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Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2

Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2

Titel: Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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noch eine Gunst erbitten. Lass uns heute Nacht und morgen Nacht an diesem Ort ein Feuer anzünden und nach Simon rufen. Finden wir keine Spur von ihm, brechen wir übermorgen früh zum Stein des Abschieds auf. Ich habe dann nicht mehr das Gefühl, Simon im Stich gelassen zu haben, ohne dass richtig nach ihm gesucht wurde.«
    Sludig nickte bedächtig. »Eine gerechte Lösung. Nun allerdings sollten wir Holz sammeln gehen. Die Nacht bricht bald an.«
    »Und der kalte Wind lässt auch nicht nach«, sagte Binabik stirnrunzelnd. »Kein schöner Gedanke für diejenigen, die im Freien übernachten müssen.«

    Bruder Hengfisk, der unangenehme Mundschenk des Königs, deutete nach der Tür. Das in seinen Zügen erstarrte Grinsen des Mönchs wirkte so irr wie immer, als versuche er etwas ungeheuer Komisches zu unterdrücken. Der Graf von Utanyeat trat ein. Schweigendhuschte Hengfisk die Stufen wieder hinunter und ließ den Grafen im Eingang der Glockenstube stehen.
    Guthwulf brauchte einen Augenblick, um zu Atem zu kommen. Der Aufstieg über die Turmtreppe hatte sehr lange gedauert, und der Graf hatte in letzter Zeit nicht sonderlich gut geschlafen.
    »Ihr habt mich rufen lassen, Hoheit?«, fragte er schließlich.
    Der König stand da, beugte sich über das Sims eines der hochgewölbten Fenster, und sein schwerer Mantel schimmerte im Fackelschein wie der gläserngrüne Rücken einer Fliege. Obwohl erst die Hälfte des Nachmittags vergangen war, zeigte sich der Himmel im abendlichen Purpurrot und in finsterem Grau. Elias’ hängende Schultern erinnerten Guthwulf an einen Geier. An der Seite trug der König das schwere, graue Schwert. Der Anblick ließ den Grafen unwillkürlich erschauern.
    »Der Sturm hat uns fast erreicht«, sagte Elias, ohne sich umzudrehen. »Warst du schon einmal so hoch oben auf dem Engelsturm?«
    Guthwulf zwang sich zu einer gelassenen Antwort. »Ich war in der Eingangshalle, vielleicht auch einmal im Zimmer des Kaplans im ersten Stock. Niemals so weit oben, Herr.«
    »Es ist ein seltsamer Ort«, bemerkte der König, den Blick noch immer auf einen Punkt im Nordwesten gerichtet. »Hier im Engelsturm war einst der Mittelpunkt des gewaltigsten Königreichs, das es in Osten Ard je gegeben hat. Wusstest du das, Guthwulf?« Elias drehte sich um, sodass er dem Fenster den Rücken kehrte. Seine Augen glänzten, aber das Gesicht war abgezehrt und voll tiefer Furchen, als sitze ihm die eiserne Krone zu eng um die Stirn.
    »Meint Ihr das Eures Vaters, Hoheit?«, fragte der Graf verwundert und nicht ohne Furcht. Als ihn der König jetzt hatte holen lassen, hatte er nur eine Art Schrecken empfunden. Das war nicht mehr sein alter Freund. Auch wenn es gelegentlich so schien, als habe der König sich kaum verändert, konnte Guthwulf die Wahrheit nicht verdrängen: der Elias, den er gekannt hatte, war so gut wie tot. Inzwischen quollen die Galgen am Platz der Schlachten und die Pfähle über dem Nerulagh-Tor von den sterblichen Überresten der Menschen über, die den neuen Elias in irgendeiner Weise verärgert hatten.Darum war Guthwulf klug genug, den Mund zu halten und zu tun, was man ihm sagte – zumindest vorläufig.
    »Nicht das meines Vaters, Dummkopf. Bei der Liebe Gottes, schon meine eigene Hand erstreckt sich über ein Königreich, größer als das seine je war. Mein Vater hatte König Lluth noch unmittelbar vor seiner Tür; jetzt gibt es außer mir keine anderen Könige mehr.« Elias’ Anwandlung von schlechter Laune war schon wieder verflogen, als er mit großer Geste den Arm hob. »Nein, Guthwulf, es gibt mehr Dinge zwischen Himmel und Erde, als du dir erträumen kannst. Dieser Ort war einst das Haupt eines mächtigen Reiches – riesiger als Fingils Groß-Rimmersgard, älter als das Nabban der Imperatoren, stärker an Weisheit als das untergegangene Khandia.« Seine Stimme wurde so leise, dass sie im Rufen des Windes kaum noch zu vernehmen war. »Aber mit seiner Hilfe werde ich diese Burg zum Herrschersitz eines noch gewaltigeren Reiches machen.«
    »Mit wessen Hilfe, Hoheit?«, konnte Guthwulf sich nicht enthalten zu fragen. Kalte Eifersucht stieg jäh in ihm auf. »Pryrates?«
    Elias schaute ihn einen Moment seltsam an und brach dann in Gelächter aus. »Pryrates! Guthwulf, du bist einfältig wie ein Kind!«
    Der Graf von Utanyeat biss sich auf die Innenseite seiner Wangen, um die zornigen – und möglicherweise tödlichen – Worte zurückzuhalten, die ihm auf der Zunge lagen. Er ballte und öffnete die

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