der Agentenschreck
in eine Falle locken wollen.«
»Und ich hatte gedacht, daß man mir eine Falle stellt«, antwortete sie überrascht.
Vielsagend zuckte er die breiten Schultern. »Touche. Aber allmählich merken wir selbst, daß man es auf Sie abgesehen hat, Amerikanski. Sie sind in eine Sache geraten, von der wir
nichts wissen. Wie kommt das?«
»Philip Trenda«, antwortete Mrs. Pollifax. »Sagt Ihnen der Name etwas?«
»Möglich«, meinte er ausweichend und wandte sich an Kosta, der in einer Ecke hockte und beide Hände vor die Augen geschlagen hatte. »Was ist los?« fragte er und redete dann
bulgarisch weiter.
»Fehlt ihm etwas?«
»Er hat zum ersten Mal getötet«, erklärte Tsanko. »Er wird sich rasch erholen.«
»Sie haben meine Frage wegen Philip Trenda nicht beantwortet.«
Er zuckte die Achseln. »Niemand bekennt gern, daß er Radio Skolje hört. Das ist hier
nämlich verboten. Seine Verhaftung hat in der westlichen Welt große Empörung ausgelöst.
Wurden Sie deshalb in Sofia von« — er zog einen Zettel aus der Tasche und las — »einem
Mincho Kolarov und einem gewissen Assen Radev beschattet?«
»Zwei?« fragte Mrs. Pollifax verständnislos.
»Und jetzt diese Leute.«
»Das verstehe ich nicht«, antwortete sie. »Mir fiel nur ein kleiner grauhaariger Mann im grauen Anzug auf —«
»Das war Mincho Kolarov von der Geheimpolizei. Wer dieser Assen Radev ist, wissen wir
nicht. Er fuhr gestern abend auf ein Kollektiv außerhalb von Sofia zurück. Er dürfte Gänse züchten.«
»Gänse!« rief Mrs. Pollifax erstaunt.
»Ja. Und jetzt haben wir diesen Bemish in Begleitung eines Mannes, den keiner von uns
kennt.«
»Ich auch nicht. Sie sagten vorhin, er sei von der Geheimpolizei. Woher wollen Sie das
wissen?«
»Sie haben gesehen, daß ich ihm die Brieftasche abnahm.
Seine Ausweise lauten auf Titko Yugov. Diese Art Ausweis wird nur Angehörigen der
bulgarischen Geheimpolizei ausgestellt.«
Er gab ihr ein schmales Kärtchen aus Plastik. »Sieht aus wie ein Lotterieschein oder eine Badekarte«, hörte sie sich sagen.
Dann begann sie in ihrer Tasche zu kramen. »Hier«, sagte sie verwundert. »Ich hatte es
vollkommen vergessen. Was steht hier? Wie Sie sehen, ist es genau das gleiche Kärtchen, nur trägt es einen anderen Namen. Ich habe es seit Belgrad in meiner Tasche.«
Tsanko musterte das Kärtchen und sah sie fragend an. »Es gehört einem gewissen Nikolai
F. Dzjagorov, mit der Dienstnummer 3891F der Geheimpolizei der Volksrepublik Bulgarien.«
Debby hatte bisher müde an der Wand gelehnt. Jetzt richtete sie sich jäh auf. »Das ist
Nikki !«
»Na bitte«, sagte Mrs. Pollifax. »Da haben wir den Beweis.
Nikki ist nicht nur Bulgare, sondern sogar von der Geheimpolizei.« Das Wissen stimmte sie traurig, denn damit schwand jede Hoffnung, Philip könnte irrtümlich verhaftet worden sein.
»Am besten, ich erzähle Ihnen die ganze Geschichte. Vielleicht können Sie uns dann
erklären, in was wir geraten sind.«
Debby hörte Mrs. Pollifax mit wachsender Verblüffung zu.
»Kein Wunder, daß Sie Riechsalz nötig hatten«, bemerkte Tsanko und musterte Mrs.
Pollifax neugierig. »Jetzt ist mir natürlich alles klar. Sie wissen zuviel. Das ist in Bulgarien unerwünscht, besonders wenn es sich um einen Fall der Geheimpolizei handelt.«
»Aber was weiß ich denn?« widersprach Mrs. Pollifax.
»Überlegen wir mal. Der Luxus in Bemishs Wohnung deutet auf eine fürstliche Belohnung.
Bemish selbst sprach von monatelangen Vorarbeiten.«
»Ja.« Mrs. Pollifax nickte nachdrücklich.
»Das Kärtchen, das Ihnen Philip Trenda am Flughafen gab«
— er tippte mit dem Finger drauf — »erklärt Nikkis Schwierigkeiten an der Grenze. Ohne
Ausweis konnte er nicht beweisen, daß er von der Geheimpolizei ist. Daher wollte der
Zollbeamte ihn auch nicht bevorzugt behandeln.«
»Das leuchtet mir ein.«
»Auch Ihr Besuch bei Mr. Eastlake ist beobachtet worden. In einer Botschaft gibt es tausend Ohren. Wiederholen Sie nochmals ganz genau, was Bemish in den letzten Minuten im Keller sagte.«
Mrs. Pollifax runzelte die Stirn. »Er war furchtbar verbittert«, sagte sie. »Es ging um einen Bruder Stellas, einen Petrov, der nach Amerika ausgewandert ist und dort Millionen gemacht hat, die er hätte teilen müssen, wenn er in Bulgarien geblieben wäre.«
»Vermutlich mit Bemish«, schmunzelte Tsanko.
»Ja. Ich fragte ihn nach dieser Stella, und er sagte mir, daß sie seine Frau sei. Sie bekämen bloß
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