Der Algebraist
Fassin.
»Das hat man mir auch erzählt!«, strahlte
Y’sul. »Glaubst du wirklich, dass es dazu kommt? Ich bin
offen gestanden nicht sehr optimistisch. Meines Wissens wurden einige
schauderhaft fähige Unterhändler zugezogen… Ach ja.
Dein Rumpfpanzer, der dir so ungenügend den bedauerlicherweise
fehlenden Körper ersetzt, zeigt Hinweise, denen ich entnehme,
dass deine Bemerkung eben sarkastisch gemeint war.«
»Schon gut, Y’sul.«
»Nun denn, lassen wir das. Aber zu Valseir. Hier gibt es eine
Übereinstimmung.«
»Tatsächlich?«
»Ja!«
»Worin? Zwischen welchen Punkten?«
»Seinem Ableben und dem aufkeimenden Krieg, auf den du soeben
verwiesen hast!«
»Wirklich?«
»Ja! Ich glaube, seine alte Bibliothek – befindet sich
in der derzeitigen Kampfzone.«
»Aber wenn sie bereits aufgelöst wurde…«,
begann Fassin.
»Oh, es existieren sicherlich Kopien, und ich bin noch nicht
einmal sicher, dass man den alten Burschen schon endgültig zur
letzten Ruhe gebettet hat.«
»Nach zweihundert Jahren?«
»Komm schon, Fassin, es gab Erbschaftsfragen.«
»Und die Bibliothek liegt im Kriegsgebiet?«
»Sehr wahrscheinlich, ja! Ist das nicht aufregend? Wir
sollten uns sofort dorthin auf den Weg machen!« Y’sul
wedelte mit allen Gliedmaßen gleichzeitig. »Wir
rüsten eine Expedition aus! Wir reisen gemeinsam.« Er sah
Hatherence an. »Du kannst sogar deine kleine Freundin
mitnehmen.«
- Ich überlege, ob ich versuchen soll, über Ihre
Satelliten oder direkt Verbindung mit Ihrer Gemeinschaftsanlage
aufzunehmen, erklärte der Colonel.
- Ich würde das nicht tun, sendete Fassin. – Aber wenn Sie es nicht lassen können, sagen Sie mir vorher
Bescheid. Ich möchte dann nicht im betreffenden Raumabschnitt
sein.
- Sie meinen, ein Angriff wie nach Ihrem ›Ping‹
könnte uns auch hier treffen?
- Wahrscheinlich nicht gerade mitten in einer Dweller-Stadt.
Aber warum das Risiko eingehen? Wir wissen nicht, ob derjenige, der
auf uns schießt, so genau einschätzen kann, worauf er sich
einlässt, vielleicht knallt er uns einfach ab und kümmert
sich um die Folgen später. Wir wären nicht dabei, um
hämisch zu lachen.
- Wir müssen herausfinden, was vorgeht, Major Taak, drängte Hatherence.
- Ich weiß, und nachdem ich die lokalen Sender
abgehört habe, werde ich von einem weiter entfernten Punkt aus
eine Anfrage an einen Satelliten absetzen.
Der Colonel schwebte herüber und schaute auf den riesigen,
uralten und stark richtungsabhängigen Flachbildschirm, über
den Fassin an Informationen zu kommen suchte. Sie waren in
Y’suls Heim, einem baufälligen Rad-Haus in einem riesigen
Viertel voll ähnlich schäbig aussehender Rad-Häuser,
die an dünnen Stäben unter der Mittelebene der Stadt
hingen. Das Ganze sah aus, als hätte man einen Schrottplatz voll
explodierender Schaltgetriebe gefilmt und das Bild mittendrin
eingefroren.
Y’sul hatte sie in heller Aufregung von seinem Club hierher
begleitet. Dann hatte er sie alleine gelassen, und sich mit seinem
Diener Scholisch auf die Suche nach einem annehmbaren Schneider
begeben – sein Stammschneider hatte es sich ausgerechnet jetzt
in den Kopf gesetzt, den Beruf zu wechseln und Matrose auf einem
Panzerschiff zu werden; wahrscheinlich um sich so in den
heraufziehenden Krieg hineinzumogeln.
- Haben Sie etwas gefunden?, fragte der Colonel. Der Schirm
füllte sich mit einem Bild des Third Fury-Mondes. – Hm.
Der Mond sieht noch ziemlich intakt aus.
- Das ist eine alte Aufnahme, erklärte Fassin. Ich
versuche gerade, eine aktualisierte Version zu bekommen.
- Werden die Feindseligkeiten erwähnt?
- Kaum, antwortete Fassin. Er bediente die klobigen,
starren Schalter des alten Bildschirms mit einem Manipulator. Ein
kurzer Hinweis auf einem Radiosender für Minderheiten, aber das
ist auch schon alles.
- Immerhin hält man die Nachricht für
erwähnenswert! Ich finde, das ist ermutigend.
- Freuen Sie sich nicht zu früh, sendete Fassin.
– Wir reden von einem Sender, den ein paar Amateure für
die wenigen Gleichgesinnten betreiben, die sich wirklich dafür
interessieren, was im Rest des Systems vorgeht; er erreicht
vielleicht ein paar Tausend Dweller, und das bei einer
Bevölkerung von fünf oder zehn Milliarden.
- Ist die Zahl der Dweller in Nasqueron wirklich nicht genauer
festzustellen?
- Oh, ich habe Schätzungen von zwei Milliarden bis hinauf
zu zwei- oder gar dreihundert Milliarden gesehen.
- Auf solche Unsicherheiten bin ich auch bei meinen
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