Der Afghane
Piraten Schlepper gestohlen. Einige davon sind nie wieder aufgetaucht. Sie haben keinerlei Wiederverkaufswert, weil sie ziemlich auffällig und schwer zu verändern sind. Wozu werden sie gebraucht? Wir vermuten, man könnte damit einen gekaperten Supertanker in einen großen internationalen Hafen wie Singapur schleppen.«
»Und sprengen?«, fragte Hill.
»Nicht nötig. Einfach mit offenen Ventilen versenken. Der Hafen wäre für zehn Jahre geschlossen.«
»Okay«, sagte Marek Gumienny. »Das wäre mögliches Ziel Nummer eins. Einen Supertanker entführen und damit einen Hafen zerstören. Wäre das spektakulär? Klingt ziemlich banal, von den Auswirkungen für den betroffenen Hafen abgesehen. Keine Toten.«
»Aber es geht schlimmer weiter«, mischte sich Chuck Hemingway ein. »Mit einem Schiff lassen sich Zerstörungen anrichten, die für die Weltwirtschaft gigantischen Schaden bedeuten können. In seinem Video vom Oktober 2004 hat Bin Laden selbst gesagt, er wolle sich jetzt auf ökonomischen Schaden konzentrieren.
Kein Mensch da draußen in den Shoppingcentern und Tankstellen ist sich im Klaren darüber, wie sehr der gesamte Welthandel inzwischen auf Just-in-Time-Lieferungen eingestellt ist. Warenlager und Vorratshaltung sind völlig aus der Mode gekommen. Ein in China produziertes T-Shirt, das montags in Dallas verkauft wird, ist wahrscheinlich am Freitag zuvor im Hafen angekommen. Das Gleiche gilt für Benzin.
Denken Sie an den Panamakanal. Den Suezkanal. Schließen Sie die, und die gesamte Weltwirtschaft stürzt ins Chaos. Der Schaden würde sich auf hunderte Milliarden Dollar belaufen. Es gibt noch zehn andere Schifffahrtsstraßen, die so schmal und so lebenswichtig sind, und man brauchte nur einen großen Frachter oder einen Tanker quer darin zu versenken, um sie zu blockieren.«
»Na gut«, sagte Marek Gumienny. »Hören Sie, ich habe einem Präsidenten und fünf anderen Vorgesetzten Bericht zu erstatten. Sie, Steve, haben Ihren Premierminister. Wir können auf dieser Nachricht von Crowbar nicht einfach sitzen bleiben. Es reicht auch nicht, wenn wir darüber in Tränen ausbrechen. Wir müssen konkrete Maßnahmen vorschlagen. Sie wollen aktiv sein, man soll sehen, dass Sie etwas unternehmen. Also machen Sie uns eine Liste der wahrscheinlichen Optionen und der entsprechenden Gegenmaßnahmen. Verdammt, wir sind doch nicht völlig wehrlos.«
Chuck Hemingway legte ein Papier auf den Tisch, das er und Seymour vorbereitet hatten.
»Sehen Sie sich das an, Sir. Unserer Ansicht nach ist Wahrscheinlichkeit Nummer eins die Entführung eines sehr großen Schiffs – eines Tankers, eines Erzfrachters – und seine Versenkung in einem schmalen, aber lebenswichtigen maritimen Flaschenhals. Gegenmaßnahmen? Alle diese Engpässe identifizieren und Kriegsschiffe zu beiden Seiten postieren. Alle einfahrenden Schiffe müssen Marineinfanteristen an Bord haben.«
»O Gott«, seufzte Steve Hill, »das gibt ein Chaos. Man wird uns Piraterie vorwerfen. Und was ist mit den Gewässern im Besitz fremder Staaten? Haben die nichts zu sagen?«
»Wenn die Terroristen Erfolg haben, bedeutet es das Ende der Schifffahrt und den Ruin der Küstenländer. Es braucht keine Verzögerungen zu geben – die Marines können an Bord der einfahrenden Frachter gehen, ohne dass sie ihre Fahrt verlangsamen. Und natürlich können die Terroristen auf einem Geisterschiff gar nicht zulassen, dass Militär an Bord kommt. Sie müssen das Feuer eröffnen, sich zu erkennen geben und fliehen. Ich glaube, auch die Reedereien werden uns zustimmen.«
»Wahrscheinlichkeit Nummer zwei?«, fragte Steve Hill.
»Sie fahren das Geisterschiff, randvoll mit Sprengstoff, in eine große Anlage, in eine Pipeline-Insel zum Beispiel oder in eine Ölplattform. Die ökologischen Schäden sind astronomisch, und die wirtschaftlichen Verluste werden jahrelang nachwirken. Saddam Hussein hat es in Kuwait getan; er hat sämtliche Ölquellen in Brand gesetzt, als die Koalitionstruppen einmarschierten, und nichts als verbrannte Erde zurückgelassen. Gegenmaßnahme wie oben: Jedes Schiff, das auch nur in die Nähe solcher Anlagen kommt, muss abgefangen und außerhalb einer Zehnmeilensicherheitszone positiv identifiziert werden.«
»Dazu haben wir nicht genug Kriegsschiffe«, gab Steve Hill zu bedenken. »Jede Pipeline-Insel, jede küstennahe Raffinerie, jede Ölplattform?«
»An der Kostenlast müssen sich die Eigentümerstaaten beteiligen. Es müssen auch nicht unbedingt
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