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Der Algebraist

Der Algebraist

Titel: Der Algebraist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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ruhig Zeit.«
    Der Kutter schob sich aus der Schleuse, fuhr sein Fahrgestell ein,
setzte sich langsam in Bewegung und steuerte mit leichten
Gasstößen auf die Atmosphäre zu.
    »Ach ja, Fassin«, sagte Taince. »Er wird immer noch
gesucht.«
    »Ich hörte, er sei in Nasqueron verschwunden und dann
wieder aufgetaucht.«
    »Es gibt viele Gerüchte. Das ist immer so. Wenn man
ihnen glauben wollte, wäre er im letzten halben Jahr in ganz
Nasqueron herumgekommen, niemals fort gewesen, hätte sich seit
einigen Monaten in der Oort’schen Wolke aufgehalten und
wäre eben erst zurückgekehrt. Und das sind noch nicht die
abwegigsten Geschichten. Außerdem wurde er mindestens dreimal
amtlich für tot erklärt. Wie immer die Wahrheit aussehen
mag, bisher ist er nicht aufgetaucht, um sie uns selbst zu
erzählen.« Taince drehte den Kutter und richtete ihn
für den Eintritt in die Atmosphäre aus.
    »Glaubst du, dass er tot ist?«, fragte Sal.
    »Sagen wir, wenn er noch lebt, ist es merkwürdig, dass
er sich noch nicht gemeldet hat.«
    Wenig später trafen sie auf die Atmosphäre und wurden
gegen die Gurte gepresst. Ein kirschroter Schein hüllte das
Kanzeldach ein und verblasste wieder, das Schiffchen durchstieß
pfeifend mehrere dünne Wolkenschichten, dann rasten sie
über Wüstenflächen, flache Meere, Hügel und
Felsen, Seen und niedrige Gebirge hin.
    »Nimmst du die Panoramastraße, Taince?«
    Sie lachte. »Wahrscheinlich bin ich im Grunde meines Herzens
hoffnungslos sentimental, Sal.«
    »Schön, die alte Heimat wiederzusehen«, sagte Sal.
Sie beobachtete ihn. Er beugte sich zur Seite und schaute nach unten.
»Ist das Pirri?«
    Sie warf einen Blick auf den Navigator. »Ja, das ist
Pirrintipiti.«
    »Sieht genauso aus wie immer. Ich hätte gedacht, es
wäre etwas größer geworden.«
    »Lange nicht mehr zu Hause gewesen, Sal?«
    »Zu lange, viel zu lange. Man nimmt es sich immer wieder vor,
aber du weißt ja, wie es ist. Sicher zehn oder zwölf
Jahre. Vielleicht noch mehr. Eine ganze Ewigkeit.«
    Sie schwebten hoch über der dünnen Eiskappe auf dem
Polarplateau und flogen, ständig sinkend, in die Dunkelheit
hinein. Jetzt waren die Sterne wieder zu sehen.
    Sal hob den Kopf, sah sich um. »Man vergisst ganz, wie
schön es hier ist, nicht wahr?«, fragte er.
    »Manchmal«, erwiderte Taince und nickte. »Das ist
schnell passiert.«
    Das Leuchten am Himmel wurde schwächer. Das Kanzeldach
verstärkte das einfallende Restlicht, bis sie im Sternenschein
das Nördliche Ödland mit seinen weiten Buntsandflächen
erkennen konnten und die Felsen wie silbrige Gespenster immer
näher kamen.
    »Ach ja«, seufzte Sal.
    Taince berührte einige Symbole auf dem Display die Schirme
leuchteten schwächer.
    »Ich dachte, wir fliegen eine Runde«, sagte sie.
»Du hast hoffentlich nichts dagegen.«
    »Zur Erinnerung.« Das klang nachdenklich, sogar
resigniert. »Warum nicht?«
    Wieder sah Taince auf den Navigator, richtete das Schiff neu aus
und nahm die Geschwindigkeit ein wenig zurück. Auf einem der
Displays blinkte ein Warnlicht. Sie schaltete es ab.
    »Ich war seit jener Nacht jedenfalls nicht mehr hier«,
sagte Sal. Taince fand, dass seine Stimme jetzt traurig klang.
Vielleicht bereute er, was geschehen war. Vielleicht auch nicht.
    Etwas weiter rechts tauchte das Schiffswrack vor ihnen auf. Taince
flog eine flache Kurve nach Steuerbord und richtete den Kutter wieder
gerade.
    Sal schaute seitlich auf die Wüste hinab, die siebzig Meter
unter ihnen vorbeiraste. »Mann«, sagte er. »Der ist ja
noch schneller als der Flieger, den ich mir damals von Dad geliehen
hatte.«
    »Es ist eins von deinen eigenen Schiffen, Sal«, sagte
sie.
    »Dieses kleine Ding?«, fragte er lachend. »Ich
wusste gar nicht, dass wir solche Winzlinge bauen.«
    »Es ist schon alt.«
    »Aha. Noch aus Dads Zeit. Mit den großen Kähnen
verdient man mehr.«
    Sie rasten an dem schwarzen Koloss vorüber. Die frei
liegenden Rippen ragten drohend in den Himmel.
    »Huhu!«, rief Sal, als die schwarze Wand zwanzig Meter
vor ihnen vorbeiglitt.
    Taince zog die Maschine hoch, flog einen Looping, stellte sie
wieder gerade und ging noch näher an das Wrack des Alien-Schiffs
heran.
    »Hoho!«, rief Sal, als er sah, wie nahe sie der
schwarzen Wand diesmal kamen. Taince flog einen vertikalen Kreis, bis
sie kopfstanden. »Scheiiiße! Mann! Taince!
Ja-ha!«
    Sie war bis zum Schluss nicht sicher gewesen, ob sie es wirklich
tun würde. Sie wusste schließlich nicht mit letzter
Gewissheit,

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