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Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Titel: Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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antwortet' mir: »Ich will nicht sagen darum, dieweil teils Offizier selbst mitmachen; sondern es geschieht deswegen, weil es die Soldaten nicht mehr lassen wollen, ja auch nicht lassen können, denn wer sich dem Spielen einmal ergeben oder welchen die Gewohnheit oder vielmehr der Spielteufel eingenommen, der wird nach und nach (er gewinne oder verspiele) so verpicht darauf, daß ers weniger lassen kann als den natürlichen Schlaf; wie man denn siehet, daß etliche die ganze Nacht durch und durch raßlen, und für das beste Essen und Trinken hinein spielen, und sollten sie auch ohne Hemd davongehen: Das Spielen ist bereits zu unterschiedlichen Malen bei Leib- und Lebensstraf verboten und aus Befehl der Generalität durch Rumormeister, Profosen, Henker und Steckenknecht mit gewaffneter Hand öffentlich und mit Gewalt verwehret worden; aber das half alles nichts, denn die Spieler kamen anderwärts in heimlichen Winkeln und hinter den Hecken zusammen, gewannen einander das Geld ab, entzweiten sich und brachen einander die Häls darüber: also daß man solcher Mord- und Todschläg halber und vornehmlich auch, weil mancher sein Gewehr und Pferd, ja sogar sein weniges Kommißbrot verspielte, das Spielen nicht allein wieder öffentlich erlauben, sondern sogar diesen eigenen Platz dazu widmen mußte, damit die Hauptwacht bei der Hand wäre, die allem Unheil, so sich etwa ereignen möchte, vorkäme, welche doch nicht allezeit verhüten kann, daß nicht einer oder der ander auf dem Platz bleibt. Und weil das Spielen des leidigen Teufels eigene Invention ist und ihm nicht wenig einträgt, also hat er auch absonderliche Spielteufel geordnet und in der Welt herumschwärmen, die sonst nichts zu tun haben, als die Menschen zum Spielen anzureizen; diesen ergeben sich unterschiedliche leichtfertige Gesellen durch gewisse Pakte und Bündniss', daß er sie gewinnen lasse; und wird man doch unter zehentausend Spielern selten einen reichen finden, sondern sie sind gewöhnlich im Gegenteil arm und dürftig, weil ihr Gewinn leicht geschätzet und dahero gleich entweder wieder verspielet oder sonst liederlich verschwendet wird. Hiervon ist das allzuwahre, aber sehr erbärmliche Sprichwort entsprungen: Der Teufel verlasse keinen Spieler, er lasse sie aber blutarm werden; denn er raubet ihnen Gut, Mut und Ehr und verläßt sie alsdann nicht mehr, bis er sie endlich auch gar (Gottes unendliche Barmherzigkeit komme ihm denn zuvor) um ihrer Seelen Seligkeit bringt. Ist aber ein Spieler von Natur eines so lustigen Humors und so großmütig, daß er durch kein Unglück oder Verlust zur Melancholei, Unmut und anderen hieraus entspringenden schädlichen Lastern gebracht werden mag, so läßt ihn der arglistige böse Feind deswegen tapfer gewinnen, damit er ihn durch Verschwendung, Hoffart, Fressen, Saufen, Huren und Buben endlich ins Netz bringe.«
    Ich verkreuzigte und versegnete mich, daß man unter einem christlichen Heer solche Sachen üben ließ, die der Teufel erfunden sollt haben, sonderlich weil augenscheinlich und handgreiflich so viel zeitliche und ewige Schäden und Nachteil daraus folgeten; aber mein Hofmeister sagte, das sei noch nichts was er mir erzählt hätte; wer alles Unheil beschreiben wollte, das aus dem Spielen entstände, der nehme sich eine ohnmögliche Sach vor, weil man sagt, der Wurf, wenn er aus der Hand gangen, sei des Teufels, so sollte ich mir nichts anders einbilden, als daß mit jedem Würfel (wenn er aus des Spielers Hand auf dem Mantel oder Tisch daherrolle) ein kleines Teufelchen daherlaufe, welches ihn regiere und Augen geben lasse, wie es seiner Prinzipalen Interesse erfordere. Dabei sollte ich bedenken, daß sich der Teufel freilich nicht umsonst des Spielens so eifrig annehme, sondern ohne Zweifel seinen trefflichen Gewinn dabei zu schöpfen wisse. »Dabei merke ferner, daß gleichwie neben dem Spielplatz auch einige Schacherer und Juden zu stehen pflegen, die von den Spielern wohlfeil aufkaufen, was sie etwa an Ringen, Kleidern oder Kleinodien gewonnen oder noch zu verspielen versilbern wollen, daß eben also auch allhier die Teufel aufpassen, damit sie bei den abgefertigten Spielern, sie haben gleich gewonnen oder verloren, andere seelenverderbliche Gedanken erregen und hegen; bei den Gewinnern zwar bauet er schreckliche Schlösser in die Luft, bei denen aber so verspielt haben, deren Gemüt ohnedas ganz verwirrt und desto bequemer ist, seine schädlichen Eingebungen anzunehmen, setzet er ohne Zweifel lauter

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