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Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Titel: Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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in sich selbst hätten verbergen wollen; diejenigen aber, so Courage hatten und mehr bei dergleichen Scherz gewesen, ließen solche ohnverblichen über sich hinstreichen. Im Treffen selbst aber suchte ein jeder seinem Tod mit Niedermachung des Nächsten, der ihm aufstieß, vorzukommen, das greuliche Schießen, das Geklapper der Harnisch, das Krachen der Piken und das Geschrei beides der Verwundten und Angreifenden machten neben den Trompeten, Trommeln und Pfeifen ein erschreckliche Musik! da sah man nichts als einen dicken Rauch und Staub, welcher schien, als wollte er die Abscheulichkeit der Verwundten und Toten bedecken, in demselbigen hörete man ein jämmerliches Weheklagen der Sterbenden und ein lustiges Geschrei derjenigen, die noch voller Mut staken, die Pferd selbst hatten das Ansehen, als wenn sie zu Verteidigung ihrer Herrn je länger je frischer würden, so hitzig erzeugten sie sich in dieser Schuldigkeit, welche sie zu leisten genötiget waren, deren sah man etliche unter ihren Herrn tot daniederfallen, voller Wunden, welche sie unverschuldter Weis zu Vergeltung ihrer getreuen Dienste empfangen hatten; andere fielen um gleicher Ursach willen auf ihre Reuter und hatten also in ihrem Tod die Ehr, daß sie von denjenigen getragen wurden, welche sie in währendem Leben tragen müssen; wiederum andere, nachdem sie ihrer herzhaften Last, die sie kommandiert hatte, entladen worden, verließen die Menschen in ihrer Wut und Raserei, rissen aus und suchten im weiten Feld ihr erste Freiheit: Die Erde, deren Gewohnheit ist, die Toten zu bedecken, war damals an selbigem Ort selbst mit Toten überstreut, welche auf unterschiedliche Manier gezeichnet waren, Köpf lagen dorten, welche ihre natürlichen Herren verloren hatten, und hingegen Leiber, die ihrer Köpf mangleten; etliche hatten grausam- und jämmerlicher Weis das Ingeweid heraus, und andern war der Kopf zerschmettert und das Hirn zerspritzt; da sah man, wie die entseelten Leiber ihres eigenen Geblüts beraubet und hingegen die lebendigen mit fremdem Blut beflossen waren, da lagen abgeschossene Arm, an welchen sich die Finger noch regten, gleichsam als ob sie wieder mit in das Gedräng wollten, hingegen rissen Kerles aus, die noch keinen Tropfen Blut vergossen hatten, dort lagen abgelöste Schenkel, welche ob sie wohl der Bürde ihres Körpers entladen, dennoch viel schwerer worden waren als sie zuvor gewesen; da sah man zerstümmelte Soldaten um Beförderung ihres Tods, hingegen andere um Quartier und Verschonung ihres Lebens bitten. Summa Summarum, da war nichts anders als ein elender jämmerlicher Anblick! Die schwedischen Sieger trieben unsere Überwundenen von der Stell, darauf sie so unglücklich gefochten, nachdem sie solche zuvor zertrennt hatten, sie mit ihrer schnellen Verfolgung vollends zerstreuend. Bei welcher Bewandtnis mein Herr Profos mit seinen Gefangenen auch nach der Flucht griff, wiewohl wir mit einziger Gegenwehr um die Überwinder keine Feindseligkeit verdient hatten; und indem er Profos uns mit dem Tod bedrohete und also nötigte samt ihm durchzugehen, jagte der junge Herzbruder daher mit noch fünf Pferden und grüßte ihn mit einer Pistoln: »Sehe da, du alter Hund«, sagte er, »ists noch Zeit, junge Hündlein zu machen? Ich will dir deine Mühe bezahlen!« Aber der Schuß beschädigt' den Profosen so wenig als einen stählernen Amboß; »Oho bist du der Haar'? sagt' Herzbruder, »ich will dir nicht vergeblich zu Gefallen herkommen sein, du mußt sterben, und wäre dir gleich die Seel angewachsen!« nötigt' darauf einen Musketierer von des Profosen bei sich gehabter Wacht, daß er ihn, dafern er anderst selbst Quartier haben wollte, mit einer Axt zu Tod schlug. Also bekam der Profos seinen Lohn, ich aber wurde von Herzbruder erkannt, welcher mich meiner Ketten und Band entledigen, auf ein Pferd setzen und durch seinen Knecht in Sicherheit führen ließ.

Das 28. Kapitel
    Von einer großen Schlacht, in welcher der Triumphator über dem Obsiegen gefangen wird
    Gleichwie mich nun meines Erretters Knecht aus fernerer Gefahr führete, also ließ sich sein Herr hingegen erst durch Begierd der Ehr und Beut recht hineintreiben, allermaßen er sich so weit verhauen, daß er gefangen wurde. Demnach die sieghaften Überwinder die Beuten teilten und ihre Toten begruben, mein Herzbruder aber manglete, erbte dessen Rittmeister mich mitsamt seinem Knecht und Pferden, bei welchem ich mich für einen Reuterjungen mußte gebrauchen lassen, wofür ich

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