere; und gleichwie ihre Weiber in coitu

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