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Der Afghane

Der Afghane

Titel: Der Afghane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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haben übrigens inzwischen nur noch eine Handvoll Petroleumgastanker zu checken.
    Was die Mehrzweckfrachter angeht, mussten wir wegen ihrer gewaltigen Zahl bei denen unter zehntausend Tonnen aufhören. Nur wenn sie in die verbotene Zone vor den beiden amerikanischen Küsten eindringen, werden die Yankees sie sehen und untersuchen. Was die übrigen angeht – jeder größere Hafen der Welt ist davon in Kenntnis gesetzt worden, dass die westlichen Geheimdienste vermuten, ein gekapertes Geisterschiff könnte auf hoher See unterwegs sein, und sie müssen ihre eigenen Vorsichtsmaßnahmen treffen. Aber offen gesagt, ein Hafen, den al-Qaida für ein Blutbad ausersehen hat, dürfte in einem entwickelten, westlichen Land liegen, nicht in Lagos oder Dakar, und nicht in einem muslimischen, hinduistischen oder buddhistischen Land. Damit umfasst die Liste der nichtamerikanischen Häfen, die in Gefahr sein könnten, unter dreihundert.«
    Es klopfte, und jemand steckte den Kopf zur Tür herein. Ein sehr junger Mann mit rosigen Wangen namens Conrad Phipps.
    »Eben haben wir den Letzten hereinbekommen, Sam. Die Wilhelmina Santos aus Caracas bringt flüssiges Petroleumgas nach Galveston. Sie bestätigt, dass alles okay ist, und die Amerikaner bereiten sich darauf vor, an Bord zu gehen.«
    »Das war's?«, fragte Hill. »Jeder Petroleumgastanker der Welt ist erfasst?«
    »Die Auswahl ist nicht groß, Steve«, sagte Seymour.
    »Sieht trotzdem so aus, als wäre die Idee mit den Gastankern eine Sackgasse gewesen.« Hill stand auf und wollte nach London zurückfahren.
    »Eins macht mir noch Sorgen, Mr. Hill«, sagte der Frachtexperte.
    »Nennen Sie mich Steve«, sagte Hill. Beim SIS redet man sich seit jeher mit Vornamen an, vom höchsten bis zum niedrigsten Mitarbeiter mit Ausnahme des obersten Chefs. Diese Formlosigkeit gehört zum Team-Ethos.
    »Na ja, vor drei Monaten ging ein Petroleumgastanker mit der gesamten Besatzung verloren.«
    »Und?«
    »Niemand hat ihn wirklich sinken sehen. Der Kapitän hat einen Notruf abgesetzt: Er habe einen unlöschbaren Brand im Maschinenraum und könne sein Schiff wohl nicht retten. Und dann … nichts mehr. Das Schiff hieß Java Star.«
    »Keine Spuren?«, fragte Seymour.
    »Doch. Spuren. Bevor der Funkkontakt abbrach, hat er seine exakte Position angegeben. Als Erstes an Ort und Stelle war ein Kühlschiff, das von Süden heraufkam. Der Kapitän meldete selbst aufblasende Rettungsboote, Rettungswesten und diverses Treibgut. Keine Spur von Überlebenden. Von Kapitän und Mannschaft hat man nie wieder gehört.«
    »Tragisch, aber warum interessiert uns das?«, fragte Hill.
    »Wegen der Gegend, wo es passiert ist, Sir … äh … Steve. In der Celebes-See. Zweihundert Meilen weit von einer Insel namens Labuan.«
    »Scheiße«, sagte Steve Hill und fuhr nach London.
    Während Hill im Wagen saß, überquerte die Countess of Richmond den Äquator. Sie war auf Kurs Nord-Nordwest, und nur der Steuermann wusste, wohin er führte. Das Ziel war ein Punkt achthundert Meilen weit westlich der Azoren und zwölfhundert Meilen weit östlich der amerikanischen Küste. Weiter nach Westen fortgesetzt, würde dieser Kurs die Countess nach Baltimore bringen, am oberen Ende der dicht bevölkerten Chesapeake Bay.
    Einige der Männer an Bord begannen schon frühzeitig mit ihren Vorbereitungen für den Eingang ins Paradies: Sie rasierten ihre Körperbehaarung ab und verfassten ihr letztes Testament des Glaubens, und jeder verlas es vor laufender Kamera.
    Auch der Afghane tat es, doch er zog es vor, es auf Paschto zu tun. Aus seiner Zeit in Afghanistan kannte Jusuf Ibrahim ein paar Worte dieser Sprache, und er gab sich Mühe, zu verstehen, was gesagt wurde. Aber selbst wenn seine Sprachkenntnisse fließend gewesen wären, hätte er an diesem Testament nichts aussetzen können.
    Der Mann aus Tora Bora sprach von der Vernichtung seiner Familie durch eine amerikanische Rakete und seiner Freude darüber, dass er sie nun bald Wiedersehen werde, während er dem Großen Teufel endlich seine gerechte Strafe zukommen lasse. Während er sprach, war ihm klar, dass nichts von all dem je in physischer Form das Land erreichen würde. Suleiman würde es in seinem Datastream übermitteln, bevor auch er starb, und seine Ausrüstung mit ihm. Aber anscheinend wusste immer noch niemand, wie sie sterben und auf welche Weise den USA Gerechtigkeit widerfahren sollte – mit Ausnahme des Sprengstoffexperten und Ibrahims selbst. Doch die beiden

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