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Der Algebraist

Der Algebraist

Titel: Der Algebraist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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Geschwindigkeitsbegrenzung zu leben, und die
›Langsamen‹ leiden unter dem hektischen Tempo der
Veränderungen, die in einer Art von überzogener Entropie
münden.«
    Fassin war langsam näher an Hatherence herangeschwebt. Nun
kam er zwei Meter vor ihr zum Stehen und kippte ab, um deutlich zu
machen, dass er sie ansah. Die leuchtenden Bio streifen auf den
Regalborden zeichneten weiche limonenfarbene Linien auf das
Gasschiffchen. »Wie fühlen Sie sich da drin,
Colonel?«, fragte er. »Ich weiß, es ist hier sehr
heiß und drückend.« – Colonel, glauben Sie,
wir verschwenden unsere Zeit?
    »Mir geht es gut. Und Ihnen?« – Schwer zu sagen.
Es gibt hier noch so vieles, was man sich ansehen sollte.
    »Ebenfalls. Fühle mich sehr ausgeruht.« – Genau das meine ich. Möglicherweise will man uns verleiten,
hier mit der Suche nach etwas, das bereits entfernt wurde, unsere
Zeit zu vergeuden.
    »Meines Wissens eine Nachwirkung der verlangsamten
Zeit.« – Das ist nicht von der Hand zu weisen. Ich
hatte, Sie verstehen, anhand der Spuren im Staub und so weiter den
Eindruck gewonnen, viele der Regale seien erst vor kurzem
gefüllt oder neu gefüllt worden. Und viele der Werke haben
nichts mit Valseirs Forschungen zu tun, soweit ich das verstehe. Kam
mir sehr merkwürdig vor. Wenn das alles natürlich eine Art
Langsamkeitsfalle für Sie und mich sein soll, ergibt es
allmählich einen Sinn. Aber was können wir sonst tun? Wo
können wir noch hingehen?
    »Ich muss noch einmal mit dem Weisen sprechen«, sagte
Fassin. »Ich habe so viele Fragen an ihn.« – Tatsächlich werde ich alles tun, um nicht noch einmal mit dem
alten Langweiler reden zu müssen. Wir müssen Kontakt zu
allen anerkannten Forschem aufnehmen, die Werke von hier mitgenommen
haben, und nachfragen, ob einer von ihnen die Kataloge oder sonst
etwas hat, was für uns von Bedeutung sein könnte. Es gibt
hier zwei Dutzend Einzelbibliotheken; selbst wenn sie nur zur
Hälfte gefüllt sind, könnten wir jahrzehntelang
suchen.
    »Er ist eine überaus interessante und kluge
Persönlichkeit.« – Mehrere zehn Millionen Werke,
und wenn die meisten ungeordnet sind, gibt es keine Ordnung. Ich
werde ein Signal an die Poaflias schicken, sie soll eine
Nachricht an die einschlägigen Forscher absetzen. Wer
könnte ein Interesse daran haben, uns solche Steine in den Weg
zu legen?
    »Das muss man wirklich sagen.« – Ich habe keine
Ahnung.
    »Ich werde mich wohl noch eine Weile mit den Regalen
beschäftigen. Machen Sie mit?« – Was meinen
Sie?
    »Warum nicht?«
    Sie schwebten zu zwei verschiedenen, aber nicht weit voneinander
entfernten Säulen, jeder schnappte sich ein Holokristallbuch von
dem rutschfesten Bord und vertiefte sich darin.
     
    »Sein Arbeitszimmer?«, fragte Nuern. Sein Flossensaum
zuckte, ein Zeichen, das er Livilido einen Blick zuwarf. Sie waren
bei Tisch. Die beiden Diener hatten Fassin und Hatherence zu einem
halb offiziellen Essen im Speisezimmer des Hauses eingeladen, einem
düsteren Raum von der Form eines Rieseneis, in dem jeder Laut
widerhallte. Vom Boden bis zur Decke spannten sich mächtige
Carbonfasertrossen. Jede Trosse war zu immer dünneren Stricken,
Fasern, Fäden und Filamenten aufgedröselt, die wieder
penibel zu vielen dünnen Seilen verknotet waren, so dass man
sich vorkam wie in einem riesigen fransigen Netz.
    Jundriance war immer noch stark zeitverlangsamt und nahm an dem
Essen nicht teil. Man hatte spezielle Speisen zubereitet, die auch
für den Colonel geeignet waren. Sie saugte sie über eine
Art Gasschleuse an der Seite ihres Schutzanzugs ein. Fassin war nur
als Zuschauer gekommen, sein Pfeilschiff versorgte ihn mit allem, was
er brauchte.
    »Ja«, sagte er. »Wo könnte es wohl
sein?«
    »Ich dachte, Bibliothek Eins sei sein Arbeitszimmer
gewesen«, sagte Nuern, nahm sich eine zweite Portion einer
leuchtenden mattblauen Masse vom Karussell in der Mitte und drehte
die Platte langsam zu seinen beiden Tischgenossen weiter.
    »Das dachte ich auch«, sagte Livilido und sah Fassin an.
»Gab es tatsächlich noch ein anderes? Vielleicht ist ein
Stück des Gebäudes abgefallen?«
    Fassin hatte sich in allen Bibliothekssphären umgesehen.
Bibliothek Eins war zwar Valseirs offizielles Arbeitszimmer gewesen,
wo er andere Gelehrte und sonstige Besucher empfangen hatte, aber
nicht sein wirkliches Arbeitszimmer, seine Bude, sein privater
Rückzugsraum, zu dem nur sehr wenige Auserwählte Zutritt
gehabt hatten. Fassin hatte es als große Ehre

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