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Der Algebraist

Der Algebraist

Titel: Der Algebraist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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verstreut. Erschwerend komme hinzu, dass sie oft auf
einer stark verlängerten Zeitskala agierten. Wichtig sei vor
allem, dass ’glantine und das Ulubis-System im Ganzen
geschützt seien. Die systemeigenen Geschwader könnten es
mit jeder gewöhnlichen Beyonder-Gruppierung aufnehmen, und sie
hätten, nur ein paar Portalsprünge entfernt, die
Generalflotte im Rücken, die jedem Angreifer haushoch
überlegen sei.
    Als Fassin immer noch nicht aufhörte, über die
Störattacken der Beyonder zu jammern, hatte Taince das
Gespräch auf die Marotten, Neigungen und Schwächen ihrer
Klassenkameraden gelenkt, und so waren sie auf Saluus gekommen.
    »Nun ja«, sagte Taince, »er hat gelegentlich
erwähnt, dass er die Harte Schule besucht hat, aber von sich aus
nie mehr dazu gesagt, und ich werde ihn keinem Verhör
unterziehen.«
    »Aha«, sagte Fassin. Waren Saluus und Taince vielleicht
doch kein Liebespaar? Die Schulzeit, die Kindheit… waren das
nicht die Themen, über die man sich im Bett unterhielt? Er
streifte Taince mit verstohlenem Blick. ›Liebespaar‹ war
ohnehin nicht das richtige Wort, nicht für Sal und Tain, immer
vorausgesetzt, sie hatten tatsächlich ein Verhältnis. Die
beiden waren anders als alle anderen in ihrem Jahrgang, sie standen
immer etwas abseits der herrschenden Szene, die bestimmt war von
Verabredungen, junger Liebe und ersten sexuellen Abenteuern, so als
hätten sie das bereits alles hinter sich oder wären auf
Grund ihrer Veranlagung oder durch schiere Willensstärke dagegen
immun.
    Taince wirkte einschüchternd auf die meisten gleichaltrigen
und viele wesentlich ältere Jungen, aber das kümmerte sie
nicht. Fassin hatte selbst erlebt, wie sie zwei sehr nette,
anständige Bewerber mit einer Schroffheit abwies, die verletzend
war, um sich dann – ganz offensichtlich nur für eine oder
höchstens ein paar Nächte mit kräftigen, aber
langweiligen Burschen einzulassen. Auch wusste er von mindestens drei
Mädchen in ihrem Jahrgang, die hoffnungslos in sie verliebt
gewesen waren, aber auch das hatte sie nicht interessiert.
    Saluus war von vornherein in einer noch stärkeren Position
gewesen; er sah nicht nur gut aus – das war keine Kunst –
sondern ging damit ganz lässig um und war obendrein
selbstsicher, charmant und witzig. Und er hatte auch noch Geld! Als
Erbe eines großen Vermögens erwartete ihn eine andere
Welt, in der die Abstufungen noch feiner waren als in der
verwirrenden Monumentalhierarchie, in der sie alle seit ihrer Geburt
lebten, eine Welt mit einer anderen Belohnungsstruktur, die zugleich
jünger und älter war als das Kolossalgebäude der
Merkatoria, auch wenn sie letztlich vollständig darin aufging.
Fassin hatte sich wie die anderen Jungen in seinem Jahrgang –
ja, wie die meisten im ganzen College – längst damit
abgefunden, dass man niemals erste Wahl war, solange sich Sal in
einer Gruppe befand.
    Und doch nützten weder Taince noch Sal – besonders Sal
– ihre Stärken über Gebühr aus. Höchstens,
wenn sie unter sich waren.
    Fassin kamen sie vor wie frühreife Erwachsene mit eigenen
Zielen, die sie unbeirrt und entschlossen verfolgten. Sex war nur
eine juckende Stelle, die man kratzte, ein quälender
unterschwelliger Hunger, den man gelegentlich möglichst schnell
und rationell, mit einem Minimum an störendem Beiwerk stillte,
um sich rasch wieder den wirklich wichtigen Dingen im Leben widmen zu
können.
    Zwei komische Käuze.
    »Warum?«, fragte Taince. »Warst du auch in der
Harten Schule, Fass?«
    »Ich?«, rief Fassin erstaunt. »Nein,
verdammt!«
    »Schon gut«, sagte Taince. Sie hatte ein Bein
ausgestreckt, das andere angewinkelt, und eine Hand auf das Knie
gelegt. »Und«, sie wedelte mit der Hand hin und her.
»Ist sie wirklich so hart?«
    »Man macht Jagd auf die Schüler!«,
erklärte Fassin.
    Taince zuckte die Achseln. »Davon habe ich gehört.
Immerhin frisst man sie nicht auf.«
    »Ha! Manche kommen trotzdem um. Ich finde das nicht komisch.
Es sind doch noch Kinder. Sie stürzen von Klippen oder von
Bäumen, sie verschwinden in Felsspalten, und einige werden so
unter Druck gesetzt, dass sie Selbstmord begehen. Andere verirren
sich in der Wildnis und werden von echten Raubtieren gejagt,
getötet und verspeist.«
    »Hm. Die Abbrecherquote ist also ziemlich hoch.«
    »Taince, lässt dich das alles denn völlig
kalt?«
    Taince grinste. »Du willst wissen, ob solche Geschichten
meine mütterlichen Instinkte wecken, Fass?« Er antwortete
nicht. Sie

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