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Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Titel: Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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achtzehenten Gewinn hin, da sie mich auf ihren Karchen zu Schiff brachten, auf welchem ich den Rhein hinunter bis nach Zwolle gebracht wurde, und ist mir unmöglich alles zu erzählen, wer alls unterwegs sein Gebühr an Zöllen und anderen und also auch einen Gewinn von meinetwegen empfangen, denn ich war dergestalt eingepackt, daß ichs nicht wissen konnte.
    Zu Zwolle genoß ich wiederum ein kurze Ruhe, denn ich wurde daselbsten von der mittlern oder engländischen War ausgesondert, wiederum von neuem anatomiert und gemartert, in der Mitten voneinander gerissen, geklopft und gehechelt, bis ich so rein und zart wurde, daß man wohl reiner Ding als Klosterzwirn aus mir hätt spinnen mögen; danach wurde ich nach Amsterdam gefertigt, alldorten gekauft und verkauft und dem weiblichen Geschlecht übergeben, welche mich auch zu zartem Garn machten und mich unter solcher Arbeit gleichsam all Augenblick küßten und leckten; also daß ich mir einbilden mußte, alles mein Leiden würde dermaleins sein Endschaft erreicht haben; aber kurz hernach wurde ich gewaschen, gewunden, dem Weber unter die Händ geben, gespult, mit einer Schlicht gestrichen, an Weberstuhl gespannet, gewebt und zu einer feinen holländischen Leinwand gemacht, folgends gebleicht und einem Kaufherrn verkauft, welcher mich wiederum ellenweis verhandelte; bis ich aber so weit kam, erlitt ich viel Abgang; das erste und gröbste Werg so von mir abging wurde zu Lunten gesponnen, in Kuhdreck gesotten und hernach verbrannt, aus dem andern Abgang spannen die alten Weiber ein grobes Garn, welches zu Zwilch und Sacktaffet gewebt wurde, der dritte Abgang gab ein ziemlich grobes Garn, welches man Bärtlein-Garn nennet, und doch für hanfen verkauft wurde, aus dem vierten Abgang wurde zwar ein Spinner-Garn und Tuch gemacht, es mochte mir aber nicht gleichen; geschweige jetzt der gewaltigen Seile, die aus meinen Kameraden, den anderen Hanfstengeln, daraus man Schleißhanf machte, zugerichtet wurden. Also daß mein Geschlecht den Menschen trefflich nutz, ich auch beinahe nicht erzählen kann, was ein und anders für Gewinn von denselbigen schöpfet; den letzten Abgang litt ich selbst, als der Weber ein paar Knäul Garn von mir nach den diebischen Mäusen warf.
    Von obgemeldtem Kaufherren erhandelte mich eine Edelfrau, welche das ganze Stück Tuch zerschnitt und ihrem Gesind zum neuen Jahr verehrete, da wurde derjenige Partikel, davon ich mehrenteils meinen Ursprung hab, der Kammermagd zuteil, welche ein Hemd daraus machte und trefflich mit mir prangte; da erfuhr ich, daß es nicht alle Jungfern sind, die man so nennet, denn nicht allein der Schreiber sondern auch der Herr selbsten wußten sich bei ihr zu behelfen, weil sie nicht häßlich war; solches hatte aber die Läng keinen Bestand, denn die Frau sah einsmals selbsten, wie ihre Magd ihre Stell vertrat, sie bollert' aber deswegen drum nicht so gar greulich, sondern tat als eine vernünftige Dame, zahlt' ihre Magd aus und gab ihr einen freundlichen Abschied; dem Junkern aber gefiel es nicht beim besten, daß ihm solch Fleisch aus den Zähnen gezogen wurde, sagte derowegen zu seiner Frauen, warum sie diese Magd abschaffe, die doch ein so hurtig, geschicktes und fleißigs Mensch sei; sie aber antwortet': ›Lieber Junker, seid nur ohnbekümmert, ich will hinfort ihre Arbeit schon selber versehen.‹
    Hierauf begab sich meine Jungfer mit ihrer Bagage, darunter ich ihr bestes Hemd war, in ihr Heimat nach Cammerich und brachte einen ziemlich schweren Beutel mit sich, weil sie vom Herrn und der Frauen ziemlich viel verdienet und solchen ihren Lohn fleißig zusammengespart hatte, daselbst fand sie keine so fette Küchen als sie eine verlassen müssen, aber wohl etliche Buhler, die sich in sie vernarreten und ihr beides zu waschen und zu nähen brachten, weil sie ein Profession daraus machte und sich damit zu ernähren gedachte; unter solchen war ein junger Schnauzhahn, dem sie das Seil über die Hörner warf und sich für ein Jungfer verkaufte; die Hochzeit wurde gehalten; weil aber nach verflossenem Küßmonat genugsam erschien, daß sich beider jungen Eheleute Vermögen und Einkommen nit so weit erstreckte, sie zu unterhalten, wie sie bisher bei ihren Herrn gewohnet gewesen, zumalen eben damal im Land von Luxemburg Mangel an Soldaten erschien, also wurde meiner jungen Frauen Mann ein Kornett, vielleicht deswegen, weil ihm ein anderer den Raum abgehoben und Hörner aufgesetzt hatte. Damal fing ich an ziemlich dürr und

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