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Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Titel: Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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Rittmeister würde übel mit mir gespielet haben, wenn er mich erkannt und einmal bei seiner schönen Frauen über dem Flöhfangen ertappt hätte. Was sollt ich tun? Ich beschloß endlich dieselbe Nacht, mich dem Knecht zu offenbaren, sobald es Tag würde, denn ich gedachte, »seine Liebsregungen werden sich alsdann legen, und wenn du ihm von deinen Dukaten spendierest, so wird er dir wieder zu einem Mannskleid und also in demselbigen aus allen deinen Nöten helfen.« Es wäre wohl ausgesonnen gewesen, wenn nur das Glück gewollt hätte, aber es war mir zuwider.
    Mein Hans ließ sich gleich nach Mitternacht tagen, das Jawort zu holen, und fing an am Wagen zu rapplen, als ich eben anfing am allerstärksten zu schlafen; er rief etwas zu laut: »Sabina, Sabina, ach mein Schatz steht auf und halt mir Euer Versprechen!« also daß er den Rittmeister eher als mich damit erweckte, weil er sein Zelt am Wagen stehen hatte; diesem wurde ohne Zweifel grün und gelb vor den Augen, weil ihn die Eifersucht ohnedas zuvor eingenommen, doch kam er nicht heraus unser Tun zu zerstören, sondern stand nur auf, zu sehen wie der Handel ablaufen wollte; zuletzt weckte mich der Knecht mit seiner Importunität und nötigte mich, entweder aus dem Wagen zu ihm zu kommen oder ihn zu mir einzulassen, ich aber schalt ihn aus und fragte, ob er mich denn für eine Hur ansehe? meine gestrige Zusag sei auf den Ehestand gegründet, außer dessen er meiner nicht teilhaftig werden könnte; er antwort, so sollte ich jedennoch aufstehen, weil es anfing' zu tagen, damit ich dem Gesind das Essen beizeiten verfertigen könnte, er wollte Holz und Wasser holen und mir das Feuer zugleich anmachen; ich antwortet: »Wenn du das tun willst, so kann ich desto länger schlafen, gehe nur hin, ich will bald folgen.« Weil aber der Narr nicht ablassen wollte, stund ich auf, mehr meine Arbeit zu verrichten, als ihm viel zu hofieren, sintemal wie mich deuchte ihn die gestrige verzweifelte Torheit wieder verlassen hatte. Ich konnte sonst ziemlich wohl für eine Magd im Feld passiern, denn Kochen, Backen und Waschen hatte ich bei den Kroaten gelernet, so pflegen die Soldatenweiber ohnedas im Feld nicht zu spinnen, was ich aber sonst für Frauenzimmerarbeit nicht konnte, als wenn ich etwa die Frau bürsten und Zöpf machen sollte, das übersah mir meine Rittmeisterin gern, denn sie wußte wohl, daß ichs nicht gelernet.
    Wie ich nun mit meinem hinter sich gestreiften Ärmeln vom Wagen herabstieg, wurde mein Hans durch meine weißen Arm so heftig inflammiert, daß er sich nicht abbrechen konnte mich zu küssen, und weil ich mich nicht sonderlich wehrte, vermochte es der Rittmeister, vor dessen Augen es geschah, nicht zu erdulden, sondern sprang mit bloßem Degen aus dem Zelt, meinem armen Liebhaber einen Fang zu geben, aber er ging durch und vergaß das Wiederkommen; der Rittmeister aber sagte zu mir: »Du Bluthur, ich will dich lehren« etc. mehrers konnte er vor Zorn nicht sagen, sondern schlug auf mich zu, als wenn er unsinnig gewesen wäre; ich fing an zu schreien, darum mußte er aufhören, damit er keinen Alarm erregte, denn beide Armeen, die sächsische und kaiserliche, lagen damals beieinander, weil sich die schwedische unter dem Banier näherte.

Das 26. Kapitel
    Wie er für einen Verräter und Zauberer gefangen gehalten wird
    Als es nun Tag worden, gab mich mein Herr den Reuterjungen preis, eben als beide Armeen völlig aufbrachen; das war nun ein Schwarm von Lumpengesind und dahero die Hatz desto größer und erschrecklicher, die ich auszustehen hatte; sie eileten mit mir einem Busch zu, ihre viehischen Begierden desto besser zu sättigen, wie denn diese Teufelskinder im Brauch haben, wenn ihnen ein Weibsbild dergestalt übergeben wird: so folgeten ihnen auch sonst viel Bursch nach, die dem elenden Spaß zusahen, unter welchen mein Hans auch war, dieser ließ mich nicht aus den Augen und als er sah, daß es mir gelten sollte, wollte er mich mit Gewalt erretten und sollte es seinen Kopf kosten; er bekam Beiständer, weil er sagte, daß ich sein versprochene Braut wäre, diese trugen ein Mitleiden mit mir und ihm und begehrten ihm Hilf zu leisten; solches war aber den Jungen, die besser Recht zu mir zu haben vermeinten und ein so gute Beut nicht aus Händen lassen wollten, allerdings ungelegen, derowegen gedachten sie Gewalt mit Gewalt abzutreiben, da fing man an Stöß auszuteilen von beiden Seiten her, der Zulauf und der Lärmen wurde je länger je größer, also

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