Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch
und mich hierzu dringen wollte, wurden sie alle zu Stummen an mir, ja sie äußerten sich auch meiner, und wurde mir schwer, auch nur für meinen Leib Herberg zu bekommen; denn ich hatte mein Pferd samt Sattel und Zeug bereits verzehrt und trennete heut eine und morgen die andere Dukat aus, die ich hiebevor zum Vorrat so weislich in meine Kleider vernähet hatte. Zuletzt fing ich auch an, meine Ring und Kleinodia zu versilbern, als der Hoffnung, mich so lang zu enthalten, bis ich eine gute Gelegenheit wieder nach Teutschland zu kommen erharren möchte. Indessen lief ein Vierteljahr herum, nach welchem oftgemeldter Obriste samt seinem Hausgesind wieder umgetauft und mit einem ansehenlichen adeligen Gut und vielen Untertanen wieder versehen wurde.
Damals ging ein Mandat aus, daß man gleichwie unter den Inheimischen, also auch unter den Fremden keine Müßiggänger bei hoher unausbleiblicher Straf mehr leiden sollte, als die den Arbeitenden nur das Brot vorm Maul wegfressen; und was von Fremden nicht arbeiten wollte, das sollte das Land in einem Monat, die Stadt aber in vierundzwanzig Stunden räumen. Also schlugen sich unserer bei fünfzig zusammen, der Meinung, unsern Weg in Gottes Namen durch Podoliam nach Teutschland miteinander zu nehmen, wir wurden aber nicht gar zwo Stund weit von der Stadt von etlichen reußischen Reutern wieder eingeholt, mit dem Vorwand, daß Ihr Zarische Majestät ein groß Mißfallen hätte, daß wir uns frevelhafter Weis unterstanden, in so starker Anzahl uns zusammenzurotten und ohne Paß unsers Gefallens Dero Land zu durchziehen, mit fernerem Anhang, daß Ihr Majestät nicht unbefugt wären, uns unsers groben Beginnens halber nach Sibirien zu schicken. Auf demselbigen Zurückweg erfuhr ich, wie mein Handel beschaffen war; denn derjenige so den Truppen Reuter führte, sagte mir ausdrücklich, daß Ihr Zarische Majestät mich nicht aus dem Land lassen würden, sein treuherziger Rat wäre, ich sollte mich nach Dero Allergnädigstem Willen akkommodieren, mich zu ihrer Religion verfügen, und wie der Obriste getan, ein solch ansehenlich adelig Gut nicht verachten, mit Versicherung, wo ich dieses ausschlagen, und bei ihnen nicht als ein Herr leben wollte, daß ich wider meinen Willen als ein Knecht dienen müßte; und würden auch Ihr Zarischen Majestät nicht zu verdenken sein, daß sie einen solchen wohlerfahrnen Mann, wie mich der oftgemeldte Obriste beschaffen zu sein beschrieben, nicht aus dem Land lassen wollten. Ich verringerte mich hierauf, und sagte: Der Herr Obriste würde mir vielleicht mehr Künste, Tugend und Wissenschaften zugeschrieben haben, als ich vermochte; zwar wäre ich darum ins Land kommen, Ihrer Zarischen Majestät und der löblichen reußischen Nation, auch mit Darsetzung meines Bluts, wider Dero Feinde zu dienen, daß ich aber meine Religion ändern sollte, könnte ich mich noch nicht entschließen; wofern ich aber in einzigerlei Weg Ihrer Zarischen Majestät ohne Beschwerung meines Gewissens würde dienen können, würde ich an meinem äußersten Vermögen nichts erwinden lassen.
Ich wurde von den andern abgesondert und zu einem Kaufherrn logiert, allwo ich nunmehr öffentlich verwacht, hingegen aber täglich mit herrlichen Speisen und köstlichem Getränk von Hof aus versehen wurde; hatte auch täglich Leut die mir zusprachen, und mich hin und wieder zu Gast luden; sonderlich war einer, dem ich ohne Zweifel insonderheit befohlen war (ein schlauer Mann), der unterhielt mich täglich mit freundlichem Gespräch, denn ich konnte schon ziemlich reußisch reden; dieser diskurrierte mehrenteils mit mir von allerhand mechanischen Künsten, item von Kriegs- und andern Maschinen, vom Fortifikationwesen und der Artollerei, etc. zuletzt als er unterschiedlich Mal auf den Busch geklopft, um zu vernehmen, ob ich mich endlich nicht ihres Zaren Intention nach bequemen wollte, und keine Hoffnung fassen konnte, daß ich mich im geringsten ändern würde, begehrte er, wenn ich ja nicht reußisch werden wollte, so sollte ich doch dem großen Zar zu Ehren ihrer Nation etwas von meinen Wissenschaften kommunizieren und mitteilen; ihr Zar würde meine Willfährigkeit mit hohen kaiserlichen Gnaden erkennen; darauf antwortet ich, meine Affektion wäre jederzeit dahin gestanden, Ihrer Zarischen Majestät untertänigst zu dienen, maßen ich zu solchem Ende in Dero Land kommen wäre, sei auch noch solchergestalt intentioniert, wiewohl ich sehe, daß man mich gleichsam wie einen Gefangenen
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