Der Adler ist gelandet
gab es keine Antwort. Nicht, solange Steiner abwesend war. Er sagte zu Becker: »Sie bleiben mit Jansen hier«, und eilte hinaus. In der Kirche war es still. Unendlich müde humpelte Voreker zur Kanzel. Er stieg die Treppe hinauf und wandte sich seiner Gemeinde zu. »In solchen Zeiten bleibt uns nur noch das Gebet«, sagte er. »Und es hat schon oft geholfen. Lasset uns also niederknien.«
Er bekreuzigte sich, faltete die Hände und fing an zu beten. Seine Stimme klang fest und ungebrochen.
Sechzehn
Harry Kane beaufsichtigte eine Geländeübung im Wald hinter Meltham Farm, als er Shaftos dringende Aufforderung erhielt, sich bei ihm im Haus zu melden und den Übungstrupp mitzubringen. Kane gab dem Sergeant, einem Texaner namens Hustler aus Forth Worth, Befehl, mit den Männern nachzukommen und fuhr voraus.
Bei seinem Eintreffen strömten bereits die verschiedenen Abteilungen, die über das ganze Besitztum verteilt Übungen abgehalten hatten, in Meltham House zusammen. Von den Stallungen hinter dem Haus, wo die Fahrzeuge abgestellt waren, hörte er, wie Motoren angelassen wurden. Mehrere Jeeps schwenkten in die kiesbestreute Auffahrt ein und bildeten vor dem Gebäude eine Reihe.
Die Mannschaften begannen ihre Waffen und Geräte bereitzumachen. Aus dem Kommandofahrzeug sprang ein Offizier, Captain Mallory. »Was gibt's denn, um Himmels willen?« fragte Kane. »Keine blasse Ahnung«, sagte Mallory. »Ich krieg' meine Befehle, ich führe sie aus. Ich weiß lediglich, daß er Sie schleunigst sehen will.« Er grinste. »Vielleicht kommt die zweite Front.«
Kane rannte die Stufen hinauf. Im Vorzimmer herrschte hektische Betriebsamkeit. Sergeant Garvey marschierte nervös paffend vor Shaftos Tür auf und ab. Bei Kanes Eintritt hellte sich seine Miene auf. »Was, zum Teufel, ist denn los?« fragte Kane. »Haben wir Marschbefehl bekommen, oder was sonst?«
»Mich dürfen Sie nicht fragen, Sir. Ich weiß nur, daß die junge Dame, mit der Sie befreundet sind, vor ungefähr einer Viertelstunde völlig aufgelöst hereingeplatzt ist, und seitdem ist die Hölle los.« Kane öffnete die Tür und ging hinein. Shafto stand in Breeches und Reitstiefeln am Schreibtisch und wandte ihm den Rücken zu. Als er herumfuhr, sah Kane, daß er den Colt mit dem Perlmuttergriff lud. Der ganze Mann war völlig verändert. Er schien vor Energie zu sprühen, seine Augen glänzten wie im Fieber, und sein Gesicht war blaß vor Erregung. »Auf in den Kampf, Major. So hab' ich's gern.«
Er griff nach Koppel und Revolvertasche, und Kane sagte: »Was ist los, Sir? Wo ist Miß Voreker?«
»In meinem Schlafzimmer. Sie hat einen schweren Schock erlitten und steht jetzt unter Beruhigungsmitteln.« »Aber was ist denn passiert?« »Eine Kugel hat ihre Schläfe gestreift.« Shafto schnallte das Koppel um.
»Und der Finger am Abzug gehörte der alten Freundin ihres Bruders, Mrs. Grey. Fragen Sie sie selbst. Drei Minuten kann ich Ihnen einräumen.«
Kane öffnete die Schlafzimmertür. Shafto kam hinter ihm hinein. Die Gardinen waren zugezogen, und Pamela lag im Bett, bis zum Kinn zugedeckt. Sie sah blaß und sehr krank aus, und durch den Verband um ihren Kopf sickerte ein wenig Blut.
Als Kane näher trat, schlug sie die Augen auf und blickte ihn starr an. »Harry?«
»Schon gut, alles in Ordnung.« Er setzte sich auf die Bettkante. »Nein, hören Sie zu.« Sie richtete sich mühsam auf und zog ihn am Ärmel, und als sie sprach, klang ihre Stimme wie aus weiter Ferne. »Sir Henry Willoughby holt Mr. Churchill in King's Lynn ab und bringt ihn nach Studley Grange. Sie fahren um halb vier Uhr ab, über Walsingham. Harry, Sie müssen ihn abfangen.« »Warum muß ich das?« fragte Kane sanft.
»Weil ihn sonst Oberstleutnant Steiner und seine Leute abfangen. Sie warten jetzt im Dorf auf ihn. Sie halten alle Bewohner in der Kirche gefangen.« »Steiner?«
»Der Mann, den Sie als Colonel Carter kennen. Und seine Leute, Harry, sie sind keine Polen, sie sind deutsche Fallschirmjäger.« »Aber, Pamela«, sagte Kane. »Ich habe Carter persönlich kennengelernt. Er ist genauso englisch wie Sie.«
»Nein, seine Mutter war Amerikanerin, und er ging in London zur Schule. Verstehen Sie denn nicht? Das ist die Erklärung.« In ihrer Stimme lag jetzt verzweifeltes Drängen. »Ich hörte sie in der Kirche miteinander sprechen, Steiner und meinen Bruder. Ich war mit Molly Prior in der Sakristei versteckt. Später trennten wir uns, und ich lief zu Joanna, aber sie
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