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Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Titel: Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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der Jäger an seine Stell getreten
    Unsere Wirtin, wollte sie nicht, daß ich sie und ihr ganzes Haus mit meinen Völkern besetzte, so mußte sie mich auch davon entledigen; sie machte ihnen den Prozeß kurz und gut, steckt' meine Lumpen in Backofen und brennet' sie so sauber aus wie eine alte Tabakpfeife, also daß ich wieder dies Unziefers halber wie in einem Rosengarten lebte, ja es kann niemand glauben, wie mir so wohl war, da ich aus dieser Qual war, in welcher ich etlich Monat wie in einem Ameishaufen gesessen; hingegen hatte ich gleich ein ander Kreuz auf dem Hals, weil mein Herr einer von denjenigen Soldaten war, die in Himmel zu kommen getrauen, er ließ sich glatt an seinem Sold genügen und betrübte im übrigen kein Kind, sein ganze Prosperität bestund in dem was er mit Wachen verdienet' und von seiner wöchentlichen Löhnung erkargte, solches wiewohl es wenig war hub er höher auf als mancher die orientalischen Perlen, einen jeden Blomeiser nähete er in seine Kleider, und damit er deren einige in Vorrat kriegen möchte, mußte ich und sein armes Pferd dran sparen helfen, davon kams, daß ich den treugen Pumpernickel gewaltig beißen und mich mit Wasser oder wenns wohl ging mit dünn Bier behelfen mußte, welches mir ein abgeschmackte Sach war, maßen mir meine Kehl von dem schwarzen trockenen Brot ganz rauh und mein ganzer Leib ganz mager wurde; wollt ich aber besser fressen, so mochte ich stehlen, aber mit ausdrücklicher Bescheidenheit, daß er nichts davon inne würde: Seinethalben hätte man weder Galgen, Esel, Henker, Steckenknecht noch Feldscherer bedurft, auch keine Marketender noch Trommelschläger, die den Zapfenstreich getan hätten, denn sein ganzes Tun war fern von Fressen, Saufen, Spielen und allen Duellen, wenn er aber irgends hin auf Convoi, Partei oder sonst einen Anschlag kommandiert wurde, so schlendert' er mit dahin wie ein alt Weib am Stecken. Ich glaube auch gänzlich, wenn dieser gute Dragoner solche heroischen Soldatentugenden nicht an sich gehabt, daß er mich auch nicht gefangen bekommen hätte, denn er wäre meinem Obristleutnant nachgerennt. Ich hatte mich keines Kleids bei ihm zu getrösten, weil er selbst über und über zerflickt daherging, gleichsam wie mein Einsiedel; so war sein Sattel und Zeug auch kaum drei Batzen wert und das Pferd von Hunger so hinfällig, daß sich weder Schwed noch Heß vor seinem dauerhaften Nachjagen zu fürchten hatte.
    Solches alles bewegte seinen Hauptmann, ihn ins Paradeis, ein so genanntes Frauenkloster, auf Salvaguardi zu legen, nicht zwar, als wäre er viel nutz dazu gewesen, sondern damit er sich begrasen und wieder montieren sollte, vornehmlich aber auch, weil die Nonnen um einen frommen, gewissenhaften und stillen Kerl gebeten hatten. Also ritt er dahin, und ich ging mit, weil er leider nur ein Pferd hatte: »Potz Glück Simbrecht«, (denn er konnte den Namen Simplicius nicht behalten) sagte er unterwegs, »kommen wir in das Paradeis, wie wollen wir fressen!« Ich antwortet: »Der Nam ist ein gut Omen, Gott geb daß der Ort auch so beschaffen sei.« »Freilich«, sagte er (denn er verstund mich nicht recht), »wenn wir alle Tag zwei Ohmen von dem besten Bier saufen könnten, so wirds uns nicht abgeschlagen, halt dich nur wohl, ich will mir jetzt bald ein braven neuen Mantel machen lassen, alsdann hast du den alten, das gibt dir noch einen guten Rock.« Er nennet' ihn recht den alten, denn ich glaub, daß ihm die Schlacht vor Pavia noch gedachte, so gar wetterfarbig und abgeschabt sah er aus, also daß er mich wenig damit erfreute.
    Das Paradeis fanden wir, wie wirs begehrten, und noch darüber anstatt der Engel schöne Jungfrauen darinnen welche uns mit Speis und Trank also traktierten, daß ich in Kürze wieder einen glatten Balg bekam, denn da setzte es das fetteste Bier, die besten westfälischen Schinken und Knackwürst, wohlgeschmack und sehr delikat Rindfleisch, das man aus dem Salzwasser kochte und kalt zu essen pflegte; da lernete ich das schwarze Brot fingerdick mit gesalzener Butter schmieren und mit Käs belegen, damit es desto besser rutschte, und wenn ich so über einen Hammelskolben kam, der mit Knoblauch gespickt war und ein gute Kanne Bier daneben stahn hatte, so erquickte ich Leib und Seel und vergaß all meines ausgestandenen Leids. In Summa, dies Paradeis schlug mir so wohl zu, als ob es das rechte gewesen wäre; kein ander Anliegen hatte ich, als daß ich wußte, daß es nicht ewig währen würde, und daß ich so

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