Der Algebraist
war von jeder
Instanz der Ulubis-Merkatoria aufs Heftigste verurteilt worden.
Dahinter stand nicht nur moralische Entrüstung sondern die
Genugtuung darüber, endlich auf etwas einschlagen zu
können. Persönlichkeiten, die sich bis dahin als Sals
Freunde bezeichnet und regelmäßig in seinen vielen
Häusern seine Gastfreundschaft genossen hatten, waren tief
gekränkt gewesen und hatten sich im Hinblick auf die
öffentliche Meinung – ganz zu schweigen von ihrer
gesellschaftlichen Stellung und ihren Karriereaussichten –
verpflichtet gefühlt, seine verabscheuungswürdige
Niedertracht mit ständig wachsender Empörung zu
brandmarken. Aus den Schmähungen, mit denen man Sals Haupt in
seiner Abwesenheit überhäuft hatte, hätte sich ein
ganzes Wörterbuch der Gehässigkeit, ein Lexikon der
Feindseligkeit zusammenstellen lassen. Zuletzt hielt man ihn vor
allem zu seiner eigenen Sicherheit weiter in Haft.
Als sich mit dem Abzug der Hungerleider und dem Eintreffen der
Generalflotte im gesamten Ulubis-System Erleichterung und Euphorie
breit machten, ließ sich die schockierende Nachricht von Sals
Unschuld in der Öffentlichkeit sehr viel besser verkaufen, und
man konnte bekannt geben, dass er zu gegebener Zeit freigelassen
würde. Die hasserfüllten Vorwürfe wurden weitgehend
zurückgenommen, dennoch hielt man es auch weiterhin für das
Beste für alle Beteiligten, Sal nicht schlagartig, sondern
allmählich zu rehabilitieren und wieder ins öffentliche
Leben einzuschleusen.
Taince hatte sich freiwillig dafür gemeldet – ja sogar
massiv ihren Einfluss geltend gemacht – Sal vom Arrestschiff
abzuholen und zum Stammsitz der Kehar-Familie auf ’glantine zu
fliegen.
Ein Major der Sicherheitskräfte verlangte vor der
Übergabe ihre Unterschrift.
Sal betrachtete ihren Namen auf dem Block. »Mit diesem
Autogramm schenken Sie mir die Freiheit, Vizeadmiral«, sagte er.
Er trug seine eigene Kleidung. Ein schlanker, unbekümmerter,
vitaler Mann.
»Gern geschehen«, antwortete sie und sah den Offizier
an. »War das alles, Major?«
»Ja, Madame.« Er wandte sich an Saluus. »Sie
können gehen, Mr. Kehar.«
Saluus schüttelte ihm die Hand. »Med, ich danke Ihnen
für alles.«
»Es war mir ein Vergnügen.«
»Keine Kleidung oder andere Sachen?«, fragte Taince mit
einem Blick auf seine leeren Hände.
Sal schüttelte den Kopf. »Ich bin mit nichts gekommen
und nehme auch nichts mit. Ein Reisender ohne Gepäck.« Er
ließ ein Lächeln aufblitzen.
Sie nickte ihm zu. »Nicht schlecht in unserem
Alter.«
Sie gingen zu dem kleinen Kutter, der auf dem leicht
gewölbten Hangarboden stand. »Ich bin dir sehr dankbar,
Taince«, sagte er. »Ganz ehrlich. Du warst nicht
verpflichtet, mich hier rauszuholen.« Sie lächelte. Sein
Blick huschte über ihre Rangabzeichen. »Ich darf doch noch
Taince zu dir sagen? Ich meine, wenn du willst, kann ich dich auch
mit Vizeadmiral…«
»Taince ist okay, Sal. Bitte nach dir.« Sie dirigierte
ihn in das Doppelcockpit des kleinen Kutters und wies ihm den Sitz
vor und etwas unter dem Pilotensessel an. Dann nahm sie selbst Platz,
schnallte sich einen leichten Flugkragen um und aktivierte die
Systeme des kleinen Schiffes. Die Flugkontrolle der Anlage gab ihnen
Starterlaubnis.
»Was bist du denn jetzt? Verbindungsoffizier für das
ganze System?«, fragte Sal über die Schulter hinweg, als
die Maschine durch eine Tür in eine geräumige Luftschleuse
rollte.
»Richtig, aber ich habe fast nur protokollarische
Aufgaben«, antwortete sie. Die Schleusentür schloss sich
hinter ihnen, die Lichter wurden schwächer. »Empfänge,
Festmähler, Rundreisen, Ansprachen, du kennst das ja.«
»Das klingt nicht gerade begeistert.«
»Irgendjemand muss es wohl machen. Geschieht mir recht, warum
stamme ich auch von Ulubis.« Pumpen sprangen an, Luft
strömte zischend in die Kabine, ein tiefes Summen drang durch
die Wände des Kutters. Nach einer Weile war nur noch ein Summen
zu hören. »Kampfhandlungen stehen ohnehin nicht an. Nur
Aufräumungsarbeiten. Ich versäume nicht viel.«
»Gibt es Neuigkeiten von Fassin?«, fragte Sal. »Als
ich das letzte Mal von ihm hörte, hieß es, er sei
vielleicht doch wieder am Leben. Du weißt schon, wie ich das
meine.«
Die äußere Schleusentür öffnete sich lautlos.
Die Sterne und ’glantines große silbrig-braune Scheibe
lagen vor ihnen.
»Bitte gedulde dich noch ein oder zwei Minuten«, bat ihn
Taince. »Ich bin schon eine Weile nicht mehr
geflogen…«
»Lass dir
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