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Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Titel: Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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nichts hatte als diese Promessen, wenn ich mich wohlhielte und ein wenig besser meiner Jugend entginge, daß er mich alsdann aufsetzen, das ist, zu einem Reuter machen wollte, womit ich mich denn also dahin gedulden mußte.
    Gleich hernach wurde mein Rittmeister zum Obristleutnant vorgestellt, ich aber bekam das Amt bei ihm, welches David vor alten Zeiten bei dem König Saul vertreten, denn in den Quartieren schlug ich auf der Lauten und im Marschieren mußte ich ihm seinen Küraß nachführen, welches mir ein beschwerliche Sach war; und ob zwar diese Waffen ihren Träger vor feindlichen Püffen zu beschützen erfunden worden, so befand ich jedoch allerdings das Widerspiel, weil mich meine eigenen Jungen, die ich ausheckte, unter ihrem Schutz desto sicherer verfolgten, darunter hatten sie ihren freien Paß, Spaß und Tummelplatz, so daß es das Ansehen hatte, als ob ich den Harnisch ihnen und nicht mir zur Beschützung antrüge, sintemal ich mit meinen Armen nicht darunterkommen und keinen Streif unter sie tun konnte. Ich war auf allerhand Strategemata bedacht, wie ich diese Armada vertilgen möchte, aber ich hatte weder Zeit noch Gelegenheit sie durchs Feuer (wie in den Backöfen geschieht) noch durchs Wasser oder durch Gift (maßen ich wohl wußte, was das Quecksilber vermochte) auszurotten; viel weniger vermochte ich die Mittel, sie durch ein ander Kleid oder weiße Hemden abzuschaffen, sondern mußte mich mit ihnen schleppen und Leib und Blut zum besten geben; wenn sie mich dann so unter dem Harnisch plagten und nagten, so wischte ich mit einer Pistoln heraus, als ob ich hätte Kuglen mit ihnen wechseln wollen, nahm aber nur den Ladstecken und stieß sie damit von der Kost; endlich erfand ich die Kunst, daß ich einen Pelzfleck darum wickelte und ein artlich Klebgarn für sie zurichtete, wenn ich dann mit dieser Lausangel unter den Harnisch fuhr, fischte ich sie dutzendweis aus ihrem Vorteil, welchen ich miteinander die Häls über das Pferd abstürzte, es mochte aber wenig erklecken.
    Einsmals wurde mein Obristleutnant kommandiert, eine Cavalcada mit einer starken Partei nach Westfalen zu tun, und wäre er damals so stark an Reutern gewesen als ich an Läusen, so hätte er die ganze Welt erschreckt; weil solches aber nicht war, mußte er behutsam gehen, auch solcher Ursachen halber sich in der Gemmer Mark (das ist ein so genannter Wald zwischen Hamm und Soest) heimlich halten; damals wars mit den Meinigen aufs höchste kommen, sie quälten mich so hart mit Minieren, daß ich sorgte, sie möchten sich gar zwischen Fell und Fleisch hineinlogieren. Kein Wunder ists, daß die Brasilianer ihre Läus aus Zorn und Rachgier fressen, weil sie einen so drängen! Einmal, ich getraute meine Pein nicht länger zu gedulden, sondern ging als teils Reuter fütterten, teils schliefen und teils Schildwacht hielten ein wenig beiseits unter einen Baum, meinen Feinden eine Schlacht zu liefern; zu solchem End zog ich den Harnisch aus, unangesehen andere denselben anziehen, wenn sie fechten wollen, und fing ein solches Würgen und Morden an, daß mir gleich beide Schwerter an den Daumen von Blut trieften und voller toter Körper oder vielmehr Bälg hingen; welche ich aber nicht umbringen mochte, die verwies ich ins Elend und ließ sie unter dem Baum herumspazieren. So oft mir diese Rencontre zu Gedächtnis kommt, beißt mich die Haut noch allenthalben natürlich als ob ich noch mitten in der Schlacht begriffen wäre. Ich dachte zwar, ich sollte nicht so wider mein eigen Geblüt wüten, vornehmlich wider so getreue Diener, die sich mit einem henken und radbrechen ließen und auf deren Menge ich oft im freien Feld auf harter Erde sanft gelegen wäre; aber ich fuhr doch in meiner Tyrannei so unbarmherzig fort, daß ich auch nicht gewahr wurde, wie die Kaiserlichen meinen Obristleutnant chargierten, bis sie endlich auch an mich kamen, die armen Läus entsetzten und mich selbst gefangen nahmen; denn diese scheuten meine Mannheit gar nicht, vermittelst deren ich kurz zuvor viel tausend erlegt und den Titel eines Schneiders (sieben auf einen Streich) überstiegen hatte. Mich kriegte ein Dragoner, und die beste Beut die er von mir hatte war meines Obristleutnants Küraß, welchen er zu Soest, da er im Quartier lag, dem Kommandanten ziemlich wohl verkaufte. Also wurde er im Krieg mein sechster Herr, weil ich sein Jung sein mußte.

Das 29. Kapitel
    Wie es einem frommen Soldaten im Paradeis so wohl erging, ehe er starb, und wie nach dessen Tod

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