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der Agentenschreck

der Agentenschreck

Titel: der Agentenschreck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Gilman
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arrogant«, sagte Nevena. »Und wegen Ihnen, Mrs. Pollifax — bitte. Sie sind zu alt zum Reisen. Fahren Sie nach Hause zu Kindern und Kindeskindern, verstehen Sie?«
    Mrs. Pollifax holte tief Luft. Langsam dämmerte es ihr, daß sie den heutigen Tag doch noch überleben sollte. Die kühle Morgenluft belebte sie. Im Hotel war sie knapp am Zusammenbrechen gewesen. Nevena hatte nicht die leiseste Ahnung, daß sie ihr soeben das Leben gerettet hatte. Das erschien ihr derart unglaublich und großartig und auch verdreht, daß sie neue Kraft daraus schöpfte. »Ja«, sagte sie. Ihr Blick wanderte zum Vitosha, zu der Sonne, die die Straße in goldenes Licht tauchte, und zu den Büscheln strahlend blauer Astern.
    Nevena wich einer Schafherde aus, die die Straße überquerte. »Nahout«, fluchte sie leise und fuhr wie eine Besessene über die verlassenen Landstraßen. »Ihr Amerikaner müßt lernen Methode und Pünktlichkeit. Ich verzeihe viel, weil Sie sind alt, aber kommen Sie nie wieder in meine Heimat, verstehen Sie?«
    »Ich verstehe.« Mrs. Pollifax hielt sich an ihrem Sitz fest.
    Sie gelangten auf eine breite Hauptstraße. »Bitte, Polizei versammelt sich schon«, sagte Nevena vorwurfsvoll. »Parteichef Breschnjew landet bestimmt schon am Flugplatz. Vielleicht wir bleiben stecken. Ich fahre schnell, aber kann nicht versprechen. Besuch von berühmtem Chef der Sowjetunion ist große Ehre für mein Land.«
    »Heute wird es schön werden«, sagte Mrs. Pollifax. »Für seinen Empfang«, ergänzte sie rasch, da Nevena sie argwöhnisch anstarrte.
    »Wir waren schnell — hier ist Zufahrt zum Flughafen«, kündigte Nevena an. Mit einem raschen Blick auf ihre Uhr fügte sie hinzu: »Wir haben zehn Minuten Zeit für Zoll und dann eine halbe Stunde bis Abflug.« Als sie jedoch in die lange Zufahrt einbogen, schnalzte Nevena verärgert mit der Zunge. »Wir werden angehalten.« Ein Teil des Flughafens war abgesperrt worden. Polizisten bewachten die Sperre. Sie winkten den Wagen zu sich.
    Nevena wies sich aus, redete lebhaft auf den Polizisten ein und deutete nach vorne. Der Polizist schüttelte den Kopf.
    Nevena sagte achselzuckend: »Tja, wir müssen stehenbleiben, aber nicht lange. Und ist größte Ehre für Sie, Mrs. Pollifax — auch Sie werden Parteichef Breschnjew vorbeifahren sehen. Die Wagen verlassen soeben den Flughafen.« Sie stellte das Auto ab und stieg aus.
    »Kommen Sie, wenn Sie wollen«, meinte sie gleichgültig. »Für mich ist das großer Augenblick. Sehe ich den Parteichef doch noch.«
    Mrs. Pollifax kletterte aus dem Wagen und stellte sich neben Nevena an die Straße. Das war das mindeste, was sie zum Dank für ihre Lebensretterin tun konnte. Langsam näherte sich die Wagenkolonne. Den Anfang bildeten uniformierte Polizisten auf ihren Motorrädern, dann folgte eine lange, schwarze, geschlossene Limousine — »Da ist Parteichef Breschnjew mit unserem Premierminister!« rief Nevena und salutierte hingerissen. Dahinter fuhren drei offene Limousinen mit mehreren Herren mit undurchdringlichen Mienen. Alle trugen schwarze Anzüge.
    Wie steif und slawisch sie doch aussehen, dachte Mrs. Pollifax belustigt. Dann blieb ihr Blick an einem der Männer im zweiten Wagen hängen. Ungläubig riß sie die Augen auf. Dieses Profil, das eckige Kinn, die buschigen Augenbrauen waren unverkennbar. »Wer...«, begann sie, brach ab und räusperte sich.
    »Wer sind die Herren in den Wagen hinter Ihrem Premierminister, Nevena?«
    »Mitglieder unseres Politbüros«, sagte Nevena, den Blick geradeaus gerichtet. »Hohe Regierungsbeamte.«
    Morgen früh habe ich eine Verabredung, der ich nicht ausweichen kann, hatte Tsanko gesagt.
    Die Insassen hielten die Köpfe unbewegt wie Standbilder.
    Tsanko sah sie nicht. Mrs. Pollifax stand hinter Nevena, die nicht bemerkte, daß auch Mrs.
    Pollifax ehrerbietig die Hand zum Gruß erhob.

23
    Um sechs Uhr früh betrat Carstairs sein Büro. Durch die Affäre Trenda, die mit dem tragischen Tod des jungen Mannes geendet hatte, war eine Menge Arbeit liegengeblieben.
    Der bequeme Bürobeginn von neun Uhr genügte für amerikanische Angelegenheiten, aber in Europa war es um diese Zeit bereits vierzehn Uhr.
    Carstairs setzte sich an seinen Schreibtisch. Bishop tauchte gähnend und kopfschüttelnd aus dem Nebenraum auf.
    »Allmächtiger, was tun denn Sie um diese Zeit schon im Büro?« fragte Carstairs erstaunt.
    Bishop sah ihn aus glasigen Augen an. »Schlafen. Ich war gestern bummeln und fand es am

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