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Der Advent, in dem Emma ihren Schutzengel verklagte

Der Advent, in dem Emma ihren Schutzengel verklagte

Titel: Der Advent, in dem Emma ihren Schutzengel verklagte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noel Hardy
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die er mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck in ein Regal stellte. Dann trat er einen Schritt zurück, rieb sich die Hände und nickte. Plötzlich drehte er sich um und sah zum Eingang hinüber, als fühlte er sich beobachtet.
    Der Monsignore wäre fast ausgerutscht und gestürzt, so rasch wich er zurück.
    Ein weiterer Kunde betrat den Laden. Sofort veränderte sich Salásys Gesichtsausdruck. Die Zufriedenheit wich Neugier, als er rief: »Ich hatte doch gesagt, wir dürfen nicht zusammen gesehen werden, bis alles über die Bühne gegangen ist. Wenn Brahms erfährt, dass ich …« Er senkte die Stimme, aber der Monsignore hatte ohnehin genug gehört.
    Wenzel machte kehrt und ging schnell zurück. Seltsam, dass der Baron, wenn es denn überhaupt ein echter Titel war, noch nie bei ihm gewesen war. Solche Schwindler versuchten ihr Glück fast immer zuerst bei der Kirche, wenn sie ein geeignetes Objekt bei der Hand hatten, weil sie dort weniger Sachverstand vermuteten. Andererseits war die Madonna, die sich im Lager von Emmas Vater befand, mit großer Wahrscheinlichkeit echt. Was versprach sich Salásy dann bloß davon? Oder war es etwa so, dass er sie selbst für eine Fälschung hielt?
    Wenzel beschloss, die Madonna möglichst umgehend einer genauen Prüfung unterziehen zu lassen. Er wollte Emma helfen, aber das war nicht einfach. Er wollte Gutes tun und schämte sich seines mangelnden Einflusses, seiner beschränkten Macht. Und ihren Vater kannte er überhaupt erst seit gestern persönlich. Aber jetzt, wo das arme Kind vom Gerüst gestürzt war, musste er erst recht versuchen, den beiden unter die Arme zu greifen. Warum hatte sie nur so viel Pech? Selbstredend war ihm nicht entgangen, dass Emma keinen Schritt tun konnte, ohne dass ihr ein Missgeschick widerfuhr. Dabei war sie so ein hübsches Ding – die Haut zart und blass, die Augen strahlend blau und ein Gesicht wie eine Schäferin aus Nymphenburger Porzellan.

    E mma hörte schneller von Schill, Bitter & Köstlich, als sie erwartet hatte, aber es waren keine guten Nachrichten.
    Sie saß im Bett, umgeben von Kunstbüchern mit Dar stellungen der Heiligen Dreifaltigkeit, geordnet nach Jahr hunderten und Malschulen. Gerade blätterte sie in einem Band, der ausschließlich den Abbildungen von Engeln gewidmet war. Eine Zeichnung von Paul Klee mit dem Titel Vergesslicher Engel faszinierte sie so sehr, dass sie, als das Telefon läutete, einige Sekunden lang nicht wusste, wo sie war und was das Klingeln zu bedeuten hatte.
    Endlich griff sie nach dem Hörer und meldete sich. »Erinnern Sie sich an das, was ich Ihnen gesagt habe?«, fragte Pieter Schill.
    Â»An das meiste, ja«, antwortete Emma.
    Â»Ich habe gesagt, dass Sie hoffentlich wissen, worauf Sie sich einlassen, wenn Sie den Arzt und die Klinik verklagen.«
    Emma schwieg.
    Â»Und ich habe Ihnen auch gesagt, dass Sie dafür viel Geduld und noch mehr Geld brauchen«, fuhr der Anwalt fort.
    Emma schwieg weiter.
    Â»Schön, ich habe nämlich gleich am nächsten Tag Klage beim Amtsgericht eingereicht, und das Gericht hat den Beklagten die Klageschrift inzwischen zugestellt.«
    Â»Gut.«
    Â»Ich habe Ihnen auch gesagt, dass die alle unter einer Decke stecken und sich gegenseitig Schützenhilfe geben, erinnern Sie sich?«
    Â»Ja.«
    Â»Tja, dann wird es Sie nicht überraschen, wenn ich jetzt zu den schlechten Nachrichten komme: Die Klinik und Ihr Chirurg, Doktor Uwe Netterling, haben ihrerseits Klage gegen Sie eingereicht!«
    Â»Gegen mich? Wieso?«
    Â»Verleumdung und Körperverletzung. Stimmt es, dass Sie den Arzt geohrfeigt haben?«
    Â»Nur ein bisschen …«
    Â»Und die Rechnung haben Sie auch nicht beglichen.«
    Â»Natürlich nicht. Ich bezahle doch nicht für einen kriminellen Eingriff, bei dem ich beinahe gestorben wäre, und einen gestohlenen Blinddarm, den ich behalten wollte!«
    Â»Das würde erklären, warum Sie den Beleg mit dem Vermerk ›Fickt euch doch!‹ zurückgeschickt haben.«
    Â»Nur das Duplikat.«
    Â»Und was ist mit dem Schmerzensgeld?«
    Â»Was ist damit?«
    Â»Das werden Sie wohl auch nicht bezahlen, nehme ich an?«
    Â»Bezahlen? Ich dachte, das kriege ich?!«
    Â»Nicht das, auf das wir klagen. Ich spreche von dem, das der Arzt verlangt.«
    Â»Schmerzensgeld – der? Was ist mit meinen

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