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Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Titel: Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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denn er machte das gemeine Sprichwort wahr: ›Da der Krank wieder genas, je ärger er was.‹

Das 7. Kapitel
    Avarus findet auf ohngekehrter Bank, und Julus hingegen macht Schulden, dessen Vater aber reiset in ein andere Welt
    Avarus stahl soviel Geld zusammen daß ihm angst dabei ward, maßen er nicht wußte wo er damit hin sollte, damit dem Julo sein Untreu verborgen bliebe; er sann derowegen diese List ihm ein Aug zu verkleben: er verwechselt' zum Teil sein Gold in grobe teutsche silberne Sorten, tat solche in ein großes Felleisen und kam damit bei nächtlicher Weil vor seines Herren Bett gelaufen, mit gelehrten Worten daherlügend, oder höchlicher zu reden dahererzählend, was ihm für ein Fund geraten wäre. »Gnädiger Herr«, sagte er, »ich stolperte über diese Beut, als ich von etlichen von dero Liebsten Losament gejagt wurde, und wenn der Ton des gemünzten Metalls nicht einen andern Klang von sich geben hätte als das Eingeweid eines Abgestorbenen nicht tut, so hätte ich geschworen, ich wäre über einen Toten gelaufen.« Damit schüttete er das Geld aus, und sagt' ferner: »Was geben mir Eur Gnaden wohl für ein Rat, daß dies Geld seinem rechtmäßigen Herren wieder zukommt; ich verhoffe derselbe sollte mir wohl ein stattlich Trinkgeld davon zukommen lassen.« »Narr«, antwortet' Julus, »hast du was so behalts; was bringst du aber für eine Resolution von der Jungfer?« »Ich konnte«, antwortet' Avarus, »diesen Abend mit ihr nicht zu sprechen kommen, weil ich wie gehört etlichen mit großer Gefahr entrinnen müssen und mir dieses Geld ohnversehens zugestanden.« Also behalf sich Avarus mit Lügen so gut er konnte, wie es alle jungen angehenden Dieb zu machen pflegen, wenn sie vorgeben sie haben gefunden, was sie gestohlen.
    Eben damal bekam Julus von seinem Vater Briefe und in denselbigen einen scharfen Verweis, daß er so ärgerlich lebe und so schrecklich viel Gelds verschwende; denn er hatte von den englischen Kaufherrn, die mit ihm korrespondierten und dem Julo jeweils seine Wechsel entrichteten, alles des Juli und seines Avari Tun erfahren, ohne daß dieser seinen Herrn bestahl, jener aber solches nicht merkte; weswegen er sich denn solchergestalt bekümmerte, daß er darüber in ein schwere Krankheit fiel; er schrieb bemeldten Kaufherrn, daß sie forthin seinem Sohn mehrers nicht geben sollten als die bloße Notdurft, die ein gemeiner Edelmann haben mußte, sich in Paris zu behelfen; mit dem Anhang, wofern sie ihm mehr reichen würden, daß er ihnen solches nicht wieder gutmachen wollte. Den Julum aber bedrohet' er, wofern er sich nicht bessern und ein ander Leben anstellen würde, daß er ihn alsdann gar enterben und nimmermehr für keinen Sohn halten wollte.
    Julus wurde zwar darüber trefflich bestürzt, faßte aber drum keinen Vorsatz gesparsamer zu leben; und wenn er gleich seinem Vater zu genügen vor den gewöhnlichen großen Ausgaben hätte sein wollen, so wäre es ihm für diesmal doch ohnmöglich gewesen, weil er schon allbereit viel zu tief in den Schulden stak; er hätte denn seinen Kredit erstlich bei seinen Kreditoren und consequenter auch bei jedermann verlieren wollen, welches ihm aber die Hoffart mächtig widerrief, weil es wider sein Reputation war, die er mit vielem Spendieren erworben; derowegen redet' er seine Landsleute an und sagte: »Ihr Herren wißt, daß mein Herr Vater an vielen Schiffen, die beides nach Ost- und Westindien gehen, nicht allein Part, sondern auch in unserer Heimat auf seinen Gütern jährlich bei 4 oder 5000 Schaf zu scheren hat, also daß es ihm auch kein Kavalier im Land gleich, noch weniger vorzutun vermag; geschweige jetzt Barschaft und der liegenden Güter, so er besitzt! auch wißt ihr, daß ich alles seines Vermögens heut oder morgen eineinziger Erbe bin, und daß gedachter mein Herr Vater allerdings auf der Gruben gehet; wer wollte mir denn nun zumuten, daß ich hier als ein Bärnhäuter leben sollte? wäre solches, wenn ichs tät, nicht unserer ganzen Nation ein Schand? Ihr Herren, ich bitt, laßt mich in solche Schand nicht geraten, sondern helfet mir aus, wie bisher, mit einem Stück Geld, welches ich euch wieder dankbarlich ersetzen und bis zur Bezahlung mit Kaufmannsinteresse verpensionieren, auch einem jeden insonderheit mit einer solcher Verehrung begegnen will, daß er mit mir zufrieden sein wird.«
    Hierüber zogen etliche die Achseln ein und entschuldigten sich, sie hätten derzeit nit übrige Mittel; in Wahrheit aber waren

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