Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch
solche Gedanken und Anschläg, die auf nichts anders als das endliche Verderben zielen. Ich versichere dich, Simplici, daß ich willens bin, von dieser Materi ein ganz Buch zu schreiben, sobald ich wieder bei den Meinigen zu Ruhe komme, da will ich den Verlust der edlen Zeit beschreiben, die man mit dem Spielen unnütz hinbringet; nicht weniger die grausamen Flüch, mit welchen man Gott bei dem Spielen lästert; ich will die Scheltwort erzählen, mit welchen man einander antastet, und viel schreckliche Exempel und Historien mit einbringen, die sich bei, mit und in dem Spielen zutragen; dabei ich denn die Duell und Totschläg, so Spielens wegen entstanden, nicht vergessen will; ja ich will den Geiz, den Zorn, den Neid, den Eifer, die Falschheit, den Betrug, die Vorteilsucht, den Diebstahl und mit einem Wort alle unsinnigen Torheiten beides der Würfel- und Kartenspieler mit ihren lebendigen Farben dermaßen abmalen und vor Augen stellen, daß diejenigen, die solches Buch nur einmal lesen, ein solch Abscheuen vor dem Spielen gewinnen sollen, als wenn sie Saumilch (welche man den Spielsüchtigen wider solche ihre Krankheit ohnwissend eingibt) gesogen hätten. Und also damit der ganzen Christenheit dartun, daß der liebe Gott von einer einzigen Compagnia Spieler mehr gelästert, als sonst von einer ganzen Armee bedienet werde.« Ich lobte seinen Vorsatz und wünschte ihm Gelegenheit, daß er solchen ins Werk setzen möchte.
Das 21. Kapitel
Ist etwas kürzer, und kurzweiliger als das vorige
Mein Hofmeister wurde mir je länger je holder und ich ihm hingegen wiederum, doch hielten wir unsere Vertraulichkeit sehr geheim, ich agierte zwar einen Narrn, brachte aber keine groben Zoten noch Büffelspossen vor, so daß meine Gaben und Aufzüg zwar einfältig genug, aber jedoch mehr sinnreich als närrisch fielen. Mein Obrister, der ein treffliche Lust zum Waidwerk trug, nahm mich einsmals mit, als er ausspazierte Feldhühner zu fangen mit dem Tyras, welche Invention mir trefflich wohl gefiel; dieweil aber der vorstehende Hund so hitzig war, daß er einzufallen pflegte, ehe man tyrassieren konnte, deswegen wir denn wenig fangen konnten, da gab ich dem Obristen den Rat, er sollte die Hündin mit einem Falken oder Steinadler belegen lassen, wie man mit Pferden und Eseln zu tun pflege, wenn man gerne Maultier hätte, damit die jungen Hund Flügel bekämen, so könnte man alsdann mit denselbigen die Hühner in der Luft fangen. Auch gab ich den Vorschlag, weil es mit Eroberung der Stadt Magdeburg, die wir belagert hielten, so schläferig herging, man sollte ein mächtig langes Seil, so dick als ein halbfüderiges Faß verfertigen, solches um die Stadt ziehen und alle Menschen samt dem Vieh in beiden Lagern daranspannen und dergestalt die Stadt in einem Tag übern Haufen schleifen lassen. Solcher närrischen Tauben und Grillen ersann ich täglich einen Überfluß, weil es meines Handwerks war, so daß man meine Werkstatt nie leer fand: So gab mir auch meines Herrn Schreiber, der ein arger Gast und durchtriebener Schalk war, viel Materi an die Hand, dadurch ich auf dem Weg unterhalten wurde, den die Narren zu wandeln pflegen, denn was mich dieser Speivogel überredete, das glaubte ich nicht allein für mich selbsten, sondern teilte es auch andern mit, wenn ich etwa diskurrierte und sich die Sach dahin schickte.
Als ich ihn einsmals fragte, was unser Regimentskaplan für einer sei, weil er mit Kleidungen von andern unterschieden? sagte er: »Es ist der Herr Dicis et non facis, das ist auf teutsch so viel geredt, als ein Kerl, der andern Leuten Weiber gibt und selbst keine nimmt. Dieser ist den Dieben spinnenfeind, weil sie nicht sagen was sie tun, er aber hingegen sagt, was er nicht tut; so können ihm hingegen die Dieb auch nicht so gar hold sein, weil sie gemeiniglich gehenkt werden, wenn sie die beste Kundschaft mit diesen Leuten haben.« Da ich nun nachgehends den guten ehrlichen Pater so nennete, wurde er ausgelacht, ich aber für einen bösen schalkhaftigen Narrn gehalten, und seinetwegen gebaumölt. Ferners überredet' er mich, man hätte die öffentlichen gemeinen Häuser zu Prag hinter der Mauer abgebrochen und verbrennet, davon die Funken und der Staub, wie der Samen eines Unkrauts, in alle Welt zerstoben wäre. Item, es kämen von den Soldaten keine tapferen Helden und herzhaften Kerl in Himmel, sondern lauter einfältige Tropfen, Bärnhäuter und dergleichen, die sich an ihrem Sold genügen ließen; sodann keine
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