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Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2

Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2

Titel: Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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narbigen Fäuste. »Ja, mein König«, antwortete er endlich.
    Der König starrte erneut aus dem Fenster. Über seinem Kopf schlummerten in dunklen Trauben die großen Glocken. Irgendwo in der Ferne grollte der Donner. »Allerdings hat der Priester Geheimnisse vor mir«, sagte Elias. »Er weiß, dass meine Macht mit meinem Wissen wächst, und darum versucht er, mir Dinge vorzuenthalten. Siehst du das, Guthwulf?« Er zeigte aus dem Fenster. »He, beim Höllenfeuer, wie willst du von dort hinten etwas sehen? Komm näher!«, schnarrte er. »Hast du Angst, im Wind zu erfrieren?« Er stieß ein unheimliches Lachen aus.
    Unwillig kam Guthwulf zu ihm und dachte daran, wie der König gewesen war, bevor der Wahnsinn ihn befallen hatte: hitzig, gewiss, aber nicht wankelmütig wie ein Frühlingslüftchen; immer zu Scherzen aufgelegt, aber mit der rauhen Fröhlichkeit des Soldaten, nichtdiesem alles verhöhnenden, unverständlichen Witz. Es fiel Guthwulf immer schwerer, sich überhaupt noch an diesen anderen Mann, der sein Freund gewesen war, zu erinnern. Die Ironie dabei war, dass Elias mit zunehmender Verrücktheit seinem Bruder Josua immer ähnlicher wurde.
    »Dort.« Der König wies über die feuchten Dächer des Hochhorstes hinaus auf die graue Masse des Hjeldinturms, der sich an die Nordmauer des Inneren Zwingers schmiegte. »Diesen Turm habe ich Pryrates für seine Versuche überlassen – für seine Forschungen, wenn man es so nennen will –, und nun hält er ihn stets verschlossen und will nicht einmal seinem König einen Schlüssel geben. Meiner Sicherheit wegen, behauptet er.« Elias blickte auf den düsteren Turm des Priesters, ein Bauwerk, so grau wie der Himmel. Die oberen Fenster schienen aus dickem, rotem Glas zu bestehen. »Er fängt an, stolz zu werden, dieser Alchimist.«
    »Verbannt ihn, Elias – oder vernichtet ihn!«, rief Guthwulf, ohne zu überlegen. Er beschloss, trotzdem weiterzureden. »Ihr wisst, dass ich immer wie ein Freund mit Euch gesprochen habe, notfalls sogar grob. Ihr wisst auch, dass ich keine Memme bin, die winselt, wenn ein paar Tropfen Blut fließen oder ein paar Knochen splittern. Aber dieser Mann ist giftig wie eine Schlange und weit gefährlicher. Einst wird er Euch den Dolch in den Rücken stoßen. Sagt nur ein Wort, und ich werde ihn töten.« Als er den Satz beendet hatte, merkte er, dass sein Herz raste wie in der Stunde vor der Schlacht.
    Der König starrte ihn einen Augenblick an und lachte dann wieder. »Aah, das ist der Wolf, den ich kannte. Nein, nein, alter Freund, ich habe es dir schon einmal gesagt: Ich brauche Pryrates als Werkzeug, um die große Aufgabe zu vollenden, die vor mir liegt. Und auch er wird mir nicht in den Rücken fallen, denn weißt du, er braucht mich genauso. Der Alchimist benutzt mich – zumindest glaubt er das.«
    Wieder donnerte es in der Ferne, als Elias vom Fenster zurücktrat und Guthwulf die Hand auf den Arm legte. Der Graf konnte die Kälte, die von den Fingern des Königs ausging, durch seinen dicken Ärmel spüren. »Aber was ich nicht will, ist, dass Pryrates dich tötet«, erklärte Elias. »Und irre dich nicht – er würde es tun. Sein Kurier ausNabban traf heute hier ein. Im Brief heißt es, dass die Verhandlungen mit dem Lektor bestens verlaufen und Pryrates in wenigen Tagen zurück sein wird. Darum werde ich dich an der Spitze meiner Ritter in die Hoch-Thrithinge entsenden. Der junge Fengbald wollte unbedingt den Befehl übernehmen, aber du hast mir stets treu gedient und bist damit außer Reichweite des roten Priesters, bis er getan hat, was ich von ihm erwarte.«
    »Ich danke Euch für die Möglichkeit, Euch zu dienen, mein König«, erwiderte Guthwulf langsam. In seinem Herzen bildete sich eine dicke, giftgeschwollene Blase aus verschiedenen Arten von Wut und Furcht. Allein die Vorstellung, dass ein Graf von Utanyeat sich zu solchen Kratzfüßen gezwungen sah, hatte etwas zutiefst Erniedrigendes!
    Und was, dachte er mit plötzlicher Wildheit, wenn er nun Elias packte – einfach den König packte und mit ihm über die niedrige Fensterbrüstung sprang, sodass sie beide mehr als hundert Ellen tief hinabstürzten und unten wie Eier zerschellten? Bei Usires dem Erlöser, welch ungeheure Erleichterung musste es bedeuten, diesem schwärenden Hirnfieber ein Ende zu setzen, von dem der ganze Hochhorst, er selbst eingeschlossen, befallen war! In seinem Kopf drehte es sich. Laut sagte er jedoch nur: »Seid Ihr sicher, dass diese Gerüchte über

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