Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2

Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2

Titel: Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
Vom Netzwerk:
Euren Bruder wirklich mehr als nur Gerüchte sind? Mehr als die Einbildungen unzufriedener Bauern ? Es fällt mir schwer zu glauben, dass jemand es überlebt haben könnte … Naglimund, meine ich.«
    Einen Schritt, dachte er, nur einen, dann würden sie beide durch die gewitterschwere Luft in die Tiefe gleiten. In Sekunden wäre alles vorüber, und der lange, dunkle Schlaf könnte beginnen …
    Elias entfernte sich vom Fenster und brach den Bann. Guthwulf fühlte kalte Schweißperlen auf seiner Stirn. »Ich kümmere mich nicht um Gerüchte, mein guter Utanyeat. Ich bin Elias der Hochkönig, und ich weiß es.« Er stapfte zu einem Fenster auf der anderen Seite des Turms, das nach Südosten ging, dem Wind entgegen. Sein Haar flatterte schwarz wie Krähenflügel. »Dort.« Er deutete über den bewegten, bleigrauen Kynslagh hinweg in die trübe Ferne. Ein Blitzschlag erhellte für einen Augenblick die tiefen Brunnen seinerAugen. »Josua lebt tatsächlich, und er ist irgendwo dort draußen. Ich weiß es aus vertrauenswürdiger Quelle.« Ein Donnerschlag jagte den Blitz. »Pryrates sagt, ich könnte meine Kräfte nützlicher einsetzen. Er meint, ich sollte mir meines Bruders wegen keine Sorgen machen. Hätte ich nicht tausend Beweise dafür, dass Pryrates’ Herz schwarz und leer ist, könnte ich glauben, er hätte Mitleid mit Josua, so heftig widersetzt er sich diesem Unternehmen. Aber ich werde handeln, wie ich es für richtig halte. Ich bin der König, und ich will, dass Josua stirbt.« Ein neuer Blitzschlag tauchte sein Gesicht in grelles Licht. Es war maskenhaft verzerrt. Die Wort kamen ihm nur mühsam von den Lippen, und vorübergehend schien es, als schütze ihn nur der krampfhafte Griff seiner weißen Knöchel um das steinerne Sims vor dem Umfallen. »Und ich will meine Tochter zurück. Zurück. Ich will Miriamel. Sie hat ihrem Vater den Gehorsam verweigert und sich seinen Feinden angeschlossen – meinen Feinden. Sie muss bestraft werden.«
    Guthwulf antwortete nicht. Er nickte und versuchte die entsetzlichen Gedanken zu unterdrücken, die in ihm aufwallten. Sein Kopf war wie ein Brunnen, gefüllt mit schwarzem Wasser. Der König und sein verfluchtes Schwert! Selbst in diesem Augenblick spürte Guthwulf, dass die bloße Gegenwart der Klinge in ihm Übelkeit erregte. Er würde nach den Thrithingen ziehen und Jagd auf Josua machen, wenn Elias das wünschte. Wenigstens kam er damit von dieser schaurigen Burg fort, mit ihren nächtlichen Geräuschen, ihrer verängstigten Dienerschaft und dem wahnsinnigen, traurigen König. Er würde wieder klar denken können. Der Graf würde reine Luft atmen und wieder ein Soldatenleben führen, mit Männern, in deren Gesellschaft er sich wohlfühlte.
    Donner durchtoste die Stube und brachte die Glocken zum Summen. »Ich werde tun, was Ihr befehlt, mein König«, versicherte er.
    »Natürlich«, nickte Elias, jetzt wieder ganz ruhig. »Natürlich.«
    Finster vor sich hin starrend war Guthwulf gegangen. Der König blieb noch eine Weile, blickte in den wolkenverhangenen Himmel und lauschte so aufmerksam dem Wind, als verstünde er seine klagende Sprache.

    Rachel, Oberste der Kammerfrauen, fühlte sich in ihrem engen Versteck allmählich unwohl. Immerhin hatte sie erfahren, was sie wissen musste. Ihr Kopf wimmelte von Ideen, die mit ihrer eigentlichen Tätigkeit in keinerlei Zusammenhang standen; Rachel der Drache hatte in letzter Zeit festgestellt, dass ihr Dinge in den Sinn kamen, an die sie früher nie zu denken gewagt hätte.
    Sie rümpfte die Nase über den stechenden, aber vertrauten Geruch von Polierfett und spähte durch den Spalt zwischen dem steinernen Türrahmen und der verzogenen Holztür. Der König stand still wie eine Statue und starrte hinaus ins Nichts. Wieder erfüllte Rachel Entsetzen über ihr eigenes Vergehen. Herumzuspionieren wie die schlampigste Magd, eine, die man höchstens als Aushilfe über die Heiligen Tage angenommen hatte! Und ausgerechnet beim Hochkönig! Immerhin war Elias der Sohn ihres geliebten Königs Johan, auch wenn er nicht hoffen durfte, ihm je das Wasser reichen zu können – und hier saß Rachel, das letzte Bollwerk der Rechtschaffenheit auf dem Hochhorst, und bespitzelte ihn.
    Bei dem Gedanken wurde ihr übel. Das stinkende Fett machte die Sache nicht besser. Sie lehnte sich an die Wand des Glöcknerkämmerchens und war für dessen Enge dankbar, denn zwischen den Seilrollen, Glockenhaken, Fetttöpfen und den Backsteinwänden, die fast ihre

Weitere Kostenlose Bücher