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der Agentenschreck

der Agentenschreck

Titel: der Agentenschreck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Gilman
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Straßenlampe schien heller.
    Ein großer offener Lastwagen rumpelte mit quietschenden Bremsen durch die Straße.
    Im Korridor ertönten Schritte. Debby sprang rasch ins Bett und schloß die Augen. Mrs.
    Pollifax sollte nicht wissen, daß sie ihr gefehlt hatte. Ihre Eile war allerdings überflüssig, denn Mrs. Pollifax hatte große Mühe mit dem Schlüssel und dem Türschloß.
    Die Tür öffnete sich. Debby drückte die Augen zu und stellte sich schlafend. Das war ein Fehler. Kaum fiel ihr nämlich auf, daß Mrs. Pollifax weder schwere Stiefel trug, noch nach Zwiebeln roch, hatten ihr auch schon derbe Hände einen Knebel in den Mund gestopft. Ihr blieb nicht mal die Zeit, zur Seite zu kollern und um sich zu schlagen oder aufzuspringen, weil sie in einen rauhen, muffigen Teppich gerollt wurde. Dann hob man sie hoch und — es war unglaublich, aber die einzige Erklärung — ans offene Fenster, aus dem sie auf die Straße geschubst wurde, wo wartende Hände sie in Empfang nahmen.
    Während Mrs. Pollifax zur Burg ging, wurde es unvermittelt Nacht. Es war feucht und windig.
    Sie überquerte die Brücke und ließ die freundlichen, anheimelnden Geräusche des Ortes hinter sich. Eine ungewohnte Welt ländlicher Stille umfing sie. Die schmale Straße war nicht beleuchtet. Vor ihr schob sich der Mond über den Tsavaretsberg und beschien die einsamen Türme der alten Festung. Ein Käuzchen schrie. Mrs. Pollifax zuckte zusammen. Aus den Büschen auf dem Berg drangen das girrende Lachen eines Mädchens und ein entzückter Aufschrei.
    Mrs. Pollifax war also nicht ganz allein. Trotzdem wandte sie sich immer wieder ängstlich um.
    Ein Auto manövrierte sich vorsichtig durch das Tsavaretstor.
    In der Dunkelheit sah es aus wie eine große Schnecke mit glühenden Augen. Mrs. Pollifax staunte, daß hier überhaupt Autos fahren durften. Aber vermutlich brauchten die mit der Restaurierung der Burg Beauftragten Beförderungsmittel. Sie drückte sich an den Mauerrest und wollte den Wagen vorbei lassen. Aber er fuhr nicht vorbei, sondern wurde langsamer.
    Dicht vor ihr hielt er an. Eine Tür wurde geöffnet und drängte Mrs. Pollifax gegen die Mauer.
    »Steigen Sie ein, Mrs. Pollifax«, sagte eine Stimme.
    »Mr. Bemish?« stammelte sie verblüfft und spähte angestrengt in das finstere Wageninnere.
    Aber Mr. Bemish konnte doch nicht Tsanko sein! »War das Ihre Stimme, Mr. Bemish?«
    fragte sie unsicher. Im Heck regte sich etwas. Auf ein ersticktes Ächzen folgte ein Schrei: »Laufen Sie, Mrs. Pollifax!«
    »Debby?« rief Mrs. Pollifax überrascht.
    Ehe sie noch begriffen hatte, wieso Debby in diesem Wagen war, obwohl sie vor knapp einer Stunde fest im Hotel geschlafen hatte, und was Mrs. Bemish hier tat, wenn er doch in Sofia sein sollte, langte vom Hintersitz ein Arm nach ihr und zerrte sie unsanft ins Innere.
    Der Motor heulte auf, und der Wagen machte einen Sprung nach vorne.
    »Was fällt Ihnen ein!« rief Mrs. Pollifax und trommelte mit den Fäusten auf die Schultern des Fahrers.
    »Schaff sie mir vom Halse! Und kneble das Mädchen!« brüllte Bemish und redete dann scharf in bulgarischer Sprache auf seinen Begleiter ein, der Mrs. Pollifax an den Armen packte und ihr einen Revolver in den Nacken drückte. Gleichzeitig bewegte sich der eingerollte Teppich auf dem Boden des Wagens und schlug Mrs. Pollifax gegen die Füße.
    »Wie haben Sie Debby bekommen?« fragte sie Bemish.
    Er lachte in sich hinein. »Ganz einfach. Yugov ist bei Ihnen eingebrochen, hat sie in einen Teppich gerollt und sie aus dem Fenster in meine Arme geworfen. Das ist auf dem Balkan nicht außergewöhnlich.«
    »Aber was wollen Sie denn von uns?«
    »Ihr habt schon soviel Ärger gemacht, ihr beiden«, sagte er. »Das muß aufhören.«
    »Was für Ärger? Sie entführen uns und wir wissen nicht mal weshalb. Ich begreife überhaupt nichts.« Keiner nahm sich die Mühe, sie aufzuklären. Schließlich fragte sie. »Wohin fahren wir eigentlich?«
    »Zur Burg«, sagte Bemish. »Dort gibt es eine Reihe unterirdischer Gänge und Höhlen.«
    Das klang nicht verheißungsvoll. Auch Debby versuchte verzweifelt, sich aus dem Teppich zu befreien. »Muß Debby denn festgebunden sein wie ein Tier?« fragte sie.
    »Jawohl — wie ein Tier«, antwortete Bemish. Seine Stimme war voll Haß.
    Die Scheinwerfer fielen auf das Ende der Mauerreste.
    Dahinter verbreiterte sich die Straße und führte zu einer Lichtung. Am Horizont zeichnete sich der Festungsturm ab. Die Wagenlichter

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