Der Afghane
stets für sich behielt.
Vielleicht fand er, die Regel, dass jeder nur so viel wissen müsse, wie nötig war, damit er seine Aufgabe erfüllen konnte, gelte für beide Seiten. Vielleicht hielt er dieses Detail auch nur für unwichtig. Es stammte aus einer geflüsterten Unterhaltung in den Schatten eines Höhlenlazaretts, geleitet von Arabern an einem Ort namens Jaji.
ZWEITER TEIL
KRIEGER
VIER
Die Entscheidung, die in dem Obstgarten in Hampshire fiel, führte zu einem Wirbelsturm weiterer Entscheidungen der beiden Geheimdienstmänner. Zunächst benötigten beide das Einverständnis ihrer politischen Herren.
Das war leichter gesagt als getan, denn Mike Martin hatte zur obersten Bedingung gemacht, dass nicht mehr als ein Dutzend Leute wissen dürfe, worum es bei der Operation Crowbar gehe. Seine Sorge stieß auf volles Verständnis.
Wenn fünfzig Leute Kenntnis von einer so interessanten Sache haben, wird irgendwann irgendeiner von ihnen plaudern. Nicht absichtlich, nicht böswillig, nicht einmal aus Übermut – aber geschehen wird es unweigerlich.
Wer jemals in verdeckter Mission in einer lebensgefährlichen Situation gewesen ist, der weiß, dass es schon nervenzermürbend genug ist, darauf zu vertrauen, dass man sein Handwerk gut genug versteht, um keinen Fehler zu machen und nicht entdeckt zu werden. Auch noch hoffen zu müssen, dass man nicht durch irgendeinen unvorhersehbaren Zufall verraten wird, ist eine unaufhörliche Belastung. Aber der größte Albtraum ist es, die Gefangennahme und den langen, qualvollen Tod einem Idioten zu verdanken, der sich in einer Bar vor seiner Freundin gebrüstet hat und dabei belauscht wurde. Das ist die schlimmste Befürchtung von allen. Und deshalb wurde Martins Bedingung sofort akzeptiert.
In Washington kam John Negroponte mit Marek Gumienny überein, dass Gumienny der alleinige Vertrauensmann sein sollte, und gab ihm grünes Licht. Steve Hill aß mit jemandem von der britischen Regierung in seinem Club zu Abend und traf die gleiche Vereinbarung. Damit waren es vier.
Aber Gumienny und Hill wussten, dass sie nicht vierundzwanzig Stunden täglich am Ball bleiben konnten. Jeder von ihnen brauchte einen leitenden Mitarbeiter für das Tagesgeschäft. Marek Gumienny bestellte einen aufsteigenden Arabisten aus der Anti-Terror-Abteilung der CIA: Michael McDonald ließ alles stehen und liegen, erklärte seiner Familie, er müsse für eine Weile in Großbritannien arbeiten, und flog ostwärts, als Marek Gumienny auf dem Heimweg war.
Steve Hill holte seinen Vertreter, Gordon Phillips, aus der Nahostabteilung. Bevor die beiden Geheimdienstler sich trennten, vereinbarten sie noch, jeder Aspekt von Crowbar müsse mit einer glaubhaften Legende versehen werden, damit niemand unterhalb der Top Ten erfuhr, dass ein westlicher Agent bei al-Qaida eingeschleust wurde.
In Langley und Vauxhall Cross wurde verbreitet, die beiden Männer, die auf diese Weise verschwanden, legten eine weiterbildende Studienperiode ein und würden in den nächsten sechs Monaten nicht an ihrem Schreibtisch sitzen.
Steve Hill machte die beiden, die von jetzt an zusammenarbeiten würden, miteinander bekannt und weihte sie in die Ziele der Operation Crowbar ein. McDonald und Phillips wurden sehr still. Hill hatte die beiden nicht in einem Büro in der Zentrale am Themse-Ufer untergebracht, sondern in einem »sicheren Haus« – einem von mehreren, die die Firma auf dem Land unterhielt.
Als sie ausgepackt hatten und ins Wohnzimmer kamen, warf Hill jedem von ihnen eine dicke Akte zu.
»Die Suche nach einer Operationsleitstelle beginnt morgen«, sagte er. »Sie haben vierundzwanzig Stunden Zeit, sich das alles einzuprägen. Das ist der Mann, der für uns hineingehen wird. Bis zu dem Tag werden Sie mit ihm arbeiten, und danach arbeiten Sie für ihn. Und das hier« – er warf eine dünnere Akte auf den Couchtisch – »ist der Mann, für den er sich ausgeben wird. Natürlich wissen wir über ihn viel weniger. Aber das ist alles, was die amerikanischen Verhörspezialisten in Gitmo in mehreren hundert Stunden aus ihm herausholen konnten. Lernen Sie auch das auswendig.«
Als er gegangen war, baten die beiden jüngeren Männer die Haushälterin um eine große Kanne Kaffee, und dann fingen sie an zu lesen.
Bei einem Besuch der Farnborough Air Show im Sommer 1977, als er fünfzehn war, verliebte sich der Schüler Mike Martin. Sein Vater und sein kleiner Bruder waren mit ihm dort, fasziniert von den
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