Der Abgrund
Nemo«, sagte Web.
»Ich vermute, ihr macht den Laden dicht.«
»Sieht so aus, aber passen Sie auf die Canfields auf. Der alte Ernie läuft noch immer frei rum.«
»Mach ich.«
Als Web und Romano weiterfuhren, sah Nemo ihnen nachdenklich hinterher. Dann schaute er zur Villa hinauf. Offensichtlich hatte die Wildkatze die Nerven verloren.
Angie Romano war nicht gut gelaunt. Sie hatte ihre Söhne die ganze Zeit allein gelassen, und der Besuch im Bayou County war offensichtlich nicht so angenehm gewesen. Web wollte sie freundlich umarmen, als er kam, um Romano abzuholen, sah aber davon ab, weil sie ihn anfunkelte, als würde sie ihm den Arm brechen, falls er es versuchte.
Und so flohen das härteste Mitglied des Hotel-Teams und der einzige Überlebende des Charlie-Teams spät am Abend aus dem Haus der Romanos und stiegen zu ihrem vielleicht letzten gemeinsamen Einsatz in den Mach. Web hatte Romano nicht gesagt, dass er beim FBI kündigen würde, aber es hatte sich bereits herumgesprochen, und Romano hatte es erfahren, als er nach Hause gekommen war. Er war wirklich wütend gewesen, weil Web es ihm nicht gesagt hatte, aber jetzt war er noch wütender auf das FBI.
»Du gibst ihnen alles, was du hast, und so... so danken sie es einem. Mann, da möchte man doch fast für ein Kartell in Kolumbien arbeiten. Bei diesen Typen weiß man wenigstens, wo man steht.«
»Vergiss es, Paulie. Zum Teufel, wenn alles klappt, wie ich es mir vorstelle, mache ich meine eigene Personenschutz-Firma auf, und du kannst für mich arbeiten.«
»Ja, und mit einem BH unter meiner Kevlarweste.«
Die beiden Männer waren darauf vorbereitet, in den Krieg zu ziehen, mit ihren 45ern und MP-5s und kugelsicheren Westen und sogar ihren 308-Präzisionsgewehren, denn sie wussten nicht genau, was sie auf der Southern Belle erwartete. Sie konnten das FBI nicht hinzuziehen, denn sie hatten, von ein paar Strafzetteln wegen zu schnellen Fahrens und einigen Verschwörungstheorien abgesehen, nichts zu erzählen. Aber die angenehme Kehrseite der Medaille, dass Web offiziell nicht mehr beim FBI war, bestand darin, dass ein ehrlicher Bürger manchmal Orte aufsuchen und Dinge tun konnte, die einem Cop einfach unmöglich waren. Web hatte ein paar Bedenken, Romano mitzunehmen, doch als er mit ihm darüber sprach, hatte der Mann erwidert, wenn er nicht ginge, würde Web auch nicht gehen, denn er würde Web in einen Körperteil schießen, in den kein Mann gern getroffen wurde. Und Web entschied sich, Romanos Entschlossenheit nicht auf die Probe zu stellen.
Web stellte den Mach auf einer unbefestigten Straße ab, die entlang der Grenzlinie zwischen East Winds und Southern Belle verlief. Als sie sich den Weg durch den dichten Wald bahnten, beschwerte Romano sich: »Diese verdammten Nachtsichtbrillen bereiten mir jetzt schon Kopfschmerzen. Ich hasse diese Scheißdinger. Und man kann nicht mal jemanden erschießen, wenn man sie trägt. Wozu sollen die also gut sein, zum Teufel?«
»Dann nimm das verdammte Ding ab, Romano, oder hör auf, dich zu beschweren, bevor du mir Kopfschmerzen bereitest.« Doch Web nahm seine Brille ebenfalls ab und rieb sich den Nacken.
»Wenn uns keine Scharfschützen den Arsch decken, komm ich mir ziemlich nervös und einsam vor, Web«, sagte Romano, während aus allen Richtungen die Geräusche des Waldes auf sie eindrangen.
Web wusste, dass der Mann nur scherzte. Auf dieser Erde gab es nichts, was Paul Romano wirklich Angst machte. Zumindest war Web nichts bekannt. Na ja, von Angie mal abgesehen.
»Du wirst drüber hinwegkommen.«
»He, Web, du hast mir noch immer nicht gesagt, was du heute Nacht zu finden hoffst.«
»Was auch immer es ist, es wird mehr sein, als wir jetzt wissen.« Da Web dem FBI nicht mehr angehörte, war es ihm nicht möglich gewesen, dessen Faktensuchmaschine anzuwerfen und herauszufinden, was es mit Harvey und Giles Ransome auf sich haben könnte. Er hätte Ann Lyle anrufen können, wollte im Augenblick aber einfach nicht mit der Frau sprechen. Da er nicht mehr beim HRT war, wäre sie zweifellos in Tränen ausgebrochen, und dann hätte auch er weinen müssen.
Die beiden Männer bahnten sich den Weg durch den Wald, bis sie die Gebäude ausmachen konnten, die sie vom Wachturm aus gesehen hatten. Web bedeutete Romano, hier zu warten, während er weiterschlich. Als er die Baumgrenze erreichte, lächelte er. Auf Southern Belle herrschte in dieser Nacht hektische Aktivität. Ein großer Lastwagen stand mit
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