Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2
hauchte er am Inniscrich sein Leben aus …«
»Ein Schwein seid Ihr! Und vermutlich ist es auch ein Zufall, dass Streáwe wusste, ich hätte die Burg verlassen – fast bevor ich selber noch ahnte, dass ich von dort weggehen würde? Ihr habt Euch gut amüsiert, nicht wahr? An beiden Enden des Seils gezogen, genau dashabt Ihr, oder etwa nicht? Zuerst nahmt Ihr Varas Gold, um mich zu begleiten, dann unterwegs das meine – hier borgtet Ihr Euch etwas für einen Krug Wein, dort für Ihr eine Mahlzeit …«
»Ich bin nur ein armer Gottesmann, Herrin«, versuchte Cadrach sich tapfer zu wehren.
»Schweigt, Ihr … Ihr verräterischer Trunkenbold! Ihr habt auch Gold von Graf Streáwe genommen, stimmt es nicht? Ihr ließt ihn wissen, dass ich käme – ich habe mich schon gefragt, wieso Ihr Euch dauernd fortgeschlichen habt, kaum dass wir Ansis Pelippé erreicht hatten. Und als man mich gefangen hielt, wo habt Ihr da gesteckt? Freier Auslauf im ganzen Schloss? Abendessen mit dem Grafen?« Sie konnte vor Zorn fast nicht weiterreden. »Und … und wahrscheinlich habt Ihr mich auch an denjenigen verraten, zu dem man mich jetzt bringt, wer immer es sein mag, wie? Oder etwa nicht? Wie könnt Ihr geistliche Gewänder tragen? Warum geht Ihr nicht auf der Stelle in Flammen auf?« Sie hielt inne, ihre Stimme erstickt in Tränen der Wut, und rang nach Atem.
»Kommt, kommt«, bemerkte Lenti drohend und zog seine einzige Augenbraue bis zur Nase hinab. »Hört auf mit dem Geschrei. Und versucht keine Hinterlist!«
»Halt den Mund!«, fuhr Miriamel ihn an.
Cadrach witterte eine Chance für sich. »Jawohl, Bursche, lass dir nicht einfallen, diese Dame zu beleidigen. Bei Sankt Muirfath, ich kann nicht glauben …«
Der Mönch sollte seinen Satz nie beenden. Mit einem unartikulierten Aufschrei der Wut stemmte sich Miriamel gegen ihn und stieß kräftig zu. Cadrach schnappte überrascht nach Luft, wedelte kurz mit den Armen, um das Gleichgewicht zu halten, und kippte dann in die grünen Wogen der Bucht von Emettin.
»Seid Ihr von Sinnen?«, brüllte Lenti, ließ das Ruder fallen und sprang auf. Cadrach verschwand unter einer Dünung aus jadefarbenem Wasser.
Auch Miriamel erhob sich und kreischte hinter ihm her. Das Boot schaukelte, sodass Lenti auf seinen Sitz zurückplumpste; eine seiner Klingen glitt ihm aus der Hand und tauchte in die Bucht ein wie ein silbriger Fisch. »Treuloser Schurke!«, schrie Miriamel demMönch nach, der gerade nicht zu sehen war. »Zur Hölle sollst du fahren!«
Cadrach tauchte auf und spie eine große Fontäne Salzwasser aus. »Ich ertrinke!«, gurgelte er. »Ertrinke! Helft mir!« Er versank von neuem.
»Dann ertrink doch, Verräter!«, rief Miriamel laut, um gleich darauf aufzukreischen, als Lenti sie beim Arm packte und auf ihren Sitz niederzwang, wobei er den Arm brutal verdrehte.
»Verrücktes Weib!«, brüllte er.
»Lass ihn verrecken«, keuchte sie und versuchte sich loszureißen. »Was kümmert es dich?«
Er streckte die Hand aus und gab ihr eine Ohrfeige, die ihr neue Tränen in die Augen trieb. »Der Gebieter befahl, euch beide nach Nabban zu bringen, verrücktes Weib. Mit nur einem anzukommen, wäre mein sicheres Ende.«
Inzwischen hatte Cadrach prustend wieder die Wasseroberfläche erreich. Er schlug um sich und stieß Laute aus, die sich in der Tat anhörten, als kämen sie von einem Ertrinkenden. Streáwes zweiter Diener hatte mit aufgerissenen Augen einseitig weitergerudert, ein glücklicher Umstand, der dazu führte, dass das Boot eine Drehung machte und sich wieder der Stelle näherte, wo Cadrach spritzte und schrie.
Der Mönch sah sie herankommen. In seinen Augen stand nackte Angst. Er fing an, auf sie zuzupaddeln, aber seine ungeschickten Bewegungen ließen ihn vornübersinken, so dass sein Kopf aufs Neue in den Wellen verschwand. Sofort kam er wieder nach oben. Der Ausdruck der Panik in seinen Zügen war noch krasser geworden.
»Hilfe!«, kreischte er atemlos und warf in krampfhaftem Entsetzen die Arme hoch. »Da ist etwas! Etwas ist hier drin!«
»Ädon und alle Heiligen!«, schnarrte Lenti und beugte sich über die Bordwand, wobei er mühsam das Gleichgewicht bewahrte. »Was denn nun noch! Haie?«
Miriamel kauerte schluchzend am Bug und beachtete die beiden nicht mehr. Lenti packte das Haltetau und warf es dem Mönch zu. Cadrach bemerkte es nicht gleich, weil er so wild auf das Wassereinschlug, aber Sekunden später hatte sich sein Arm in einer der Schlingen
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