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Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Titel: Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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gemacht, die Verschreibung verfertigt und das Geld dargezählet, da kam Julo die Verkündigung eines erfreulichen Leids, daß nämlich sein Herr Vater die Schuld der Natur bezahlt hätte; weswegen er denn gleichsam eine fürstliche Trauer anlegte und sich gefaßt machte, ehestens nach England zu verreisen, mehr die Erbschaft anzutreten, als seine Mutter zu trösten; da sah ich mein Wunder, wie Julus wieder einen Haufen Freund bekam, weder er vor etlich Tagen gehabt; auch wurde ich gewahr, wie er heuchlen konnte, denn wenn er bei den Leuten war, so stellte er sich um seinen Vater gar leidig; aber bei dem Avaro allein sagte er: »Wäre der Alte noch länger lebendig blieben, so hätte ich endlich heim bettlen müssen; sonderlich wenn du Avare mir mit deinem Geld nit wärest zuhilf kommen.«

Das 8. Kapitel
    Julus nimmt seinen Abschied in England auf edelmännisch, Avarus aber wird zwischen Himmel und Erden arrestiert
    Demnach machte sich Julus mit Avaro schleunig auf den Weg; nachdem er zuvor sein ander Gesind, als Lakaien, Pagen und dergleichen unnützer gefräßiger oder vertunlicher Leut mit guten Ehren abgeschafft. Wollte ich nun der Histori ein End sehen, so mußte ich wohl mit, aber wir reiseten mit gar ungleicher Kommodität; Julus ritt auf einem ansehenlichen Hengst, weil er nunmehr nichts Bessers als das Reiten gelernt hatte, und hinter ihm saß die Verschwendung, gleichsam als ob sie sein Hochzeiterin oder Liebste gewesen wäre; Avarus saß auf einem Minchen oder Wallachen, wie man sie nennet, und führte hinter sich den Geiz, das hatte eben ein Ansehen, als wenn ein Marktschreier oder Storger mit seinem Affen auf eine Kirchmeß geritten wäre; die Hoffart hingegen floh hoch in der Luft daher, eben als wenn sie die Reis nit sonderlich angangen hätte; die übrigen assistierenden Laster aber marschierten beneben her, wie die Beiläufer zu tun pflegen, ich aber hielt mich bald da, bald dort einem Pferd an den Schwanz, damit ich auch mit fortkommen und Engeland beschauen möchte, dieweil ich mir einbildete, ich hätte bereits viel Länder gesehen, wogegen mir dieses enge ein seltener Anblick sein würde; wir erlangten bald den Ort der Schifflände, allwo wir hiebevor auch ausgestiegen waren, und segelten in kurzer Zeit mit gutem Wind glücklich über.
    Julus fand seine Frau Mutter zu seiner Ankunft auch in letzten Zügen, maßen sie noch gleich denselben Tag ihren Abscheid nahm, also daß er als eineinziger Erb, der nunmehr aus seinen vogtbaren Jahren getreten, einsmals Herr und Meister über seiner Eltern Verlassenschaft wurde; da ging nun das gute Leben wieder besser an als zu Paris, weil er ein namhafte Barschaft ererbt; er lebte wie der reich Mann Lucae am 16., ja wie ein Prinz, bald hatte er Gäst, und bald wurde er wieder zu Gast geladen; er führte fast täglich zu Wasser oder Land anderer Leut Töchter und Weiber nach engeländischem Gebrauch spazieren, hielt einen eignen Trompeter, Bereiter, Kammerdiener, Schalksnarren, Reitknecht, Kutscher, zween Lakaien, einen Pagen, Jäger, Koch und dergleichen Hofgesind; gegen solche (insonderheit aber gegen den Avarum, den er als seinen getreuen Reisgesellen zu seinem Hofmeistern und Faktor oder Faktotum gemacht hatte) erzeigte er sich gar mild, wie er denn auch gedachtem Avaro dasjenige adelige Gut, so er ihm zuvor in Frankreich verhypotheziert, für Hauptsumma, Interesse und seinen Lidlohn für frei ledig und eigen gab und verschreiben ließ, wiewohl es viel ein mehrers wert war; in Summa er verhielt sich gegen jedermann, daß ich nit allein glaubte, er müßte aus dem Geschlecht der alten Könige geboren worden sein, wie er sich dessen in Frankreich oft gerühmt, sondern ich hielt festiglich dafür, er wäre aus dem Stamm Arturi entsprossen, welcher das Lob seiner Freigebigkeit bis ans End der Welt behalten wird.
    Andernteils unterließ Avarus nicht, in solchem Wasser zu fischen und seine Chance in acht zu nehmen, er bestahl seinen Herrn mehr als zuvor, und schacherte daneben ärger als ein fünfzigjähriger Jud. Das loseste Stücklein aber, das er dem Julo tat, war dieses, daß er sich mit einer Dam von ehrlichem Geschlecht verplemperte, folgends selbige seinem Herrn kupplete und demselben über dreiviertel Jahr den jungen Balg zuschreiben ließ, den er ihr doch selbst angehängt hatte; und weil sich Julus gar nit entschließen konnte, selbige zu ehelichen, gleichwohl aber ihrer Befreunden halber in Gefahr stehen mußte, trat der aufrichtige Avarus ins Mittel,

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