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Der Abgrund

Titel: Der Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baldacci
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Sie?«
    »Einen Mann - nein, eine Frau. Sie ist hübsch, sehr hübsch. Sie hat einen Hut auf, einen lustigen Hut, und sie trägt einen Kuchen mit Kerzen.«

    »Hört sich an, als hätte jemand eine Party. Ist es ein Junge oder ein Mädchen, Herr Kameramann?«
    »Ein Junge. Ja, und jetzt kommen andere Leute heraus, als hätten sie sich versteckt. Sie rufen etwas, sie rufen >Happy Birthday!<.«
    »Das ist großartig, Web, ein kleiner Junge feiert eine Geburtstagsparty. Wie sieht er aus?«
    »Er hat dunkles Haar. Er bläst all die Kerzen auf dem Kuchen aus. Jeder singt Happy Birthday.«
    »Hört dieser Junge auch einen Daddy singen? Wie sieht's mit Daddy aus, Herr Kameramann?«
    »Ich sehe ihn. Ich sehe ihn.« Webs Gesicht wurde rot, und sein Atem beschleunigte sich. Claire beobachtete seine körperlichen Signale ganz genau. Sie würde Web keinem körperlichen oder psychischen Risiko aussetzen. So weit würde sie nicht gehen.
    »Wie sieht er aus?«
    »Er ist groß, sehr groß. Größer als alle anderen dort. Ein Riese.«
    »Und was passiert zwischen dem Jungen und seinem riesigen Daddy, Herr Kameramann?«
    »Der Junge rennt zu ihm. Und der Mann nimmt ihn hoch auf seine Schultern, als würde er überhaupt nichts wiegen.«
    »Oh, also ein starker Daddy.«
    »Er küsst den Jungen, sie tanzen im Zimmer umher und singen irgendein Lied.«
    »Hören Sie genau zu, Herr Kameramann, stellen Sie die Lautstärke am Mikrofon lauter. Können Sie irgendetwas verstehen?«
    Zunächst schüttelte Web den Kopf, dann nickte er.  »Eyes,  shining eyes.«
    Claire durchforstete ihre Erinnerungen, und dann fiel es ihr ein: Harry Sullivan, der Ire. »Irish  eyes.  Irish  eyes are  smiling?«
    »Genau! Aber nein, er hat seinen eigenen Text zu dem Lied erfunden, und er ist witzig, alle lachen. Und jetzt gibt der Mann dem Jungen etwas.«
    »Ein Geschenk? Ist es ein Geburtstagsgeschenk?«
    Webs Gesicht verzerrte sich, und er beugte sich vor. Claire schaute besorgt drein und beugte sich ebenfalls nach vorn. »Entspannen Sie sich, Herr Kameramann. Es ist nur ein Film, den Sie da sehen, mehr nicht. Nur ein Film. Was sehen Sie?«
    »Ich sehe Männer. Männer sind ins Haus gekommen.«
    »Was für Männer, wie sehen sie aus?«
    »Sie sind in braun, sie sind braun angezogen und tragen Cowboyhüte. Sie haben Pistolen.«
    Claires Herz setzte einen Schlag lang aus. Sollte sie abbrechen? Sie betrachtete Web genau. Er schien sich zu beruhigen. »Was tun die Männer jetzt, Herr Kameramann? Was wollen sie?«
    »Sie nehmen ihn mit, sie nehmen den Mann mit. Er ruft. Er schreit, alle schreien. Die Cowboys legen glänzende Dinger um die Hände des Mannes. Die Mutter schreit, sie hat sich den kleinen Jungen gegriffen.«
    Web schützte seine Ohren mit den Händen und schaukelte so stark vor und zurück, dass er fast den Sessel umwarf. »Sie rufen, sie rufen. Der kleine Junge ruft >Daddy, Daddy!« Web schrie jetzt auch.
    Ach du Scheiße,  dachte Claire.  Glänzende Dinger um seine Hände.  Die Polizei war genau an Webs sechstem Geburtstag erschienen, um Harry Sullivan festzunehmen. Gütiger Gott!
    Claire sah zurück zu Web. 
    »Okay, Herr Kameramann«, sagte sie mit ihrem weichsten, tröstendsten Tonfall. »Entspannen Sie sich einfach, wir gehen woanders hin. Nehmen Sie Ihre Kamera und stellen Sie sie erst mal ab, bis wir wissen, wohin wir gehen wollen. Okay, Ihre Kamera wird jetzt dunkel, entspannter Herr  Kameramann. Sie sehen nichts. Sie sind entspannt und sehen überhaupt nichts. Alle sind fort. Niemand schreit mehr. Alles vorbei. Alles ist dunkel.«
    Web beruhigte sich langsam, nahm die Hände herunter und lehnte sich wieder zurück. Claire setzte sich ebenfalls zurück und versuchte, sich zu entspannen. Sie hatte bereits einige intensive Hypnosesitzungen durchgemacht und überraschende Dinge aus der Vergangenheit der Patienten zu Tage gefördert aber jede Sitzung war neu und immer wieder aufwühlend. Sollte sie fortfahren? Einen Moment war sie unschlüssig, aber dann gab sie sich einen Ruck. Es bestand durchaus die Möglichkeit, dass sie Web nie wieder in Hypnose würde versetzen können.
    »Okay, Herr Kameramann, wir machen weiter.« Sie warf einen Blick auf die Notizen, die sie aus einer Akte unter einem der Sofakissen gezogen hatte. Sie hatte gewartet, bis Web unter Hypnose stand, bevor sie sie hervorholte. Aufgrund der vorangegangenen Sitzungen wusste sie, dass der Gebrauch von Akten ihn verunsicherte. Das war nichts Ungewöhnliches, denn wer

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