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Der Algebraist

Der Algebraist

Titel: Der Algebraist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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erklärt.
    »Verpflichtet?«, hatte Y’sul gefragt, als höre
er das Wort zum ersten Mal.
    Jundriance wurde durch eine Nachricht auf seinem Bildschirm in
Kenntnis gesetzt, dass er Besuch hatte. Währenddessen hatten die
beiden mindestens einen Tag zur freien Verfügung. Falls er sie
sofort empfangen wollte, konnten sie die Bibliothek noch vor dem
Dunkelwerden betreten. Wenn nicht, konnte es lange dauern…
    »Colonel«, hatte Fassin vermittelt, »wir werden
für eine Weile auf ›Langsam‹ schalten müssen.
Warum soll sich Y’sul nicht inzwischen in der
Nähe…« – bei den letzten Worten hatte er sich
umgedreht und Y’sul eindringlich angesehen –
»amüsieren, anstatt in diesem Haus
herumzuhängen.«
    - Er wird sich nur in Schwierigkeiten bringen.
    - Anzunehmen. Aber was ist besser, Schwierigkeiten im Haus,
oder Schwierigkeiten außerhalb?
    Hatherence hatte leise vor sich hingegrollt, dann hatte sie
Y’sul streng erklärt: »Wir sind hier im
Kriegsgebiet.«
    »Ich habe die Netze abgehört!«, hatte Y’sul
protestiert. »Der Krieg ist tausende von Kilometern
entfernt.«
    »Tatsächlich?« Nuern hatte aufgehorcht. »Hat
er schon angefangen? Der Meister gestattet keine
Nachrichtenverbindungen innerhalb des Hauses. Wir erfahren gar
nichts.«
    »Schon vor zwölf Tagen«, hatte Y’sul
geantwortet. »Wir waren bereits mittendrin. Auf dem Weg hierher
hätte uns beinahe eine intelligente Mine erwischt. Mein Diener
wurde schwer verletzt, womöglich stirbt er.«
    »Eine intelligente Mine? Hier in der Nähe?«
    »Deine Sorgen sind berechtigt, mein Freund«, hatte
Y’sul in feierlichem Ton verkündet. »Hier fliegt
allerlei herum, und das ist ein weiterer – sogar der eigentliche
– Grund, warum ich mit meinem Schiff die Gegend absuchen
möchte.«
    »Und dein Diener wurde verletzt? Wie schrecklich.«
    »Ich weiß. Kriege sind schrecklich. Davon abgesehen
haben die Feindseligkeiten bisher kaum so viele Opfer gefordert, wie
mein Rücken Gliedmaßen hat. Auf jeder Seite zwei
manövrierunfähige Panzerkreuzer. Man kann wirklich noch
nicht sagen, wer gewinnt. Ich lasse meinen Sensorsaum auf Empfang und
halte euch auf dem Laufenden.«
    »Danke.«
    »Keine Ursache.«
    - Sie haben Recht, hatte Hatherence während dieses
Gespräches signalgeflüstert. – Wir sollten ihn
gehen lassen.
    - Können Sie mit Ihrem Schutzanzug Signalkontakt zum
Schiff halten, während Sie auf›Langsam‹
laufen?
    - Ja.
    - Gut.
    Fassin hatte sich an Y’sul gewandt. »Du bleibst doch in
der Nähe?«, hatte er ihn ermahnt. »Du lässt nicht
zu, dass sich die Poaflias zu weit entfernt?«
    »Natürlich! Ich schwöre es! Und ich werde diese
beiden Prachtkerle hier bitten, euch an meiner Stelle in jeder
Hinsicht zu Diensten zu sein.«
    Jundriance empfing sie sofort. Nuern hatte sie in eine der
äußeren Bibliothekskugeln geführt. Die Bibliothek
hatte ein Dach aus Diamantplättchen, durch das man direkt in den
zinnoberroten Himmel sehen konnte. Jundriance saß in einer
Schreibgrube etwa in der Mitte des nahezu kugelförmigen Raums
vor einem Leseschirm. An den Wänden standen Regale, manche so
breit, dass ein Mensch darin hätte schlafen können, andere
so schmal, dass kaum ein Kinderfinger darauf gepasst hätte. Die
meisten enthielten Bücher irgendwelcher Art. In
Karussellregalen, die horizontal zwischen die Wände oder
vertikal zwischen den Boden geklemmt waren, lagerten hunderte von
anderen Speichermedien: S-Wellen-Kristalle, Holoscherben, Pikospulen
und viele noch ausgefallenere Systeme.
    Fassin und Hatherence waren durch die dichte Atmosphäre zu
Jundriance und seinem Schreibtisch geschwebt. Nuern hatte für
Sitzgruben gesorgt, und die beiden hatten sich niedergelassen, wobei
Hatherence es so eingerichtet hatte, dass Fassin sich zwischen ihr
und dem Weisen befand. Jundriance ließ natürlich nicht
erkennen, dass er sie überhaupt bemerkt hatte.
    Dann hatten sie auf ›Langsam‹ geschaltet. Das war Fassin
viel leichter gefallen als Hatherence. Er hatte seit Jahrhunderten
Übung darin, während sie die Technik zwar erlernt, aber
noch nie in der Praxis angewendet hatte. So gelang es ihr erst nach
einer anstrengenden Rüttelpartie, sich zusammen mit Fassin an
das Tempo des Weisen anzugleichen.
    Es wurde rasch dunkel, und die Nacht dauerte scheinbar weniger als
eine Stunde. Fassin konzentrierte sich darauf, seine Verlangsamung
möglichst gleichmäßig zu gestalten, ohne dass ihm
entgangen wäre, wie unruhig der Colonel in ihrer Sitzgrube hin
und her

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