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Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Titel: Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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zerlumpt dahergehen mußte.
    Aber gleichwie mich das Unglück haufenweis überfiel, da es anfing mich hiebevor zu reiten, also bedünkte mich auch jetzt, das Glück wollte es wieder wett spielen: Denn als mich mein Herr nach Soest schickte, seine Bagage vollends zu holen, fand ich unterwegs einen Pack und in demselben etliche Ellen Scharlach zu einem Mantel, samt rotem Sammet zum Futter, das nahm ich mit und vertauschte es zu Soest mit einem Tuchhändler um gemein grün wollen Tuch zu einem Kleid samt der Ausstaffierung, mit dem Geding, daß er mir solches Kleid auch machen lassen und noch dazu einen neuen Hut aufgeben sollte; und demnach mir nur noch ein Paar neuer Schuh und ein Hemd abging, gab ich dem Krämer die silbernen Knöpf und Galaunen auch, die zu dem Mantel gehörten, wofür er mir dann schaffte, was ich noch brauchte, und mich also nagelneu herausputzte. Also kehrte ich wieder ins Paradeis zu meinem Herrn, welcher gewaltig kollerte, daß ich ihm den Fund nicht gebracht hatte, ja er sagte mir vom Prügeln und hätte ein geringes genommen (wenn er sich nicht geschämt und ihm das Kleid gerecht gewesen wäre) mich auszuziehen und das Kleid selbst zu tragen, wiewohl ich mir eingebildet, gar wohl gehandelt zu haben.
    Indessen mußte sich der karge Filz schämen, daß sein Jung besser gekleidet war als er selbsten, derowegen ritt er nach Soest, borgte Geld von seinem Hauptmann und montierte sich damit aufs beste, mit Versprechen, solches von seinen wöchentlichen Salvaguardi-Geldern wieder zu erstatten, welches er auch fleißig tat, er hätte zwar selbsten noch wohl soviel Mittel gehabt, er war aber viel zu schlau sich anzugreifen, denn hätte ers getan, so wäre ihm die Bärnhaut entgangen, auf welcher er denselbigen Winter im Paradeis liegen konnte, und wäre ein anderer nackender Kerl an seine Statt gesetzt worden, mit der Weis aber mußte ihn der Hauptmann wohl liegen lassen, wollte er anders sein ausgeliehen Geld wieder haben. Von dieser Zeit an hatten wir das allerfaulste Leben von der Welt, in welchem Keglen unser allergrößte Arbeit war, wenn ich meines Dragoners Klepper gestriegelt, gefuttert und getränkt hatte, so trieb ich das Junkernhandwerk und ging spazieren; das Kloster war auch von den Hessen, unserm Gegenteil, von der Lippstadt aus mit einem Musketier salvaguardiert, derselbe war seines Handwerks ein Kürschner und dahero nicht allein ein Meistersänger, sondern auch ein trefflicher Fechter, und damit er seine Kunst nicht vergäße, übte er sich täglich mit mir für die lange Weil in allen Gewehren, wovon ich so fix wurde, daß ich mich nicht scheute ihm Bescheid zu tun, wenn er wollte; mein Dragoner aber kegelte anstatt des Fechtens mit ihm, und zwar um nichts anders, als wer über Tisch das meiste Bier aussaugen mußte, damit ging eines jeden Verlust übers Kloster.
    Das Stift vermochte ein eigene Wildbahn und hielt dahero auch einen eigenen Jäger, und weil ich auch grün gekleidet war, gesellete ich mich zu ihm und lernete ihm denselben Herbst und Winter alle seine Künste ab, sonderlich was das kleine Waidwerk anbelangt. Solcher Ursachen halber und weil der Nam Simplicius etwas ungewöhnlich und den gemeinen Leuten vergeßlich oder sonst schwer auszusprechen war, nennete mich jedermann ›dat Jäjerken‹; dabei wurden mir alle Weg und Steg bekannt, welches ich mir hernach trefflich zunutz machte; wenn ich aber wegen üblen Wetters in Wäldern und Feldern nicht herum konnte schwärmen, so las ich allerhand Bücher, die mir des Klosters Verwalter leihete. Sobald aber die adeligen Klosterfrauen gewahr wurden, daß ich neben meiner guten Stimm auch auf der Lauten und etwas wenigs auf dem Instrument schlagen konnte, ermaßen sie auch mein Tun desto genauer, und weil eine ziemliche Leibsproportion und schönes Angesicht dazukam, hielten sie alle mein Sitten, Wesen, Tun und Lassen für adelig, dergestalt nun mußte ich ohnversehens ein sehr beliebter Junker sein, über welchem man sich verwundert', daß er sich bei einem so liederlichen Dragoner behülfe.
    Als ich nun solchergestalt denselben Winter in aller Wollust hingebracht hatte, wurde mein Herr abgelöst, welches ihm auf das gute Leben so and tat, daß er darüber erkrankte, und weil auch ein starkes Fieber dazuschlug, zumalen auch die alten Mucken, die er sein Lebtag im Krieg aufgefangen, dazukamen, machte ers kurz, allermaßen ich in drei Wochen hernach etwas zu begraben hatte; ich machte ihm diese Grabschrift:
Der Schmalhans lieget

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