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Der Abgrund

Titel: Der Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baldacci
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würde - bevor sie es tat, um ihn nicht zu erschrecken. Vorsichtig ergriff sie sie. Die Hand war schlaff. Sie ließ sie wieder los.
    »Sie sind jetzt fast am unteren Ende der Rolltreppe angelangt. Gleich steigen Sie ab. Tiefste Entspannung, wie nichts, was Sie je zuvor gefühlt haben. Sie ist vollkommen.«
    Erneut nahm sie seine Hand, nachdem sie ihn gewarnt hatte. »Was ist Ihre Lieblingsfarbe?«
    »Grün«, sagte er leise.
    »Grün, eine schöne, beruhigende Farbe. Wie Gras. Ich drücke jetzt einen Ballon, einen grünen Ballon in Ihre Hand. Ich mache das genau jetzt. Spüren Sie es?«
    Web nickte.
    »Jetzt pumpe ich ihn mit Helium auf. Wie Sie wissen, ist Helium leichter als Luft. Ich pumpe nun den grünen Ballon auf. Er wird immer voller. Er beginnt zu steigen. Er wird voller.«
    Claire beobachtete, wie sich Webs Arm von der Lehne des Sessels hob, als würde sie von einem imaginären Ballon getragen.
    »Wenn ich jetzt bis drei gezählt habe, wird Ihre Hand auf den Sessel zurückfallen.« Sie zählte bis drei, und seine Hand fiel zurück auf die Lehne. Sie wartete ungefähr dreißig Sekunden und sagte dann: »Ihre Hand wird jetzt kalt, sehr kalt, ich glaube, ich kann Frostbeulen sehen.«
    Sie sah zu, wie sich Webs Hand wand und er sie schüttelte. »In Ordnung, jetzt ist es fort, alles ist wieder normal, ganz warm.« Die Hand entspannte sich.
    Normalerweise wäre Claire nicht derart sorgfältig mit Web durch diese verschiedenen Phasen gegangen, die die Entspannung vertieften. Doch seine ersten Reaktionen hatten in ihr eine Vermutung geweckt, die sich nun bestätigt fand. Sie wusste, dass zwischen fünf und zehn Prozent der allgemeinen Bevölkerung hochgradig empfänglich für Hypnose waren und ein weiterer, gleich hoher Prozentsatz hochgradig resistent dagegen. Doch nur wenige Menschen waren so genannte natürliche Medien; das heißt, sie waren derart beeinflussbar, dass sie in diesem Stadium körperliche Empfindungen zeigten, und Web war einer davon. Von diesen Menschen konnte man auch erwarten, dass sie posthypnotische Befehle zuverlässig ausführten. Und überraschenderweise ließen sich sehr intelligente Menschen oft am einfachsten hypnotisieren.
    »Web, können Sie mich hören?«
    Er nickte.
    »Web, hören Sie genau auf meine Stimme. Konzentrieren Sie sich auf meine Stimme. Entspannen Sie sich weiter. Sie halten jetzt eine Videokamera in der Hand. Sie sind der Kameramann. Nur das, was Sie durch die Linse sehen, können Sie und ich jetzt sehen. Haben Sie verstanden, Herr Kameramann?«
    Wieder nickte er.
    »Okay, meine Aufgabe ist es, Sie in der Zeit herumzuführen, aber Sie bestimmen alles Weitere. Durch die Kamera können Sie in andere Leute hineinblicken, sehen, was sie vorhaben. Die Kamera hat ein Mikrofon, so dass wir auch etwas hören können. Alles klar?«
    Er nickte.
    »Sie machen das so gut, Herr Kameramann. Ich bin sehr stolz auf Sie.«
    Als Therapeutin, die seine Hintergrundgeschichte kannte, wusste Claire genau, auf welche Bereiche seiner Vergangenheit sie sich konzentrieren musste, um ihm zu helfen. Seine tief greifendsten psychologischen Probleme rührten nicht vom Tode seiner HRT-Kollegen her. Sie stammten direkt aus der Dreiecksbeziehung zwischen seiner Mutter, seinem Stiefvater und ihm. Doch ihr erster Halt in Webs Vergangenheit musste noch weiter zurückliegen.
    »Ich möchte, dass Sie zum achten März neunzehnhundertneunundsechzig zurückgehen, Herr Kameramann. Können Sie mich dorthin bringen?«
    Web antwortete eine Zeit lang nicht. Dann sagte er: »Ja.«
    »Sagen Sie mir, was Sie sehen, Herr Kameramann.« Sie wusste, dass der achte März sein Geburtstag war. Im Jahr 1969 würde Web sechs Jahre alt werden. Wahrscheinlich war dies das letzte Jahr gewesen, in dem er mit seinem leiblichen Vater, Harry Sullivan, zusammen gewesen war. Sie wollte ein Fundament für Web mit diesem Mann errichten, eine angenehme Erinnerung, und eine Geburtstagsfeier für einen kleinen Jungen war dazu hervorragend geeignet. »Der entspannte Herr Kameramann wird nun die Schärfe einstellen und herumschwenken. Wen sehen Sie?«, fragte sie.
    »Ich sehe ein Haus. Ich sehe einen Raum. Einen Raum mit niemandem darin.«
    »Konzentrieren Sie sich, schwenken Sie die Kamera umher. Sehen Sie denn niemanden? Der achte März neunzehnhundertneunundsechzig.« Sie hatte plötzlich Angst, dass es keine Geburtstagsfeier für Web gegeben hatte.
    »Warten Sie mal«, sagte Web. »Warten Sie mal, ich sehe was.«
    »Was sehen

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