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Der Afghane

Der Afghane

Titel: Der Afghane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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eigentliche Sammeln nachrichtendienstlicher Erkenntnisse zuständig, während der Deputy Director (Intelligence) das Abgleichen und die Analyse des eingehenden Materials übernimmt und die Rohinformationen zu einem sinnvollen Bild zusammenfügt.
    Diesen beiden unmittelbar unterstellt sind der Director of Counter-Intelligence, der den Geheimdienst vor Infiltration und internen Verrätern zu schützen hat, und der Director of Counter-Terrorism, dessen Abteilung sich immer mehr zum Kesselraum des Dienstes entwickelt, seit die Aktivitäten der CIA sich von der alten UdSSR ab- und den neuen Bedrohungen aus dem Nahen und Mittleren Osten zugewandt haben.
    Der Deputy Director (Operations), kurz DDO genannt, war seit Beginn des Kalten Krieges nach 1945 immer ein Sowjet-Experte, und die für die UdSSR, ihre Satellitenstaaten und Osteuropa zuständige Abteilung war der richtige Ort für einen ehrgeizigen Berufsoffizier. Marek Gumienny war der erste Arabist im Amt des DDO. Als junger Agent hatte er mehrere Jahre im Nahen und Mittleren Osten verbracht und zwei der dortigen Sprachen erlernt – Arabisch und Farsi, die Sprache des Iran –, und er kannte die Kultur.
    Selbst im 24-Stunden-Betrieb dieses Gebäudes ist die sonntägliche Morgendämmerung kein günstiger Zeitpunkt, um einen heißen, starken Kaffee aufzutreiben, wie er ihn gern trank. Also machte er ihn selbst. Während die Kaffeemaschine gluckerte, öffnete Gumienny das Paket auf seinem Schreibtisch und nahm die dünne, versiegelte Akte heraus.
    Er wusste, was ihn erwartete. Fort Meade hatte die Daten vom Laptop des Ägypters geborgen, übersetzt und analysiert, aber die CIA in Zusammenarbeit mit den Briten und dem pakistanischen CTC hatte den Laptop sichergestellt, und die CIA-Niederlassungen in Peschawar und Islamabad hatten ihren Chef mit umfangreichen Berichten auf dem Laufenden gehalten.
    Die Akte enthielt sämtliche Dateien, die sich auf dem Laptop des al-Qaida-Bankers befunden hatten, doch die beiden Briefe, insgesamt drei Seiten lang, waren das Wichtigste. Der DDO sprach ein schnelles, flüssiges Umgangsarabisch. Schriftliche Texte zu lesen ist schwieriger, und so musste er immer wieder auf die Übersetzungen zurückgreifen.
    Er las den Report der Korankommission, den die beiden Nachrichtendienstoffiziere nach dem Meeting verfasst hatten, aber darin fand sich nichts Überraschendes. Ihm war schon klar, dass der Verweis auf al-Isra, die magische Reise des Propheten durch die Nacht, nur das Codewort für ein wichtiges Projekt sein konnte.
    Dieses Projekt musste jetzt einen internen Namen für die amerikanischen Nachrichtendienste bekommen. Al-Isra durfte es nicht heißen, denn sonst würden andere gleich wissen, was sie herausgefunden hatten. Er öffnete die Kryptografiedatei, um einen Namen zu finden, mit dem er und seine Kollegen das al-Qaida-Projekt von jetzt an bezeichnen würden.
    Codenamen kommen aus dem Computer und werden per Zufallsgenerator entwickelt, damit sie nichts verraten. In diesem Monat benutzte die CIA Fischnamen; der Computer entschied sich für den Stachelrochen, und das Codewort lautete »Projekt Stingray«.
    Das letzte Blatt in der Akte war Samstagnacht hinzugefügt worden. Sein Inhalt war kurz und knapp. Es stammte von der Hand eines Mannes, der nicht gern viele Worte machte, einem der sechs Geheimdienstoberen, dem US-Geheimdienstkoordinator. Offensichtlich war die Akte von Fort Meade geradewegs zum Nationalen Sicherheitsrat, zum Geheimdienstkoordinator und ins Weiße Haus gegangen. Marek Gumienny konnte sich vorstellen, dass das Licht im Oval Office bis tief in die Nacht hinein gebrannt hatte.
    Das letzte Blatt trug den Briefkopf des Director of National Intelligence. Darunter stand in Großbuchstaben:
     
    WAS IST AL-ISRA?
    NUKLEAR, BIOLOGISCH, CHEMISCH,
    KONVENTIONELL?
    FESTSTELLEN, WAS, WANN UND WO.
    EINSCHRÄNKUNGEN: KEINE
    VOLLMACHTEN: ALLE
    JOHN NEGROPONTE
     
    Unterschrift unleserlich. Es gibt neunzehn wichtige Geheimdienst-und Datenarchivierungsdienste in den USA. Der Brief, den Marek Gumienny in der Hand hielt, machte ihn zum Vorgesetzten für sie alle. Sein Blick wanderte zum oberen Teil des Schreibens. Es war an ihn persönlich adressiert.
    Es klopfte.
    Ein junger GS15 stand draußen und hatte wieder etwas abzuliefern. General Service, kurz »GS«, ist nichts weiter als eine Gehaltsskala, und die 15 bedeutet, dass es sich um einen Mitarbeiter der unteren Gruppen handelt. Gumienny schenkte dem jungen Mann ein aufmunterndes

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