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Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2

Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2

Titel: Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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warf ihr einen kalten Blick zu, rührte sich jedoch nicht. Er ließ Naidels Spitze noch ein wenig tiefer sinken, bis sie gegen das Brustbein des Gefangenen stieß. Die Augenlider des Nornen zuckten auf, und seine blutigen Lippen holten tief und rasselnd Atem.
    » Ai , Nakkiga«, sagte der Norne heiser und spreizte seine Spinnenfinger, » o’do’tke stazho …«
    »Aber er ist ein Heide, Prinz Josua!«, beharrte Isorn. »Er kann die menschliche Sprache nicht sprechen.«
    Josua antwortete nicht, sondern stach noch einmal ganz leicht zu. In den Augen des Nornen brach sich das Licht der Fackel und warf eine unheimliche, violette Spiegelung zurück. Der Blick seiner ovalen Augen glitt an der Schwertklinge nach oben, bis er endlich den Prinzen traf.
    »Ich spreche«, sagte der Norne langsam. »Ich spreche eure Zunge.« Seine Stimme war hoch und kalt und so spröde wie eine gläserne Flöte. »Und bald werden nur noch die Toten sie sprechen.«
    Das Wesen setzte sich auf, drehte den Kopf und sah sich aufmerksam in der Runde um. Das Schwert des Prinzen folgte jeder Bewegung. Der Norne schien Gelenke an den sonderbarsten Stellen zu haben, mit fließenden Bewegungen dort, wo ein Sterblicher sich nur ungeschickt biegen könnte, dafür unerwartet ruckartig an anderen Gliedern. Mehrere der Zuschauer fuhren zurück, voller Angst, der Gefangene könne stark genug sein, sich ohne Anzeichen von Schmerz zu erheben, trotz der blutenden Ruine, die einmalseine Nase gewesen war, und der Spuren zahlreicher weiterer Wunden.
    »Gutrun, Vara«, sagte Josua, ohne den Blick von seinem Gefangenen zu wenden. Unter dem Netz aus trocknendem Blut schien das Gesicht des Nornen zu schimmern wie ein Mond. »Ihr ebenfalls, Strangyeard«, befahl der Prinz. »Der Harfner und Strupp sind allein. Kümmert Euch um sie und zündet ein Feuer an. Dann bereitet alles zum Aufbruch vor. Es hat jetzt keinen Sinn mehr, sich zu verstecken.«
    »Es hatte niemals Sinn, Sterblicher«, bemerkte das Wesen am Boden.
    Mit sichtlicher Mühe unterdrückte Vara eine scharfe Antwort auf Josuas Befehl. Die beiden Frauen entfernten sich. Vater Strangyeard folgte ihnen, schlug das Zeichen des Baumes und schnalzte besorgt mit der Zunge.
    »Nun, Höllenwicht, sprich. Warum verfolgt ihr uns?« Trotz des rauhen Tonfalls glaubte Deornoth eine gewisse Faszination im Blick des Prinzen zu erkennen.
    »Ich werde dir nichts sagen.« Die dünnen Lippen teilten sich zu einem hämischen Grinsen. »Armselige, kurzlebige Geschöpfe ! Habt ihr euch noch immer nicht daran gewöhnt, ohne Antwort auf eure Fragen zu sterben?«
    Wutentbrannt machte Deornoth einen Schritt und trat dem Wesen mit dem Stiefel in die Seite. Der Norne verzog das Gesicht, verriet aber kein weiteres Zeichen von Schmerz. »Teufelsbrut bist du, und Teufel sind Lügenmeister«, fauchte Deornoth. Sein Kopf schmerzte fürchterlich, und der Anblick dieser grinsenden, knochigen Kreatur war kaum zu ertragen. Er dachte daran, wie es in Naglimund von ihnen gewimmelt hatte wie in einem Madennest, und der Magen drehte sich ihm um.
    »Deornoth …«, sagte Josua warnend und wandte sich erneut an den Gefangenen. »Wenn ihr so mächtig seid, warum erschlagt ihr uns dann nicht und bringt die Angelegenheit zu einem Ende? Warum verschwendet ihr eure Zeit mit Geschöpfen, die so tief unter euch stehen?«
    »Wir werden nicht mehr lange warten, keine Angst.« Die aufreizendeStimme des Nornen bekam einen befriedigten Unterton. »Ihr habt mich gefangen, aber meine Gefährten haben alles herausgefunden, was wir wissen müssen. Ihr könnt dem kleinen Mann am Stock, den ihr verehrt, schon jetzt eure Totengebete darbringen, denn nichts kann uns noch aufhalten.«
    Es war Einskaldir, der nun grollend auf den Nornen zutrat. »Hund! Gotteslästerlicher Hund!«
    »Ruhe!«, fuhr Josua ihn an. »Er tut es mit Absicht.« Deornoth hatte Einskaldir vorsichtig die Hand auf den starken Arm gelegt. Man fasste den Rimmersmann, der von kaltem, aber jähem Temperament war, nicht unüberlegt an. »Nun«, fragte Josua, »was meinst du mit ›herausgefunden, was ihr wissen müsst‹? Was könnte das sein? Sprich, oder ich überlasse dich Einskaldir.«
    Der Norne lachte, das Geräusch von Wind in dürren Blättern, aber Deornoth war es, als hätten die Purpuraugen sich bei Josuas Worten verändert. Anscheinend hatte der Prinz eine empfindliche Stelle getroffen. »Dann tötet mich doch – schnell oder langsam«, höhnte der Gefangene. »Ich sage nichts mehr. Eure Zeit,

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