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Der Advent, in dem Emma ihren Schutzengel verklagte

Der Advent, in dem Emma ihren Schutzengel verklagte

Titel: Der Advent, in dem Emma ihren Schutzengel verklagte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noel Hardy
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Schmerzen?!«
    Â»Um Ihre Schmerzen geht es in meiner Klageschrift. In seiner Klageschrift geht es um seine Schmerzen.«
    Â»Ich habe ihn doch kaum berührt«, rief Emma empört. »Meine Freundin Sera hat es gesehen!«
    Â»Dann ist das wohl die Zeugin, die Doktor Netterling benannt hat. Sera Lieblich, heißt sie so?«
    Â»Er hat sie als Zeugin benannt?«, fragte Emma fassungslos. »Meine beste Freundin?«
    Â»Vielleicht ist sie keine so gute Freundin, wie Sie denken«, meinte der Anwalt. »Ich habe einen Privatdetektiv beauftragt, sie zu beschatten. Wie’s aussieht, trifft sie sich mit diesem …«
    Â»Das möchte ich gar nicht wissen«, sagte Emma leise und spürte, wie sie schlucken musste. »Was machen wir denn jetzt?«
    Â»Wir warten auf den Gerichtstermin«, sagte der Anwalt. »Falls die Gegenseite uns kein Vergleichsangebot macht. Aber danach sieht es momentan leider nicht aus. In der Zwischenzeit reden Sie vielleicht mal mit Ihrer Freundin, um sie …«
    Â»Nein!«
    Schill schwieg vielsagend. Emma schwieg ebenfalls. Endlich seufzte der Anwalt. »Ich sehe es als meine Pflicht an, Sie darauf hinzuweisen, dass unsere Chancen nicht gut stehen. Der Umstand, dass Sie vom Gerüst gestürzt sind, wird von der Gegenseite auf die Schmerzen einer akuten Blinddarmentzündung zurückgeführt. Die Untersuchung des Unfallortes hat ergeben, dass der Gerüstbaufirma keine Fahrlässigkeit nachzuweisen ist. Die Klinik und Doktor Netterling behaupten sogar, Ihnen das Leben gerettet zu haben, da Sie kurz vor einem Blinddarmdurchbruch gestanden hätten. Der Anästhesist und das gesamte OP-Team haben das an Eides statt bezeugt. Wenn Ihnen nicht noch etwas einfällt …«
    Â»Aber der Anästhesist war es doch überhaupt, der mit seiner Dosierung der Narkose …«
    Â»Ich weiß«, bestätigte der Anwalt. »Aber wo kein Zeuge, da kein Fall, um das Sprichwort abzuwandeln. Außerdem ist bekannt geworden, dass das Auktionshaus Ihres Herrn Vaters in wirtschaftlichen Schwierig keiten steckt, und wie man hört, ist Ihre Hausbank nicht mehr bereit, Ihnen weitere Kredite zu gewähren. Man wird vor Gericht behaupten, Sie wollten sich auf diese Weise die nötigen Mittel erschleichen und vielleicht sogar …«
    Â»Fabelhaft«, sagte Emma. »Großartig. Meinetwegen. Ich habe keine Angst.«
    Schill räusperte sich, offenbar ein Anzeichen dafür, dass ihm etwas gegen den Strich ging. »Bei der Gelegenheit darf ich Sie daran erinnern, dass die besprochene Ge bührenvorauszahlung noch nicht auf unserem Konto bei Schilfstengl & Schmalfuß Söhne eingegangen ist.«
    Â»Haben Sie kein Konto bei einer anderen Bank?«
    Â»Und wo sollte die sein, damit Ihnen die Überweisung leichter fällt – auf dem Monopoly-Brett?«
    Â»Ich werde die Anzahlung in den nächsten Tagen losschicken, sobald ich wieder kräftig genug bin, zu meiner eigenen Bank zu gehen.«
    Â»Vielleicht sollten Sie vorher noch die Miete für die Hotels auf der Schlossallee kassieren«, sagte der Anwalt.
    Â»Ich habe Geld«, sagte Emma trotzig.
    Â»Eigentlich darf ich das nicht sagen, aber Sie stehen im Begriff, es zum Fenster hinauszuwerfen«, meinte Schill. »Genauso gut könnten Sie die Lottogesellschaft verklagen, wenn Ihre Zahlen nicht gezogen werden. Das hätte wahrscheinlich mehr Aussicht auf Erfolg. Ehrlich gesagt sollten Sie mich zu Ihrer Silvesterparty einladen. Jemand mit Ihrem Glück dürfte nicht mal das neue Jahr ohne seinen Anwalt begrüßen.«
    Â»Sie?«, fragte Emma wütend. »Da kriege ich ja beim Bleigießen eine bessere Rechtsberatung!« Sie legte auf und wandte sich wieder dem Bildband auf ihrem Schoß zu. Erneut nahm die zarte Zeichnung des vergesslichen Engels sie gefangen.

    Z wei Tage später fühlte Emma sich wieder kräftig genug, um vor die Tür zu gehen und die dringendsten Einkäufe zu erledigen. Als sie bei ihrer Rückkehr mit Tragetaschen beladen den Fahrstuhl verließ, fand sie Sera auf dem Flur vor ihrer Tür sitzen. Ihre Freundin wirkte wie ein Teenager, der den Wohnungsschlüssel verloren hatte und nicht wusste, wohin. »Es tut mir leid«, sagte sie. »Ich habe einen Fehler gemacht, und wenn du mir böse bist, kann ich das verstehen, aber ich …«
    Â»Ich bin dir böse«, sagte Emma.
    Sera stand auf und griff nach

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