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Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2

Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2

Titel: Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Königs. Ich wollte dir gerade einen Pfeil ins Herz schießen, als mich im Dunkeln etwas am Kopf traf.«
    »Du kannst Usires gern preisen«, sagte eine trockene Stimme, »aber ich hatte auch etwas damit zu tun.«
    Aus den Bäumen hinter ihnen trat Geloë und stapfte quer über den Hang in den Kreis der Fackeln. Verblüfft stellte Deornoth fest, dass die Zauberfrau einen Mantel und Hosen trug, die aus seiner eigenen Satteltasche stammten. Ihre Füße waren bloß.
    »Valada Geloë!«, sagte Josua staunend. »Ihr kommt unerwartet.«
    »Vielleicht habt Ihr mich nicht erwartet, Prinz Josua, aber ich habe nach Euch Ausschau gehalten. Und das war gut, denn sonst hätte diese Nacht vielleicht ein blutiges Ende genommen.«
    »Dann wart Ihr es, die mir den Schlag versetzte, bevor ich meinen Pfeil abschießen konnte?«, fragte Deornoth langsam. »Aber wie?«
    »Zum Geschichtenerzählen ist nachher noch Zeit«, erwiderte Geloë und kniete nieder, denn Leleth hatte sich von Gutruns Hand losgerissen, um mit einem wortlosen Freudenschrei in die Arme der weisen Frau zu rennen. Während sie das Kind umarmte, sah GeloëDeornoth aus riesigen gelben Augen an. Es lief ihm kalt über den Rücken. »Geschichten erzählen können wir später«, wiederholte sie. »Jetzt sollten wir ein Feuer anzünden. Der Mond ist schon weit gewandert. Wenn Ihr im Morgengrauen zu Pferde sitzt, erreicht Ihr den Stein des Abschieds vor Einbruch der Dunkelheit.« Sie sah hinauf zum Nordhimmel. »Und vielleicht sogar noch vor dem Sturm.«

    Der Himmel war voller wütender Wolken und schwarz wie Teer. Der Regen ging gerade in Graupel über. Rachel der Drache, frierend und vom Sturm zerzaust, trat in den Windschatten eines Hauses an der Eisenhändlerstraße, um einen Augenblick zu verschnaufen. Die Nebenstraßen von Erchester waren bis auf die herumfliegenden Hagelkörner ohne jedes Leben. Nur eine einsame Gestalt mit einem schweren Bündel auf dem Rücken stapfte durch den Schlamm auf die Mittelgasse zu.
    Zieht sich wahrscheinlich aufs Land zurück und nimmt alles mit, was er schleppen kann, dachte Rachel bitter. Wieder einer weniger, und wer will ihm Vorwürfe machen? Es ist, als sei die Pest über die Stadt hereingebrochen.
    Schlotternd setzte sie ihren Weg fort.
    Trotz des bösartigen Wetters schwangen viele Türen in der Eisenhändlerstraße unversperrt im Wind hin und her und gaben den Blick auf die leere Schwärze dahinter frei, nur um dann mit einem Geräusch, das an brechende Knochen erinnerte, zuzuschlagen. Es sah wirklich so aus, als hätte eine Seuche Erchester verwüstet, aber es war eher die Geißel der Furcht als die einer Krankheit, die die Bewohner aus der Stadt trieb. Deshalb hatte die Herrin der Kammerfrauen auch das ganze Eisenhändlerviertel absuchen müssen, bevor ihr jemand verkauft hatte, was sie brauchte. Jetzt trug sie ihre Neuerwerbung unter dem Mantel am Busen, dem Blick der Vorübergehenden, von denen es wenige gab, verborgen und vielleicht, so hoffte sie, auch für die Augen eines missbilligenden Gottes unsichtbar.
    Die Ironie daran war, dass sie es gar nicht nötig gehabt hätte, sich in den rauhen Wind und die verlassenen Straßen zu wagen: Jedesvon mehreren hundert Werkzeugen in den Küchen des Hochhorstes wäre für ihre Zwecke hervorragend geeignet gewesen. Aber es war ihr ureigener Plan und ganz persönlicher Entschluss. Das, was sie brauchte, aus Judiths Schränken zu holen, hätte vielleicht die dicke Gebieterin der Küchen gefährdet, und Judith gehörte zu den wenigen Leuten in der Burg, denen Rachel noch Respekt entgegenbrachte. Viel wichtiger jedoch war, dass wirklich kein anderer an diesem Plan beteiligt war und es deshalb in gewisser Weise dazugehörte, dass sie noch einmal durch die gespenstischen Gassen von Erchester ging; es half ihr, den Mut zu fassen, den sie brauchte, um zu tun, was getan werden musste.
    Frühjahrsputz, erinnerte sie sich selbst grimmig. Ein schrilles, ungewohntes Lachen entrang sich ihrer Kehle. Frühjahrsputz mitten im Sommer, und der Schnee steht schon vor der Tür . Sie schüttelte den Kopf und hatte plötzlich das Gefühl, sich mitten auf die schmutzige Straße setzen und losheulen zu müssen. Schluss jetzt, Alte , ermahnte sie sich wie so oft. Es gibt viel Arbeit und diesseits des Himmels keine Ruhe.
    Wenn sie überhaupt Zweifel daran gehabt hätte, dass der Tag des Abwägens unmittelbar bevorstand, so wie es das heilige Buch Ädon prophezeite, so hätte Rachel nur an den Kometen denken

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