Der Alchimist von Krumau
Herrlichkeit nur winschen kännen. Und zur gläjchen Zäjt, Euer Gnaden, meege sich das tiefste alchymische Mysterium vor
Euern herrlichen Augen entrollen.« Er hob seinen Stock und machte eine rasche, komplizierte Bewegung, als schreibe er eine verschnörkelte Chiffre in die Luft. »Das Mysterium der alchymischen Vermählung!«
Noch während er die Formel mit pfeifender Stimme ausrief, traten zwei seiner Gesellen, Fackeln in den Händen, aus der Dunkelheit hinter dem Athanor. Weitere Lumpenkerle folgten, zwei trugen eine schwarze, längliche Holzkiste, zwei weitere einen Kasten von ähnlicher Form, der jedoch gleißte und funkelte wie schieres Gold.
»Frau Mond – die Königin«, sagte Hezilow, auf den schwarzen Kasten deutend, und die Gesellen stellten ihn polternd vor dem Kaisersessel ab. »Herr Sonne – der König«, rief Hezilow, und die goldene Truhe landete mit einem metallischen Hallen neben dem schwarzen Sarg.
Denn wie Särge sahen sie aus, nicht anders, dachte d’Alembert, gegen seinen Willen beeindruckt durch den Anblick des schwarzen und des goldenen Kastens, die in makabrer Vertrautheit beisammen standen.
Einmal mehr tupfte er sich den Schweiß von Stirn und Wangen. Was mochte Hezilow hinter dem schwarzen Tuch verbergen, der rechts vom Athanor wie ein Bühnenvorhang die Sicht verbarg? Wenn ich mich nur endlich hinlegen könnte, dachte Charles, ein paar Stunden ausruhen, eine Nacht, einen Tag, dann bin ich wieder bei Kräften.
Die väterliche Majestät hatte sich in ihrem Prunksessel vorgebeugt und den Kopf zugleich angehoben, sodass das spitze Habsburger-Kinn wie ein Pfeil auf die beiden Särge zeigte. Die Adlerfeder auf dem kaiserlichen Hut zitterte. Auf ein Zeichen des Puppenmachers hin rissen die Gehilfen mit einem Ruck den Deckel der goldenen Truhe auf.
O ihr Götter, dachte d’Alembert, und für einen Moment stockte wahrhaftig sein Herz.
Die Gestalt im goldenen Sarg war Fabrio.
Starr und bleich lag der kleine Syrakuser in der Truhe, die Hände vor der Brust zusammengelegt. Seine Augen waren geschlossen, ein weißer Mantel umhüllte den Körper, über und über bestickt mit löwengesichtigen Sonnenscheiben.
Er ist tot, dachte d’Alembert. Mehrmals in rascher Folge öffnete und schloss er seine Augen, dabei wusste er ja, dass es nur Theater war. Aber der Schein war so bezwingend, verstärkt noch durch das Fieber, das in seinen Adern kreiste, dass er nicht anders konnte, als immerzu auf den Liegenden zu starren und wieder und wieder zu denken: Er ist tot, tot, Fabrio ist tot!
Von seinem Publikum unbemerkt war Hezilow unterdessen vor den Athanor getreten, wo er sich mit Tiegel und Pelikan zu schaffen machte. »Erhebe dich, gettlicher Läj«, rief er mit pfeifender Stimme aus, »und ergieße deine Strahlenkraft in unser großes Werk!«
Während er dies rief, öffnete Fabrio im goldenen Sarg seine Augen. Benommen sah er um sich, als ob er wahrhaftig aus tiefem Schlaf geweckt worden wäre. Seine Hände glitten empor, und indem er sich taumelnd erhob, klaffte sein Sonnenmantel auf, und d’Alembert dachte mit jäher Verärgerung: Allzu wohlfeil, Herr Puppenmacher, glaube er nur nicht, dass mein Argwohn sich durch ein wenig bronzene Nacktheit einlullen ließe. Und er riss seinen Blick von Fabrios schimmernder Brust los, die sich im Spalt des Löwenmantels hob und senkte.
Hezilow hatte unterdessen eine gewaltige Kupferschale voll Wasser auf den Athanor gestemmt. Nun hob er eine Hand und rief mit pfeifender Stimme: »Erhebe dich, gettliche Schlange, und nimm den gettlichen Läj in deinen mercurischen Leib auf!«
Zu diesen Worten schwenkte er ein schwarzes Säcklein, gewiss wieder voll Pulver aus dem Saft der Mondviole, wie d’Alembert sich sagte.
Der Puppenmacher schüttete das Pulver in die Kupferschale, genüsslich schnappten die prallen Lippen im Bartgestrüpp auf und zu. Währenddessen sprangen zwei seiner Gehilfen zum schwarzen Holzkasten und rissen den Deckel herunter, dass er polternd zur Seite flog.
Wieder stockte Charles der Atem, und ein Frösteln überlief ihn, mit allem hatte er gerechnet, nur nicht mit diesem widerlichen Bild. Der ganze Kasten war bis unter den Rand mit einem grünlichweißen Schleim gefüllt, ähnlich dem Gallert von verdorbenem Fleisch.
Während der göttliche Leu im Sonnenmantel aus der goldenen Truhe stieg und die väterliche Majestät sich noch weiter vorbeugte, um den Inhalt des schwarzen Sarges zu betrachten, nahm Hezilow vor dem Athanor die
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