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Der Alchimist von Krumau

Der Alchimist von Krumau

Titel: Der Alchimist von Krumau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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musste sie gerade jetzt wieder an Mutter Bianca denken? Nur ruhig Blut, Mädchen, ihn wirst du sowieso nicht wiedersehen, jedenfalls nicht heute – Don Julius, der ihr nicht mehr aus dem Sinn ging, seit er vor zwei Tagen ihre Hand in der seinen gehalten hatte. Törichte Maid!, tadelte sie sich, glaubst du denn wirklich, dass Don Julius persönlich den Bader von Krumau und seine Tochter empfangen wird – nur weil die ihm einen sonderbaren Burschen ohne Nabel übergeben wollen, für den Herr Julius doch weder Interesse noch Verwendung haben kann? Als ob der junge Graf nichts Gescheiteres zu schaffen hätte! Allenfalls würde man sie zu einem steifnackigen Burgvogt vorlassen, dem sie ihr Begehr vorstottern dürften, und ehe sie sich recht versähen, stünden sie schon wieder draußen vorm Tor.
    »Rasch, links hinauf!«, flüsterte da der Bader, »wir kürzen durch die Töpfergasse ab!« Er packte Markéta und Flor bei den Armen und zog sie linkerhand eine schmale Treppe hinauf.
    In ihrem Rücken erklangen nun trappelnde Schritte und Keuchen wie von beschleunigtem Atem. Flor wollte sich umwenden, aber Markéta umklammerte seinen Arm fester und murmelte: »Nicht!« Ihre Lippen an seinem rechten Ohr ließen ihn heftig erschauern. »Wawarum?«, wisperte er zurück, doch Markéta zog ihn schweigend weiter voran, so schwindelnd schnell, dass sie alle drei den Blick nicht von den tanzenden Stufen zu heben wagten.
    Erst als sie oben angekommen waren, sah Flor auf und prallte förmlich zurück vor den hohen Mauern der Burg und dem schlanken, bunt bemalten Turm, der sich über ihren Köpfen erhob. »Mäjster Bottich!«, kreischte eine übel vertraute Stimme hinter ihnen. »So wart er doch auf Mäjster Hezilow!«
    Der Bader fuhr herum, Markéta und den Fremdling mit sich reißend. Weit unter ihnen, fast noch am Fuß der Treppe, stand der Puppenmacher, und Markéta spürte, wie Flor bei seinem Anblick erstarrte. Hinter der zwergischen Gestalt drängte sich ein halbes Dutzend vierschrötiger Gesellen, gleichfalls in schwarzen Lumpen, die Bärte wirr, die Fratzen gedunsen und fahl.
    »Bitte sehr um Nachsicht, Hochwohlgeboren«, rief Sigmund Pichler, »um Schlag zwölfe ist das Badehaus wieder offen!«
    Eine Hand auf dem Geländer, sah Hezilow starr zu ihnen herauf. Im nächsten Moment aber hob er den Arm und deutete mit seinem schwarzen Stöckchen zu ihnen empor. »Rölflein, hungrig Wölflein!«, kreischte er. »Was rennst du denn vor deinem Herrn davon?« Und er stieß ein helles, belferndes Lachen aus, raffte mit der Linken sein Gewand und schickte sich an, taumelnden Schritts die Stufen emporzusteigen.
    »Wenn er nur widerlich wär, wär’s arg genug«, sagte Markéta.
    »Aber ich fürchte, Vater, dein Püppchenmacher ist verrückter als ein tollwütiger Fuchs. Schnell, in die Burg!« Und sie zog Flor im Halbkreis herum und über den steilen Vorplatz auf das Burgtor zu, während hinter ihnen Hezilows atemloses Lachen und die Flüche seiner zerlumpten Kumpane erschallten.
    Vor dem Tor stand ein Soldat der gräflichen Garde aufgepflanzt. Der Bader trat vor ihn, die Fäuste auf den Hüften und einige Augenblicke lang heftig schnaufend. »Melde mich Don Julius«, verlangte er dann in unerwartet forschem Ton.
    »Mein Name ist Sigmund Pichler, ich bin der Bader von Krumau.«
    »Und wie lautet sein Begehr?«
    Der Bader legte seine Hände auf die Schultern von Flor und Markéta. »Dem Herrn Grafen zurückzubringen, was ihm zugehört.«

  8
     
     
    Der tönerne Kerl taumelte durch den Wald, und der Stern wirbelte über seinem Kopf im Kreis. Es war der sonderbarste Stern, den Julius je gesehen hatte: ein schädeldickes Knäuel ineinander verfilzter Ochsenseile, mit einem halben Dutzend schenkellanger Enden, die in Knoten so klobig wie Fäuste ausliefen, und aus jedem dieser Knoten glotzte ein schwarzes Auge hervor! Der tönerne Geselle hatte die Arme über seinen Kopf gelegt, der so grob geformt und jämmerlich nackt wie die ganze Gestalt war, nackt und rissig rot, denn er war ja von Kopf bis Fuß aus Lehm gebacken, und bloß die Ochsenseile bläuten ihm ein wenig Leben ein. Brummend wankte der kalte Kerl durch Tann und Tal, der Knotenstern wirbelte über seinem Schädel und peitschte unaufhörlich auf ihn ein, und immer im Niedersausen zogen sich die Augen in den Knoten zu blitzenden Schlitzen zusammen. Ein schwefelgelber Gewitterhimmel spannte sich über der Kreatur, die plötzlich in die Knie brach und die Augen himmelwärts

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